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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Hunt
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stand in der Tür, eine Hand am Rahmen. »Mach ihnen nicht das Leben schwer, Mr. Pug. Sie tun nur ihre Arbeit.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Churchill zog an seiner Zigarre und blies einen Trichter aus Rauch in die Luft. »Aber es sind alles solche Trantüten.«
    Als in der Auffahrt vor dem Haus Reifen über den Kies knirschten, trat Clementine ans Fenster und blickte hinunter. »Dein Wagen ist da.«
    »Dann mal los«, sagte Churchill und erhob sich. »Bis bald, Clemmie.«
    Noch ein Kuss, dann schleppte er sich die Treppe hinunter. Black Pat machte sich ebenfalls auf den Weg und stürmte mit hämmernden Pfoten voraus. Lautes Klauengetrappel ertönte, als er unten auf den schwarzen Fliesen des schmalen Flurs aufkam.
    Mit traurigen Augen beobachtete der Pudel Rufus den Auftritt. Er krümmte sich um das getrocknete Schweinsohr in seinem Körbchen und verbarg sein Gesicht.
    Clementine kam die Treppe herunter, als Churchill gerade die Wagentür zuschlug. Der Wagen rollte langsam den Bogen der Auffahrt hinunter, beschleunigte dann und machte sich an die einstündige Fahrt nach Westminster. Während das Motorengeräusch allmählich verklang, sah Clementine den Pudel an. »Ich weiß, Roofy«, sagte sie zu ihm. »Ich weiß genau, wie dir zumute ist.«

29
    11 Uhr 45
    A m Wochenende, ohne den üblichen Betrieb, war Westminster Palace mit seinen menschenleeren Gängen ein Ort des prunkvollen Friedens. Corkbowl genoss es und fühlte sich zwischen den undurchstöberten Regalen wie Robinson Crusoe. Der Grund seines Hierseins, ein dickes Buch mit britischen Straßenkarten, war ausfindig gemacht und zugunsten eines über Marokko beiseitegelegt worden. Die Bilder darin kamen aus einer exotischen Phantasiewelt: geschäftige Souks, Stände mit Körben voll Gewürzen und Stapeln von Webstoffen, Menschenmassen, die durch die schmalen Gänge dazwischen strömten. Corkbowl hatte vor, sich gleich den Straßenkarten zu widmen, er musste nur noch rasch einen Blick in dieses andere Buch werfen, das die Geschichte des Towers von London behandelte.
    Als Esther in die Handbibliothek trat, fuhr Corkbowl herum; er hatte nicht mit jemand anders gerechnet. Seine dunklen Haare sahen am Wochenende kreativer aus als sonst, da er darauf verzichtete, sie in Fasson zu bringen. Er war unrasiert, und es stand ihm gut. Mit hochgekrempelten Hemdsärmeln kam er um den Tisch herum. Esther sah, dass er sich die Hosenbeine in die Strümpfe gestopft hatte.
    Corkbowl bemerkte es im selben Moment. »Tja. Ich weiß, was Sie denken: wie elegant.« Auf ihr Lächeln hin fuhr er fort: »Und Sie denken wahrscheinlich auch, dass es ein sehr abenteuerlicher Aufzug für einen Samstagmorgen ist, sehr à la Courrèges.«
    »Genau das. Obwohl Courrèges etwas futuristischer wäre, nicht wahr? Sie bräuchten noch so ein paar metallische Accessoires.«
    »Ein Aluminiumjackett. Klarer Fall.« Tiefe Steilfalten erschienen auf seinen Wangen, wenn er grinste, wie er es bei der Vorstellung eines Aluminiumjacketts tat. »Das wäre auch im Straßenverkehr von Vorteil, beim Fahrradfahren.« Er fasste sich ein Herz. »Das mit den Strümpfen ist, weil ich mit dem Fahrrad hier bin, um ehrlich zu sein.«
    »Dacht ich’s mir doch«, sagte Esther. »Ich hatte so eine Ahnung.«
    Er entspannte sich, steckte die Hände in die Taschen. »Kommen Sie oft am Wochenende in die Bibliothek?«
    »Normalerweise nicht, aber ich hatte sonst nichts vor … Es war nichtviellosbeimirzuHause,undda … «Siefühlte,wiesiebeidiesem peinlichen Geständnis rot wurde. »Ich bin neulich mit meiner Arbeit nicht fertig geworden. Ich dachte mir, das ist eine gute Gelegenheit, sie erledigt zu kriegen. Sie wissen ja, wie es unter der Woche hier zugeht … « Was sich anhörte, als wäre die Bibliothek eine Brutstätte des zügellosen Schlendrians.
    Sie sagte es leichthin, aber Corkbowl hörte den Unterton. Sie merkte, dass er ihn gehört hatte, diesen Anklang einer nackten, schamlosen Wahrheit. Esther überlegte sich krampfhaft, was sie Lustiges sagen konnte, um ihre Einsamkeit zu überspielen. Der Scheinwerfer beleuchtete eine leere Bühne.
    Corkbowl rettete sie. »Außerdem müssen wir morgen nach Kent. Als Ihr Chauffeur dachte ich mir, ich nütze mal den freien Zugang zu den ganzen Landkarten aus, den man hier hat, damit ich uns nicht völlig in die Irre fahre.«
    Eine hervorragende Ausrede. »Genau«, sagte Esther. »Wenn ich für Sir Winston Churchill arbeiten soll, sollte ich wenigstens noch etwas Maschineschreiben

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