Mount Maroon
kein Labor gab. So war Forma mit 18 nach New York gegangen und hatte sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten. Soweit Mason wusste, hatte sich daran nichts geändert. Jetzt schrieb man das Jahr 1973, Forma war 26 und hatte offensichtlich andere Pläne, als ein Zeitreisender zu werden. Und es war ja auch nicht er selbst, sondern ein anderer, ein zweites Ich. Es war verzwickt. Mason hatte nächtelang darüber nachgegrübelt, wie das alles zusammenpassen konnte. Irgendwie war es nicht aufzulösen. Man musste sich zwingen, nur den Fakten zu trauen und genau wie die Geburt von Peter, war die Karte von Townsend Inc. ein solches Faktum.
Alan Mason gab sich als Freund der Familie aus Bryson City aus. Er war sich nicht sicher, ob dieser geschäftige Jungunternehmer sich für einen älteren Herrn wie ihn Zeit nehmen würde, aber Forma begrüßte ihn herzlich.
- „Ja, es ist ein bisschen laut hier. Wir haben einen Großauftrag an Land ziehen können. Es läuft ganz gut.“
Sie gingen in ein kleines Bistro in der Nähe, wo sie sich in aller Ruhe unterhalten konnten. Forma erzählte von seiner Zeit in New York. Er hatte an den großen amerikanischen Tellerwäschertraum geglaubt, wie auch schon sein Vater, aber für ihn stand immer fest, dass sich dieser nicht in Bryson City realisieren würde. Er musste raus, musste in die Großstadt. Dort hatte er als Wäschereifahrer, Kellner, Schauspieler und Croupier gearbeitet. Aber nichts deutete auf den großen Reichtum hin, der ihm vorschwebte.
- „Dann hat ein Freund von mir eine Druckerei hier in Pittsburgh geerbt, allerdings einen ziemlich heruntergewirtschafteten Laden mit veralterten Maschinen. Zuerst hatte er versucht, alles zu verkaufen, aber keiner wollte das Zeug haben. Ich habe es mir daraufhin mal angesehen und als ich durch die Tür zur Lagerhalle trat und das Licht anknipste, war es um mich geschehen. Es war, als stünde man im Rampenlicht. Ich sah mich als Großverleger, mächtig und einflussreich. Na ja, das dauert wohl noch etwas. Aber wir haben mit den Karten eine Nische gefunden, in der großes Potential steckt. Es war goldrichtig, sich auf Freizeitkarten zu spezialisieren. In Zeiten, in denen die Menschen viel reisen, sich die Welt ansehen, ist das ein absoluter Renner. Meine Generation will nicht unbedingt irgendwohin, ich meine auf dem kürzesten Weg. Wir wollen die Gegend erkunden, etwas entdecken und genau da kommen unsere Karten ins Spiel. Es sind Wanderkarten, verstehen Sie?“
Mason verstand ihn besser als er dachte. Die Freizeitgesellschaft würde kommen, ohne jeden Zweifel. Gerne hätte er ihm den Erfolg vorhergesagt, aber das verstieß gegen die Regeln. Mason dachte daran, dass Peter Saunders in ferner Zukunft eine von Forma Townsends Wanderkarten kaufen, arglos zum Wandern gehen und dann samt der Karte im Tunnel des Laboratory landen würde. Der Gedanke war vage und zerstob, als Forma weiterredete, respektvoll von der harten Arbeit sprach und überschwänglich von hochfliegenden Plänen erzählte.
Nachdem sich Mason von Forma verabschiedet hatte, zog es ihn zum Allegheny River hinunter. Das träge dahinfließende Wasser beruhigte seine Nerven. Er war wirklich nicht mehr der Jüngste, fast 70. Mein Gott, wo war die Zeit nur geblieben? Vor 26 Jahren hatte er sich in die Kapsel gesetzt. Oder musste man sagen, dass er sich erst in 36 Jahren hineinsetzen würde. Nein, das war natürlich Unsinn. In 36 Jahren wäre er längst tot. Es ratterte in seinem Kopf. Das alles würde nicht mehr passieren. Er würde 2009 ebenso wenig aufbrechen wie Forma 1985, und schon gar nicht vom Mount Maroon. Es könnte immerhin möglich sein, dass Forma von anderswo aufbrach. Aber nein, verdammt Alan. Wenn es nicht so passiert, wie es tatsächlich passiert ist, dann kann es ebenso gut auch gar nicht passieren. Mason ging den Fluss entlang. Schon vor ein paar Jahren hatte er diese seltsamen Gedanken, zur Zeit seiner Geburt 1966, die selbstverständlich nicht stattfand, weil schon sein Vater nicht zur Welt kam. Aber, wenn er nicht geboren wurde, wie konnte er dann 2009 in die Kapsel steigen und ins Jahr 1947 gelangen? Ein Paradoxon! Er ging weiter zu der Stelle, wo der Allegheny auf den Monongahela River traf. Hier vereinigten sie sich zum Ohio River. Mason sah in die Fluten. Es überkam ihn eine unbändige Lust, mit einem Schiff zu reisen. Man konnte sich einen Liegestuhl an die Reling stellen und sanft an den Ufern vorübergleiten. Wenn man wollte, konnte man von
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