Mount Maroon
erwartet. Na ja, wenn ich ehrlich bin, hatte ich Sie gar nicht erwartet“, sagte Myers und brachte ein unsicheres Lachen zustande.
- „Myers, verdammt, ist alles in Ordnung? Was soll das hier überhaupt?“
Dr. Myers stand auf und entschuldigte sich bei den beiden anderen.
- „Gehen wir in mein Büro.“
Sie gingen schweigend über den Vorplatz. Argwöhnisch schaute der Namensgeber des Campus, George Mason, zu ihnen herüber. Im Gegensatz zu Washington DC, wo man ihn gemütlich auf einer Bank sitzend verewigt hatte, musste er hier stehen. Der Anblick des Bronzemannes, veranlasste Myers zu sprechen.
- „Mr. Mason hat mir etwas für Sie gegeben.“ Bartlett schaute ihn verdutzt an.
- „Oh, nicht der alte George …“
- „Das ist mir klar, Mann. Sie meinen Alan?“
- „Nein, er hieß Albert, ja, Albert Mason.“
- „Alan Masons Großvater?“, Bartlett wusste, dass der Mann schon lange tot war.
- „Es tut mir leid, mein Freund, aber ich kenne keinen Alan Mason.“
John Bartlett konnte es nicht fassen. Der Mann neben ihm, den er immer bewundert hatte, war nur noch ein Schatten seiner selbst, ein Abziehbildchen. Raymond Myers, wie er ihn kannte, war ein Mann, der die Dinge anpackte, ein Macher, der alle Probleme mit Verstand und Lässigkeit zu lösen wusste. Aber der Typ neben ihm war ein kleinkarierter Theoriefuzzi, der die ganze Sache anscheinend nicht mehr peilte. Was war nur passiert? Schwer zu glauben, dass das wirklich Raymond Myers war, aber irgendetwas wusste er und er hatte ihn erwartet.
- „Erzählen Sie mir die ganze Geschichte, von Anfang an, okay?“, Bartlett war längst Herr im Ring.
- „Gut, aber eigentlich gibt es da nicht viel zu erzählen. Es war vor fast 25 Jahren, 1985. Da kam ein alter Mann zu mir, eben dieser Albert Mason. Ich war damals noch in Harvard. Er sagte, dass im Spätsommer 2009 ein Mann Namens Bartlett bei mir auftauchen würde. Dann überreichte er mir einen Umschlag, den ich Ihnen geben sollte.“
- „Wo ist der Umschlag?“
- „In meinem Büro. Da lang.“
Sie gingen zu einem etwas abgelegenen mehrgeschossigen Gebäude aus hellem Waschbeton. Myers Büro befand sich am Ende eines Gangs im dritten Stock. Hier war es auffallend still. Das Zimmer war dunkel. Es lag auf der Nordseite des Korridors. Das Mobiliar war schlicht und zweckmäßig. An den Längsseiten waren über die gesamte Breite Regale angebracht, die neben Büchern und unzähligen Zeitschriften viele Stapel loser Blätter beherbergten. Am Fenster stand ein großer Schreibtisch. Offenbar saß Myers, wenn er arbeitete, mit dem Rücken zur Tür, was auf wenige Besucher hindeutete. Man hätte auch sagen können, er saß mit dem Rücken zum Weltgeschehen, hatte sich abgewandt von den Entwicklungen, die nun ohne ihn abliefen. Auf John Bartlett wirkte das Zimmer wie eine Gruft.
Raymond Myers kramte einen Schlüssel hervor und öffnete eine Schublade seines Schreibtisches. Das Kuvert war ausgeblichen, doch der Name, der einstmals darauf geschrieben worden war, war noch deutlich zu erkennen: John Bartlett.
- „Der Umschlag ist offen.“
- „Ja, es tut mir leid. Ich habe einen Blick hineingeworfen. Aber ich habe nichts herausgenommen und aus dem Brief bin ich auch nicht schlau geworden.“
Es befand sich ein Schlüssel darin, der wie John Bartlett gleich erkannte, zu einem Schließfach gehören musste.
- „Der Brief enthält Hinweise darauf, wo wir das Schloss dazu finden.“
- „Wieso wir?“, fragte Bartlett, der sich endgültig entschieden hatte, den Mann nicht zu mögen. „Aber verraten Sie mir doch eines: Sie haben den Brief vor vielen Jahren geöffnet. Wieso haben Sie es in all den Jahren nicht geschafft, das Rätsel zu lösen? Noch dazu als … Wissenschaftler.“
- „Weil es nicht möglich war. Mr. Mason war sehr schlau. Sehen Sie selbst.“
Endlich entfaltete Bartlett den Brief. Eigentlich hatte er eine Erklärung für all das hier erwartet oder zumindest eine Art Einführung, aber er fand nichts dergleichen.
In der ersten Zeile stand „Superbowl 2009“, darunter befand sich eine senkrechte Reihe, die aus sechs Zahlen und einigen Vokalen bestand. Hinter der letzten Zahl stand ein eingeklammertes, großes C. Den Abschluss bildete eine Paarung der MLB: Baltimore Orioles – Chicago White Sox.
- „Sie sehen, die Auflösung ergab sich erst in diesem Jahr. Ich habe auch schon das Ergebnis eingetragen.“
Myers holte eine Kopie des Briefes hervor. Über die erste Zeile hatte er
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