Mr. Fire und ich, Band 4 (German Edition)
auf mich. Ich lese die Lust in Daniels Augen, weiß aber nicht, welche Frau er ansieht. Ich bin verwirrt und zugleich erregt, angespannt und zugleich erfüllt von Verlangen.
Daniel legt seine Hand auf meine Schulter und ich zucke zusammen. Bin ich eingenickt? Habe ich diese Szene geträumt? Ich kann es nicht genau sagen. Ich schließe Sarahs Mail und schalte den Computer aus. Daniel umschlingt meinen Nacken und greift in mein Haar. Er zieht mich an sich und sein Mund vermischt sich mit meinem. Seine Zunge durchsucht mich mit forscher Entschlossenheit. Ich fühle mich bereit, mich ihm auf der Stelle hinzugeben. Aber Daniel lockert seine Umarmung und betrachtet mich mit einem rätselhaften Lächeln. Denkt er an sie? Vergleicht er uns? Ich muss es einfach wissen. Meine Entscheidung ist gefallen: Ich werde ihn im Restaurant befragen.
Daniel setzt sich neben mich auf das Sofa und nimmt mich in seine Arme. Ich schmiege mich an ihn. Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter und atme den Duft seiner feuchten Haare ein. Er riecht gut. Am liebsten würde ich diesen Duft aufsaugen, ihn für immer bei mir tragen. Daniel macht mich ganz trunken.
„Ich habe viel über unser Gespräch von heute Morgen nachgedacht, Julia.“
Ach ... Mir wäre es lieber gewesen, er hätte an unsere letzte Nacht gedacht, aber nun gut.
Er sieht mich nicht an, sondern starrt auf den Eiffelturm in der Ferne.
„Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie nicht wissen, wovon Sie sprechen. Und das stimmt auch. Sie müssen ein jämmerliches Bild von meiner Familie haben: erst dieser desaströse Auftritt meiner Mutter und nun mein Vater mit seiner Zweitklassigkeit.“
Ein ironisches, kaltes Lächeln läuft über sein Gesicht.
Ich öffne den Mund, um ihm zu widersprechen. Auf keinen Fall möchte ich, dass er glaubt, ich würde schlecht von seiner Familie denken. Aber Daniel legt mir mit einem angedeuteten Lächeln den Finger auf die Lippen.
Seine Worte richten sich nicht wirklich an mich. Nicht nur an mich. Er spricht zu sich selbst.
Ich schweige. Und höre Daniel zu.
„Ich werde meinen Vater anrufen. Ihr Vorschlag war vernünftig.“
Wie, ist das alles? Ich hatte mich auf einen großen Moment gefasst gemacht. Auf ein Geständnis zumindest. Nun schreitet er also einfach zur Tat.
Ich sehe zu, wie Daniel sich entfernt, als wäre ich gar nicht da. Er nimmt sein Handy. Die Worte sprudeln aus meinem Mund, als er gerade den Bildschirm betrachtet.
„Sie haben einen Anruf bekommen ...“, presse ich mit ganz leiser Stimme hervor.
Daniel wirft mir einen misstrauischen Blick zu.
„Sie haben doch nicht etwa abgenommen?“
„Natürlich nicht!“
Ich bin schockiert, dass er mir eine solche Taktlosigkeit zutraut. Niemals hätte ich mir erlaubt, in dieser Weise seine Intimsphäre zu verletzen. Und doch brenne ich darauf, dass er sie mit mir teilt.
Ich beobachte Daniel. Er runzelt die Stirn, sichtlich verärgert. Er atmet tief ein, so als mache er sich für einen Tauchgang bereit, und drückt dann auf eine Taste, die den Anruf startet.
Er hat also die Telefonnummer seines Vaters in seiner Anrufliste. Ebenso wie er in New York wusste, dass Camille versuchen würde, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Was für ein merkwürdiges Verhältnis!
Ich höre ein Klicken, als der Anruf entgegengenommen wird.
„Daniel Wietermann am Apparat. Sie haben versucht, mich zu erreichen?“
Vom funkelnden Mr. Fire bis zum autoritären Unternehmensführer habe ich schon mehrere Facetten von Daniel miterlebt. Dennoch bin ich verblüfft über den Mann, den ich nun entdecke. Ich hätte nie gedacht, dass man so viel Verachtung und Wut in einen einzigen Satz legen kann. Ich kann mir keine schlimmere Art und Weise vorstellen, mit seinem Vater zu reden. Für einen flüchtigen Moment denke ich ergriffen an meinen eigenen Vater, der mich schon immer als seine kleine Prinzessin betrachtet hat.
Mein Papa wäre zu Tode gekränkt, wenn ich in diesem Ton zu ihm sprechen würde!
Nach einer kurzen Pause ergreift Daniel wieder das Wort:
„Sparen Sie sich dieses Geschwätz! Meinetwegen kann ich Ihnen morgen Vormittag um zehn Uhr einen Termin geben und ...“
Autsch! Er wird von Camille unterbrochen. Das wird Daniel nicht gefallen ...
Und tatsächlich, als er wieder das Wort ergreift, ist er außer sich vor Wut:
„Wie können Sie es wagen, diesen Termin abzulehnen? Denken Sie, ich habe sonst nichts zu tun? Für wen halten Sie sich eigentlich?“
Daniel legt auf, ohne seinem Vater Zeit für
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