Mr. Hunderttausend Volt!
er im Kopf. Was aus dem Konzern wird, scheint ihm vollkommen egal zu sein."
Jessica sah weiterhin auf den Tresen.
"Sie haben doch einen guten Draht zu ihm", fuhr Jonas fort, als sie beharrlich schwieg. "Können Sie meinen Sohn nicht beeinflussen? Ich meine, vielleicht hört er ja, wenn Sie ihm einmal sagen, wie wichtig es ist, dass er sein Studium endlich ernst nimmt und auf einen anständigen Abschluss hinarbeitet."
Endlich wandte Jessica den Kopf und sah ihn an.
"Wie alt sind Sie, Mr. Carpenter?"
Die Frage kam so überraschend, dass Jonas vor Verwirrung beinahe seine Tasse umgestoßen hätte.
"Zwei...mhm...fast dreiundvierzig." Das hörte sich verdammt alt an! "Ich bin zweiundvierzig. Warum fragen Sie?"
"Weil Sie reden, als wären Sie bereits dreiundachtzig." Jessica grinste und nun sah sie erst recht aus wie ein frecher kleiner Kobold, der es darauf abgesehen hatte, das arme Herz von Jonas Carpenter aus dem Takt zu bringen. "Wenn man Ihnen so zuhört, dann könnte man glauben, dass Sie bereits an Ihr nahes Ende denken und Haus und Hof bestellen wollen, bevor der Undertaker zum Maßnehmen kommt. Was würden Sie tun, wenn Daniel morgen bereit wäre, Ihr Familienunternehmen zu leiten?"
"Ich muss mich doch um das Fortbestehen des Werkes kümmern!", rief Jonas, aber es klang gar nicht mehr so überzeugt.
Im Moment interessierte ihn das Thema einen Scheiß! Er wollte lieber über ganz andere Dinge sprechen, Jessica ansehen und den vorwitzigen Pferdeschwanz betrachten, der bei jeder Bewegung frech hin und her schwang.
Sie war wie Zitroneneis mit einen Schuss Prosecco. John ertappte sich dabei, wie er pausenlos auf die vollen roten Lippen starrte und sich dabei innigst wünschte, diese Lippen noch einmal küssen zu dürfen.
Jessica sprach mit ihm, aber Jonas hörte gar nicht zu. Was kümmerte ihn Daniel? Mochte der Bengel doch machen, was er wollte: musizieren, tanzen, in den Tag hineinleben. Es war nicht Jonas Sache, sich stündlich darum zu kümmern. Der Junge war erwachsen und es wurde höchste Zeit, dass Jonas auch mal an sich dachte.
"Würden Sie mich auf einen Spaziergang begleiten?", fragte er mitten in Jessies Rede hinein.
Sie brach erstaunt ab und sah ihn erstaunt an.
Was war nur mit dem Mann los? Jessica hätte schwören können, dass er stocknüchtern war, aber trotzdem benahm er sich irgendwie stoned. Ob er heimlich seine Nase in gewisse Dinge steckte, weiße Pülverchen...?
Aber nein, korrigierte Jessica ihre Gedanken. Zum sniffen oder koksen war Jonas viel zu bieder. Nein, es musste etwas anderes sein. Da war so etwas in seinem Blick, so ein Glitzern, dass ihre Haut zu kribbeln anfing als ob ein Heer Ameisen darüber lief. Aber mit Rauschmitteln hatte das nichts zu tun.
Vielleicht hatte Jonas Carpenter einfach nur gute Laune und wollte den Tag genießen?
"Drüben im Park ist es sehr schön", sagte Jessie endlich und deutete dabei mit dem Zeigefinger vage in die Richtung der Anlage. "Es gibt dort Enten und einen Teich mit einem schönen Springbrunnen in der Mitte. Mögen Sie Enten?"
"Oh..." Plötzlich lachte Jonas, was ihn sofort jünger erscheinen ließ. "Ich weiß nicht. Ich habe mir darüber noch nie Gedanken gemacht."
"Also ich mag Enten", erklärte Jessica und erhob sich. Aber die Enten hier im Unipark, das sind ganz besondere Tiere. Vielleicht liegt es an der Umgebung, aber ich bilde mir ein, dass sie weitaus klüger sind als die Enten in allen anderen Parks."
Ihre Art war so herzerfrischend, dass Jonas lachen musste. Ach, es tat so gut, einmal unbeschwert und ohne Vorbehalte mit einem Menschen sprechen zu können. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, wie einsam er bisher gelebt hatte. Sein Dasein verlief wie nach einem Fahrplan, immer derselbe Trott, dieselbe Richtung, dieselben Handlungen zur gleichen Zeit.
Seit Jahren hatte es keine wirklichen Highlights mehr in seinem Leben gegeben. Aber plötzlich, nur durch das Zusammensein mit diesem kleinen rothaarigen Irrwisch, schien die Sonne viel heller und Jonas konnte sich an Dingen erfreuen, die er sonst gar nicht beachtet hatte.
Gemeinsam verließen sie das kleine Café und wanderten über den Campus, vorbei an der medizinischen Fakultät zu dem weitläufigen Park, vor dem gleich am Eingang das steinerne Denkmal des Universitätsgründers prangte. Eine freche Taube hatte sich auf seinem Kopf niedergelassen und pickte munter die Samenkörner aus dem Moosbefall, die von den umstehenden Bäumen herabgefallen waren.
"Es ist lange her,
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