Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hunt
Vom Netzwerk:
unerträglicher Druck: BlackPat hing über seinen Knien und Schenkeln. Der warme, kratzige Leib war in einer Weise verkrümmt, die für beide nicht angenehm war, der animalische Gestank auf so kurze Distanz beinahe ein körperlicher Angriff.
    Black Pat ließ sich nicht vertreiben. Er schlief nicht. Er war in eine dumpfe Starre verfallen, wartete stumm. Churchill konnte ihn nicht abschütteln, der Hund war zu schwer für ihn. Wie ein Gefangener saß er in einem kastanienbraunen Sessel unter ihm fest. Sie befanden sich im Bücherzimmer. Die Wände des kleinen Raumes waren bis zur hohen Balkendecke mit Regalen ausgekleidet. Die tiefen, kantigen Schatten, die eine Lampe auf dem Schreibtisch warf, verwandelten die Ecken des Zimmers in dunkle Höhlen. Die schwarzen Aschereste eines Feuers im Kamin zeugten davon, wie lange sie sich schon dort aufhielten. Ein braunes Tonwalross bewachte die Asche.
    Churchill versetzte dem Hund mit der Handkante einen Schlag in den Nacken. »Geh runter von mir, du Python!« Black Pat rührte sich nicht. Churchill schlug abermals zu, fester. Der ungeheuerliche Hundeschädel drehte sich zu ihm um und sah ihn an.
    »Der Tag war die Hölle«, sagte Churchill.
    »Dir ist klar«, sagte Black Pat mit quälend langsamer Stimme, »dass dieser Tag einer von vielen Bächen ist, die in einen von vielen Flüssen münden, die wiederum alle in mich münden.«
    »Flüsse mit giftigen Ablagerungen«, fauchte Churchill.
    »Vielleicht, aber es sind deine Ablagerungen.«
    Churchill ignorierte die Bemerkung. Er zog den Reißverschluss seines Overalls ein paar Zentimeter tiefer, soweit der Hemmklotz des Hundes es erlaubte. Mit einem leisen Ratschen zog er ihn scharf wieder zu.
    Black Pats am Boden abgelegte sabbernde Schnauze hinterließ eine feuchte Stelle im Teppichmuster. »Du wirst am siebenundzwanzigsten dieses Monats endgültig deinen Abschied nehmen«, sagte er.
    »Ja.«
    »Das Ende deiner Laufbahn.«
    »Das weiß ich selbst, verdammt noch mal.« Eine kurze Pause, dann schlug Churchill einen Ton bitterer Belustigung an. »Tja, ich habe bei vielen, vielen Anlässen über meinen Abschied nachgedacht. Und obwohl ich nie einen Zweifel hatte, dass du und ich uns an diesem Punkt in meinem Leben treffen würden, habe ich irgendwo doch nie die schwache Hoffnung aufgegeben, es bliebe mir vielleicht erspart.«
    Black Pat schloss die Augen und sah aus wie ein Grabsteinengel.
    Churchill sprach weiter. »Du aber bist zur Stelle wie immer und folterst mich auf deine furchtbare Art, gegen die ich mich niemals wehren kann.« Er verschränkte die Hände auf dem borstigen Rücken des Tiers, der ihm bis zum Schlüsselbein reichte.
    »Oh.« Churchill kniff den Fleischwulst seines Nasenrückens zusammen, um den Knoten der aufziehenden Kopfschmerzen zu lösen. »Oh, ist das grässlich und lästig und kotzerbärmlich banal.« Er senkte die Hand und legte sie wieder mit der anderen im Fell zusammen. »Unzählige Male habe ich mich gefragt, woher diese Ohnmacht rührt, warum ich in all den Jahren, die das jetzt geht, einfach nichts dagegen machen kann. Die Antwort ist: Ich weiß es nicht. Ich habe nicht die Kraft, dem ein Ende zu setzen. Und jedes Mal, wenn du herkommst, werde ich wieder dem Rachen der Vergangenheit vorgeworfen.«
    Die Eingeweide des Hundes grummelten. Sein Magen gab ein peinliches Geräusch von sich.
    »Eheu! Fugaces labuntur anni«, sagte Churchill.
    »Ist das Griechisch?«
    »Lateinisch, du Schweinehund. Es heißt: Ach, die flüchtigen Jahre enteilen.«
    Black Pats Eingeweide rumorten.
    Churchill betrachtete eine in die Bücherwand eingearbeitete Reliefkarte von Port Arromanches in der Normandie, das grelle Türkis des Kunststoffmeers. »Aber ich hoffe, dir ist klar, dass dein Besuch heute noch auf einem anderen Blatt steht, dass dieser Besuch ganz besonders grausam ist … «
    Keine Reaktion. Black Pat fühlte die Grausamkeit seines Verhaltens durch die Schmerzwellen, die ihn erreichten.
    »… weil ich nicht mehr die Möglichkeit habe, die Ängste zu verdrängen, die du mit dir bringst. Ich bin im Begriff, mich zur Ruhe zu setzen, meine Arbeit ist getan. Es gibt für mich künftig nichts mehr zu tun, und genau das hat mich bisher immer über den Berg gebracht: die Aussicht, es besser zu machen, Fehler zu korrigieren, dich eines Tages zu besiegen. Aus und vorbei. Diesmal ist mir die Zeit ausgegangen. Einem so etwas anzutun ist wirklich eine Hundsgemeinheit.«
    Der Hund verzichtete auf eine Antwort. Er hielt

Weitere Kostenlose Bücher