Mount Maroon

der eigene. Alles Humbug!“, sagte Shane leicht gereizt. Er hatte seine eigene Sicht der Dinge, die er nun preisgab.
    - „Wenn in der Vergangenheit etwas stattfand, das ein Zeitreisender aus der Relativzukunft in Gang gesetzt hat, so war sein Eingriff eben ein notwendiger Bestandteil der Entwicklung. Anders gesagt: Die Zeitreise muss stattfinden, damit es zum vorgezeichneten Ablauf der Ereignisse kommt. Der Zeitreisende kann gar nicht anders handeln, als so, wie er
schon gehandelt hat
. Etwas geschieht, weil es geschah.“
    Mr. Haze sortierte die Kopien der alten Laborberichte, die vor ihm auf dem Tisch lagen.
    - „Wenn dem so ist, Mr. Shane, dann haben wir es hier schwarz auf weiß, dass Ihre Versuchsreihe C26 im Voraus zum Scheitern verurteilt ist. Ich finde in diesen Berichten nämlich nicht den geringsten Hinweis darauf, dass in der Nacht zum 16. August 1947, noch sonst irgendwann in dieser Zeit Besucher aus der Zukunft eingetroffen wären. Glauben Sie nicht, man hätte es für nötig befunden, ein solches Ereignis zu dokumentieren?“
    Betretenes Schweigen erfüllte die Runde. Selbstverständlich kannten die Wissenschaftler diesen Einwand, der Hauptbestandteil vieler Diskussionen war. War nicht gerade die fehlende Erwähnung genau dieses Ereignisses der logische Beweis dafür, dass es nicht stattgefunden hatte? Wieder war es Lorenz Veitman, der sich in der Pflicht sah, Mr. Haze mit den Gedankenexperimenten vertraut zu machen, die sie letztlich zu dem Schluss kommen ließen, die Versuchsreihe dennoch zu starten.
    - „Sehen Sie, Mr. Haze, wir können nicht sagen, welche Auswirkungen eine Zeitreise auf die Konstanz des Raum-Zeit-Kontinuums hat. Es könnte beispielsweise so sein, dass ein Zeitreisender von den Menschen am Zielort seiner Reise gar nicht wahrgenommen werden kann. Er sieht sie zwar, sie ihn aber nicht. Vermutlich könnte er so auch nicht in die geschichtlichen Abläufe eingreifen und diese verändern.“
    - „Sie meinen, die haben ihn gar nicht bemerkt?“, Haze unterdrückte ein Lachen.
    - „Es wäre immerhin denkbar. Die Sache wird womöglich klarer, wenn wir sie gedanklich umkehren. Stellen Sie sich vor, in den Laborberichten stünde etwas vom Erscheinen eines Menschen aus der Zukunft. Man könnte sicher sein, dass die Angaben dazu recht präzise wären, vorausgesetzt der Reisende wäre körperlich und geistig in der Lage gewesen, detaillierte Auskünfte zu erteilen. Dann wüsste man heute, wer er war, aus welcher Zeit er stammte und vieles mehr. Der nächste Schritte wäre dann, dass der Tachynaut, also der Zeitreisende, sich möglicherweise moralisch verpflicht fühlte, die Menschheit vor Naturkatastrophen oder Kriegen zu warnen. Er würde damit tatsächlich aktiv in die historische Entwicklung eingreifen und die Geschichte verändern.“
    Dr. Myers wandte sich direkt an Mr. Haze.
    - „Selbst wenn er sich nicht im großen Stile einmischen würde, wäre Mr. Mason in einer echten Zwickmühle. Das Jahr 2009 würde er wahrscheinlich nicht erleben, aber möglicherweise müsste er sich der Frage stellen, ob er den Unfall von Mr. Shane 1985 verhindern sollte. Damit würde er aber Ereignisse ungeschehen machen, die bereits passiert sind, was zu einer fatalen Verzerrung führt. Der Unfall fände nicht statt, aber das Raum-Zeit-Kontinuum wäre gefährdet. Mr. Mason würde das also nicht tun. Verstehen Sie, Mr. Haze? Vor diesem Hintergrund wäre es sogar denkbar, dass Mr. Mason seine eigene Ankunft vertuschen müsste. Ja, es hätte demnach eine gewisse Logik, wenn von der Ankunft des Zeitreisenden nichts in den Laborberichten steht.“
    Haze breitete die Arme aus.
    - „Kommen Sie, Myers, das glauben Sie doch selbst nicht. Wenn der Zeitreisende nichts tun darf, dann sollte er am besten gar nicht erst abreisen. Vielleicht wäre es für ihn interessant, aber was hätte die Menschheit davon, außer exorbitant hohe Kosten?“
    - „Es würde natürlich etwas passieren, allerdings etwas, das unsere Zukunft betrifft. Das Team hatte den Auftrag, uns eine Nachricht zukommen zu lassen … eine Nachricht, die wir aber erst nach der Abreise erhalten hätten, nicht vorher“, sagte Shane ruhig.
    Nun erhob noch einmal Veitman seine Stimme.
    - „Wir sollten aber schon den Anstand besitzen, Mr. Haze mit einer anderen Überlegung vertraut zu machen. Mal angenommen, die Laborberichte wären absolut korrekt. Dann wäre 1947 kein Zeitreisender eingetroffen, was bislang ja auch stimmt, da alle bisherigen Versuche