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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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Kunst, die allein ohne Materialisierung seelisches Leben künden kann. Sichtbares Geschehen, Aussprache in Worten und Mitteilung durch Musik waren also die unentbehrlichen Ausdrucksmittel dieser innerlich geschauten Kunstwerke: das Musikdrama war eine notwendige Ausdrucksform geworden.
    Bei Mozart dagegen hatte die Liebe zur Oper, die ihm von Kindheit an im Blute lag, den rein musikalischen Grund, daß die Oper, selbst wenn sie ein ganz unglückliches Textbuch hat, eine schier unbegrenzte Gelegenheit zu musikalischer Aussprache bietet. Die Verschiedenheit der Charaktere, die Mannigfaltigkeit der darin auftretenden Menschen nach Geschlecht und Alter, die zahlreichenSituationen äußerer und innerer Art, die verschiedensten Stimmungen finden sich selbst in einer ganz kindlichen und ungeschickten Dichtung zusammen. Wir stehen so oft vor dem Rätsel, daß Komponisten, die wir als Menschen von Geschmack und künstlerischem Gefühl ansehen müssen, Operndichtungen vertonen, deren Unlebendigkeit und Bühnenunmöglichkeit sich jedem Blicke offenbaren muß. Wir vergessen dabei, daß es nur ganz wenige Komponisten gegeben hat, die an eine Oper anders herantraten als aus dem Grunde, daß sie ihnen Gelegenheit bot, sich musikalisch auszusprechen. Was in den Jahrhunderten zuvor die Komposition des Messetextes gewesen war, das wurde danach die von Opern: eine Gelegenheit, musikalisch sein ganzes Gefühl zur Welt auszusprechen. Hier liegt auch der riesige Unterschied zwischen Mozart und Gluck, die man so oft zusammenbringt. Für Gluck war, wie für Wagner, die Oper selbst der Zweck seines Kunstgestaltens; er war Dramatiker, der sich der Musiksprache bediente zur Darstellung einer dramatischen Entwicklung. Mozart dagegen war die Form der Oper deshalb so lieb, weil sie dem Musiker die meisten Gelegenheiten darbietet. Auch echt dramatische Gelegenheiten des inneren und äußeren Erlebens, so daß also auch auf diesem Wege eine echte Musikdramatik zustande kommen kann. Mozart hat diese geschaffen, weil er urmusikalisch aus den Charakteren seiner Personen – nicht aus den Worten oder den Geschehnissen – die Anregung für die musikalische Formgebung schöpfte. (Vergleiche dazu nach dem Register die Ausführungen zu M. als Musikdramatiker.)
    Aber auch die äußeren Verhältnisse unseres Musiklebens haben sich so gewandelt, daß für den Ausdruck: ein Komponist habe nach Opernaufträgen gesucht, das richtige Verständnis leicht fehlt. Wir sind es heute gewohnt, daß auch der Opernkomponist frei aus sich heraus schafft, den Antrieb zur Wahl des Stoffes, zum Schaffen überhaupt aus sich heraus gewinnt und nicht auf eine äußere Gelegenheit wartet. Das entspricht zweifellos dem Ideal. Um so weiter entfernt sind von diesem Ideal die tatsächlichen Verhältnisse auch heute. Denn auch heute noch ist die Oper in viel höherem Grade höfische oder doch gesellschaftliche Veranstaltung als sogar dasSchauspiel, von allen andern Kunstformen zu schweigen. Die Aufführungsgelegenheiten für die Oper sind nicht nur dadurch weit beschränkter, weil es viel weniger Opernbühnen gibt als andere Theater, sondern auch, weil die materiellen und geistigen Vorbereitungen unendlich schwieriger sind. Noch viel verhängnisvoller aber ist die rein künstlerische Tatsache, daß es dem einzelnen Künstler fast unmöglich ist, eine Oper anders bekannt zu machen als durch die Aufführung auf der Bühne. Dem Dichter bleibt das Buch. Selbst wenn er sein Drama auf eigene Kosten veröffentlichen müßte, wäre das pekuniäre Opfer nicht sehr groß. Aber davon abgesehen: sein Buch ist da, und jeder, der lesen kann, kann wenigstens das Dichterische des Werkes aus dem Buche sich gewinnen. Ganz anders liegt es mit der Oper. Der Künstler schafft seine Oper natürlich mit Orchester. Er kann also selbst in der bei der Musik doppelt unvollkommenen Form der bloßen Augenvermittlung sein Werk nur dann einigermaßen authentisch herausbringen, wenn er die Partitur veröffentlicht. Ganz abgesehen davon, daß der Stich einer solchen Partitur eine beträchtliche Summe kostet, vermögen auch nur wenige sie zu lesen. 99 Prozent aller Musikliebhaber z. B. sind dazu nicht imstande; sie müßten also zu dem Surrogat eines Klavierauszuges greifen, und auch hier lehrt die Erfahrung, daß Klavierauszüge von Opern, die nicht zuvor durch die Aufführung bekannt geworden sind, überhaupt nicht bekannt, geschweige denn gekauft werden. Es ist kein anderer Künstler so von der Mitwirkung der

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