Mr. Hunderttausend Volt!
Louisiana verknallt, ihn drei Tage später geheiratet und ist mit ihm gegangen. Stell dir das vor: Ein Südstaatentyp! Die haben doch heute noch ihre High-Family Flausen im Kopf. Total konservativ sind die, genauso wie die Texaner. Aber was soll man machen? Lynn war hin und weg von dem Typen und nun ist ihr Zimmer frei."
"Aha", machte Jessie, überwältigt von der Redeflut ihrer zukünftigen Vermieterin.
"Magst du einen Kaffee?" Carol war schon aufgesprungen. Bevor Jessie etwas sagen konnte, war sie aus dem Zimmer gelaufen. Gleich darauf hörte Jessica sie im rückwärtigen Teil des Hauses mit Tellern und Besteck klappern.
Das schien ein verrückter Haushalt zu sein. Wer hier einzog, musste starke Nerven haben, aber es würde gewiss nie langweilig werden.
Jessica lehnte sich in die Polster des alten Sofas zurück und betrachtete mit einer Mischung aus Belustigung und Schauder das Stilgewirr, das sie umgab.
Wie mochte diese Babsy wohl sein? Wenn sie den ganzen Tag über schlief, konnte sie kaum ein solches Temperamentsbündel sein wie Carol Wright. Das war vielleicht ganz angenehm im Gegensatz zu Carols ständiger Plapperei.
Aus den Augenwinkeln bemerkte Jessica eine kleine Bewegung. Sie drehte den Kopf und sah, wie sich langsam die gegenüberliegende Tür öffnete. Gleich darauf lugte eine grau-weiß getigerte Katze um die Ecke. Sie hob den Kopf, ihre kleine braune Nase schnupperte interessiert in die Luft nach den fremden Gerüchen im Wohnzimmer.
Schließlich schob sich das Tier ganz aus der Tür, blieb einen Moment neben der auf altgriechisch getrimmten Bodenvase stehen und rieb ihr Köpfchen an dem Plastikding.
Jessica beobachtete das Tierchen aufmerksam. Dieses musterte sie nun mindestens genauso intensiv. Dann kam die Katze näher, roch eingehend an ihrer Jeans und beschloss anscheinend, dass Jessica die Gnade verdiente, sie streicheln zu dürfen. Mit einem Satz war die Katze auf Jessies Schoß gesprungen, wo sie sich zufrieden zusammenrollte und zu schnurren begann.
Gerade als es sich das Tierchen auf Jessies Oberschenkel so richtig gemütlich gemacht hatte, erschien Carol, ein beladenes Tablett in den Händen.
"Hau ab!", rief sie angesichts der friedlichen Szene. "Los, Leika, mach, dass du verschwindest. Ich will, dass Jessica bei uns einzieht. Musst du alles verderben?"
"Aber ich mag Katzen!", versicherte Jessica schnell. Leika, die sich ohnehin nicht hatte stören lassen, begann noch lauter zu schnurren. "Zuhause in England habe ich auch eine, das heißt, meine Eltern haben eine. Ich fühle mich schon viel wohler hier."
"Dann ziehst du also hier ein?" Carol klatschte vor Freude in die Hände. "Das wäre toll. Du musst nicht denken, dass du dich nur in deinem Zimmer aufhalten darfst. Babsy, Lynn und ich, wir hatten eine richtige Wohngemeinschaft. Oh, ich wäre echt happy, wenn das wieder so werden würde."
"Warum heißt die Katze eigentlich Leika?", erkundigte Jessie sich, um Carol von dem Thema "Wohnen" etwas abzulenken. Sie hatte sich noch nicht entschieden, ob sie wirklich in diesen chaotischen Haushalt einziehen wollte.
"Ach, die gehört eigentlich meinem Vorbesitzer", erzählte Carol bereitwillig. "Er wollte sie abholen, sobald er sich eingerichtet hatte, aber der Kerl hat sich nie wieder blicken lassen. Leider hatte ich vergessen, ihn nach dem Namen der Katze zu fragen. Da sie ihn mir auch nicht sagen wollte, habe ich sie dann Leika genannt. Das ist die Abkürzung für 'Leihkatze' und dabei ist es dann geblieben."
Die Katze hatte beim Klang ihres Namens den Kopf erhoben und sah Carol erwartungsvoll an.
"Sie ist furchtbar verfressen", fuhr diese in ihrem Bericht fort. "Vielleicht hat der Typ sie ja deshalb hiergelassen? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall wohnen wir jetzt bereits seit drei Jahren zusammen. Das ist länger als ich es mit jedem Kerl ausgehalten habe."
"Ich würde gerne mal mein Zimmer sehen", sagte Jessica sanft.
Carol schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.
"Na klar doch, ich Dummkopf!" sie lachte. "Wie kannst du den Mietvertrag unterschreiben, wenn du noch nicht einmal weißt, wo du heute Nacht deinen Kopf hinlegen wirst. Komm." Sie streckte Jessica die Hand entgegen, die diese auch bereitwillig ergriff. "Ich zeige dir dein ganz privates Reich. Es ist nichts Besonderes. Lynn hat ihre ganzen persönlichen Dinge natürlich mitgenommen. Aber du kannst es dir ja gemütlich machen. Wenn es dir gelingt, Babsy aus dem Bett zu werfen, könnt ihr zusammen noch in die
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