Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell
diesem Löffel.«
Er nahm ihn aus dem Maul. »Jetzt nicht mehr, wo er meine Zahnbürste ist.«
»Ihre Zahnbürste«, sagte Esther vorwurfsvoll zu ihren Fußgelenken.
Black Pat schlug seinerseits einen vorwurfsvollen Ton an. »Zahnpflege ist wichtig. Mein Ehrgeiz ist es, das Lächeln der Tess von den d’Urbervilles zu haben.«
Esther war irritiert. Sie vergaß ihre Fußgelenke. »Tess von was?«
»Den d’Urbervilles. Thomas Hardy schreibt, sie hätte ein Lächeln gehabt wie Rosen mit Schnee drauf.« Er schlenkerte mit dem Kopf. »Ich zitiere aus dem Stegreif. Es war so ähnlich, vielleicht genauso. Wie dem auch sei, ein nettes Lächeln.« Zur Demonstration hob er die Haut seiner Schnauze an und zeigte ihr seine verkleisterten krummen Zähne, manche mattgrau, manche braunfleckig, ein paar regelrechte Stoßzähne.
Esther besah sich die Zahnschau. Keine Rosen mit Schnee, eher Haggisbrocken mit Kokosschalensplittern.
Die Zähne wurden wieder bedeckt, und die Pfote wiederholte das Hin und Her zwischen Becken und Wanne als Einladung, das eine oder die andere zu benutzen. »Falls Sie sonst zu spät zur Arbeit kommen, bitte, nur zu. Ich kann auch später baden.«
InihrerWannebaden?EstherstarrteihnvollAbscheuan.Sielehnte sich mit der Schulter an die Kacheln, und ihr fiel eine Lösung ein.
»Wenn Sie sich waschen möchten, habe ich einen Schlauch im Garten. Ich könnte das Wasser anstellen … Würden Sie nicht lieber … «
»Wie bitte?« Black Pat tat so, als verstehe er nicht.
»… mit dem Schlauch, nicht wahr … sich waschen. Mit dem – «
»Wie bitte? Würden Sie das allen Ihren Mietern vorschlagen?«
Esther musste besser darauf achten, was sie sagte. »Nein, nur wenn sie – «
Black Pat schnitt ihr mit einem bösen Seitenblick das Wort ab, eine äußerst unerquickliche Abfuhr, die er gleich noch einmal erteilte. Er ließ ein paar Sekunden verstreichen und fragte dann in herablassendem Ton: »Werden Sie jetzt ein Bad nehmen?«
Esther schob unsicher ihr Kleiderbündel hierhin und dorthin. Black Pat drückte den Löffel an den Gaumen. Sie hatte nicht geantwortet, und er sagte »Na schön« durch geschlossene Lippen. » Gut .«
Er trat an die Wanne und drehte ohne Schwierigkeiten die Hähne auf. Der Stöpsel wurde in den Abfluss gefummelt, und das Wasser stieg. Er drückte großzügig Shampoo in das wallende Wasser, und es schäumte. Black Pat quetschte sich bäuchlings in die Wanne, ließ sich so tief wie möglich in den Schaum sinken und stieß sich immer wieder mit den Hinterbeinen ab. Wasser schwappte links und rechts über die Seiten und sammelte sich in Lagunen am Fußboden. Esther stand vor ihrem Kleiderhaufen und sah sich das nasse Treiben ratlos an.
BlackPatversuchte,sichdenRückenzuwaschen.Erwälztesichherumundstrampeltewiewild,sodasserSeifenwasserschluckteundmitdemKopfandieSeitenschlug.Erstandauf,besahsichseinenRücken,warnichtzufriedenundwarfsichwiederinsWasser.Danndrehte er sich auf den Bauch und stieß sich noch ein paarmal ab.
Sein Anblick hatte auf Esther eine eigentümlich rührende Wirkung. »Brauchen Sie Hilfe?«, fragte sie.
»Nein, alles in Ordnung«, versetzte er spitz, die Augen im Schaum versunken.
»Ich könnte Ihnen helfen.« Esther legte ihre Sachen auf den Wäschekorb und nahm aus dem Schränkchen unter dem Waschbecken eine Scheuerbürste.
»Ich brauche keine Hilfe, danke«, fauchte er und warf sich so energisch herum, dass die halbe Wanne auslief.
»Diese Methode ist doch absurd. Das sieht völlig lächerlich aus«, sagte Esther unverblümt. »Lassen Sie sich in Gottes Namen helfen.«
Black Pat antwortete nicht, doch er stellte sein Gewackel ein und paddelte gemütlich mit den Pfoten im Wasser herum. Sie trat heran und fing an, ihm den Rücken zu schrubben. Je mehr Dreck sie abschrubbte, umso grauer wurde das Wasser, grauer die Wanne, grauer die Pfützen am Boden. Sie arbeitete mit pumpenden Schultern, die Bürste mit beiden Händen gepackt. Zwischendrin musste sie anhalten und ihren Morgenmantel wieder ordentlich zurechtziehen.
Black Pat ließ sich von ihr mit einem Plastikeimer abspülen. Immer wieder leerte Esther den Eimer über ihm aus. Er sah richtig kläglich aus mit dem Wasserfall, der ihm über die große Schnauze lief, und den an die Rippen geklatschten Borsten. Brav hob er die Pfoten wie ein Pony, damit Esther die Ballen säubern konnte, und schüttelte sie dann vorsichtig aus.
Erledigt. Esther legte ihm zwei Handtücher um, eine kleine Nettigkeit zum
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