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Mozarts letzte Arie

Mozarts letzte Arie

Titel: Mozarts letzte Arie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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Konflikte gegeben, während ich eine Gavotte oder ein Menuett klimperte.
    «Wolfgangs Musik hat mich in dem Glauben bestärkt, dass diese Schlacht bald vorbei sein würde», sagte der Baron. «Seine Kunst nahm diese neuen Ideen in sich auf und gab mir das Gefühl, dass sie nicht mehr aufzuhalten sind. Selbst Graf Pergen wippte mit dem Fuß zu einer von Wolfgangs Quadrillen. Die Kompositionen Ihres Bruders waren auf eine Art und Weise unwiderstehlich, wie es meinen Argumenten im kaiserlichen Rat niemals möglich gewesen wäre.»
    «Ich bin sicher, dass es nur Ihrer Trauer um Wolfgang geschuldet ist, dass Sie die Dinge so düster sehen.» Ich hörte die Hohlheit meiner Worte, und der Baron hörte sie auch.
    «Ohne ihn stehen meine Fehler erst recht im Rampenlicht», sagte er. «Vielleicht liegt es daran, dass mir Wolfgangs Inspiration so sehr fehlt, dass ich mich in verzweifelten Spekulationen darüber verliere, wie er zu Tode kam. Ich bitte Sie, ihnen keine Beachtung zu schenken.»
    «In lediglich drei Tagen in Wien habe ich einige merkwürdige Dinge über Wolfgangs Tod erfahren. Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll, doch sind es nicht nur vage Spekulationen.»
    Ich zog das Papier aus meiner Tasche und faltete es auseinander. Ich sah, dass Swieten die Handschrift meines Bruderssogar über den Tisch hinweg erkannte. Seine Gesichtszüge waren schlagartig höchst wachsam. Er legte Messer und Gabel ab und griff nach dem Blatt. Ich gab es ihm.
    «Was war Wolfgangs
Grotte?»,
fragte ich.
    Der Baron gab dem Diener einen Wink, den Teller abzuräumen. «Grotte?»
    «Zum Zeitpunkt seines Todes trug er sich anscheinend mit der Idee zu einer neuen Freimaurerloge.»
    Swieten las sich die beiden Absätze von Wolfgangs Notiz durch.
    Der Diener trat näher und wartete darauf, dass der Baron seine andere Hand vom Tellerrand löste. Als er sah, dass sein Herr beschäftigt war, trat er zurück.
    «Eine neue Loge?», sagte der Baron. «Woher haben Sie …?»
    «Constanze hat es zwischen seinen Papieren gefunden.»
    Er schob seinen Teller weg. Als würde er ein Kind ermahnen, flüsterte er Wolfgangs Namen.
    «Herr Stadler scheint zu glauben, dass mein Bruder deswegen in Gefahr geraten ist», sagte ich.
    «Bei so vielen Adligen unter den Freimaurern würde man meinen, dass Wolfgang darin einen freundlichen Debattierklub gesehen hätte. Lediglich eine Möglichkeit, einflussreiche Gönner kennenzulernen, wissen Sie», sagte Swieten. «Und das war auch in der Tat so – für eine Weile. Bis unser Kaiser die Auffassung vertrat, die Freimaurer würden radikale Ideen verbreiten, und sie mit Restriktionen überzog.»
    «Also fürchten sich die Leute heute davor, als Freimaurer zu gelten?»
    «Sie fürchten sich sogar sehr. Die meisten Freimaurer sind einfach aus ihren Logen ausgetreten. Sie wollen keine Konfrontation mit dem Kaiser riskieren.»
    Ich hielt den Atem an. Ich kannte das widerspenstige Temperament meines Bruders. «Aber Wolfgang nicht.»
    Der Baron starrte das Papier an, das ich ihm gegeben hatte. «Wolfgang wurde zu einem der berühmtesten Männer in den verbliebenen Wiener Logen. Er hat Musik für ihre Treffen komponiert.»
    «Und er ließ es zu, dass seine Teilnahme weithin publik wurde?»
    «Er hat es nicht zu verbergen versucht.»
    «Stand sein Leben auf dem Spiel?»
    Swieten beobachtete das Sonnenlicht, das grün durch sein Weinglas schimmerte. «Sie haben
Die Zauberflöte
noch nicht gesehen?»
    «Bei allem Respekt, Baron, ist das die Antwort auf meine Frage? Hat
Die Zauberflöte
Wolfgang gefährdet?»
    «Es wäre mir ein Vergnügen, Sie in eine Vorstellung zu begleiten.»
    «Ich habe gehört, dass die Oper voller Symbole ist, die die Freimaurer bei ihren geheimen Ritualen benutzen.»
    «So ist es.»
    «Könnte Wolfgang von Freimaurern bedroht worden sein, weil sie wütend auf ihn waren, dass er ihre Geheimnisse aufgedeckt hat?»
    Swieten neigte den Kopf.
    «Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir sicher, Wolfgang wollte dem Kaiser lediglich demonstrieren, dass Freimaurerei darauf abzielt, eine Bruderschaft aller Menschen zu schaffen. Dass sie keine Bedrohung seiner Macht als Herrscher ist.»
    Die Naivität des Projekts war typisch für meinen Bruder. «Sie glauben, dass ein anderer Freimaurer Wolfgang ermordet hat, nicht wahr?»
    «Die Freimaurer leben in einem Zustand gegenseitiger Verdächtigung», sagte er. «Sie sind von Pergens Agenten infiltriert. Sie fürchten sich so sehr davor, wegen Landesverratdem Kaiser

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