Mr. Benson
…«
»So ist es bei fast allen gewesen«, fügte mein Zellennachbar ein.
»Und wenn du dich auf dieses große lange Rohr hockst und drauflos reitest – ich meine, gerade, wenn du weißt, dass er jeden Moment abspritzt und dir alles in die Gedärme schießen wird, wenn du dir g’rad auch selbst einen runterholst und kurz vorm Abspritzen bist – genau da kommt aus heiterem Himmel jemand her und schlägt dich k.o.«
»Jemand, der sich vorne im Lieferwagen versteckt hat«, erklärte mein Zellennachbar.
»So sind die meisten von uns hierher geraten. Manche hat dieser Deutsche im Park oder am Hafen aufgerissen, aber bei den meisten war es in Kneipen.«
Unseren allernächsten Nachbarn bekamen wir wegen der Betonwand kaum zu Gesicht; doch der Typ gegenüber war leicht zu erkennen. Er wirkte relativ jung, etwa in meinem Alter, und sein Oberkörper war mit diesem drahtigen Kraushaar bedeckt, das für Blonde typisch ist und das auf der Brust ein dickes Fell bildet. Mit dem hatten sie einen Volltreffer gelandet, so viel stand fest. Das Beste an ihm war sein Arsch, der ganz dem von Rocco glich: fleischig und durchtrainiert wie die Arme eines Gewichthebers. Ich verlor mich einen Moment in diesen Betrachtungen, als er aufstand und sich von der Zellentür entfernte. Wie würde es wohl schmecken, wenn ich mein Gesicht in diese Spalte, mitten zwischen die beiden festen Arschbacken steckte?
Rocco holte mich auf den Boden der Tatsachen zurück. »Jamie, was, zum Teufel, sollen wir jetzt nur tun?«
»Wir können gar nichts tun, Rocco, nicht das Geringste. Wir sitzen hier in der Falle wie die anderen. Uns bleibt nur eins: abwarten.«
»Wir müssen mit Brendan Kontakt aufnehmen. Der holt uns hier raus, Jamie.«
»Und wie sollen wir das tun? Vielleicht mit Rauchsignalen?«
Die Idee hatte etwas, und wir sahen uns in der Zelle um. Die einzigen Gegenstände darin waren eine Schaumstoffmatte, auf der wir schliefen, sowie ein Klo ohne Deckel. Sonst nichts. Wir stöhnten. Nichts Brennbares da, selbst wenn wir ein Streichholz oder ein Feuerzeug gehabt hätten.
»Was nun, Jamie? Was können wir nur tun?«
Die Antwort bestand in einem Trommeln an die Gitterstäbe. Wir schlugen solchen Lärm, dass sämtliche Häftlinge in der Zellenreihe aufstanden, alle nackt, wie Gott sie geschaffen hatte. Hans und der sadistische Wärter kamen herein. Zwischen sich führten sie einen Körper, den sie zu unserer Zelle zerrten: ein neuer Gefangener, wieder blond. »Zurück, ihr Arschlöcher!«, bellte der Wärter und öffnete mit Hans zusammen die Gittertür, um den Neuen in unseren Raum zu werfen. Wir sprangen an die Rückwand.
»Ein Prachtexemplar«, knurrte Hans mit höhnischem Grinsen, als er seine Last los war. Und dort, genau vor unseren Füßen, lag der Neue: Mr. Bensons Sklave, das Model!
Mein erster Gedanke war: »Jetzt hat Mr. Benson uns alle beide verloren«, mein zweiter: »Wie kommt dieses Arschloch hierher?«
Rocco war zu dem bewusstlosen Körper hingeeilt und wiegte ihn in seinen Armen. Er tätschelte ihm die Wange, um ihn zur Besinnung zu bringen – das Werbesymbol, das Millionen Amerikaner in den Lungenkrebs getrieben hatte. »Jamie!« Rocco wiederholte seinen Befehl, als ich mich nicht rührte.
»Dem da, dem möcht ich nicht helfen, Rocco!« Ich richtete einen anklagenden Finger auf die regungslose Gestalt.
»Jamie, jetzt ist keine Zeit für solche Mätzchen. Bring mir eine Handvoll Wasser, da, aus der Kloschüssel.« Widerwillig ging ich hinüber, holte etwas kaltes Wasser, das ich meinem Rivalen ins Gesicht schüttete, und sah voller Genugtuung, wie er hustete und spuckte.
»Jamie!« Rocco warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
»Du hast doch selber gesagt …«
Das Model setzte sich auf, und Schweiß und Wasser liefen über einen Oberkörper, dessen Muskulatur wie gemeißelt erschien. Das Licht spielte auf dem nass glänzenden Torso, so schmeichelhaft wie die Kameras, die ihn berühmt gemacht hatten. Ich hasste diesen Kerl.
Unser neuer Gefährte rieb sich den Kopf, ganz so wie Rocco und ich vorhin. Auch er hatte eine Beule. »Wo bin ich?«
Er drehte sich zu mir um und wurde verlegen, als er meinem Blick begegnete (hatte ja auch verdammt guten Grund dazu!). »Du hier?«
Er stöhnte erneut und erhob sich auf wackligen Knien. »Was führt dich denn hierher? Du solltest doch fort sein, soweit ich weiß.«
»Was du nicht sagst!«, antwortete ich schreiend.
Er sah mich an, als würde er meine Wut gar nicht verstehen.
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