Mr. Hunderttausend Volt!
Gelegenheit gegeben, ein wenig ihre Macht auszuprobieren und die Beleidigte zu spielen. Aber jetzt war die Playtime vorbei. Nigel verlangte klare Entscheidungen und Carol durfte sich nicht länger hinter ihrer Mauer aus trotzigem Schweigen verbarrikadieren. Mit einem genervt klingenden Seufzer gab sie also nach und bedeutete Nigel mit einer Handbewegung, sich wieder zu setzen. Er kam tatsächlich zu ihr und ließ sich ihr gegenüber am Tisch nieder.
„Du hast recht, wenn du mir Feigheit vorwirfst“, begann er ehrlich und bereit, nicht den winzigsten Krümel Wahrheit zu verschweigen. „Es war ein Fehler, dir meine Ehe zu verschweigen. Ich tat es, weil ich einfach nicht wusste, wie ich es dir beibringen sollte und wohl auch, weil ich mich schon lange nicht mehr an diesen Eid gebunden fühlte.“ Nigel wandte sein Gesicht dem Fenster zu, gegen das der Sturm immer noch schwallweise Regenwasser trieb. „Aber wie dem auch sei“, fuhr er fort und sah Carol wieder an, „ich hätte es dir sagen müssen. Dass ich es nicht tat, war dir gegenüber unverantwortlich und ich habe dich dadurch in eine absolut peinliche Situation gebracht.“
„Gut, Nigel, aber…“
„Jetzt rede ich!“, erklärte er energisch. „Eines möchte ich unbedingt klarstellen: Eliza hat sich an jenem Tag so aufgeführt, als wären wir nur kurzfristig getrennt, so wie es manche Ehepaare nach etlichen Kleinkriegen tun. Die meisten versöhnen sich nach ein paar Tagen wieder. In unserem Fall stimmt das nicht. Eliza und ich, wir leben in Scheidung, und es gibt nichts, was uns wieder zusammenbringen kann. Bitte, glaube mir das.“
Carol warf ihm einen skeptischen Blick zu. Die ganze Geschichte hörte sich genauso konstruiert an, wie die Geschichten, die verheiratete Männer immer vorbringen, wenn sie das weibliche Objekt ihrer Begierde überreden wollen, trotz Ehefrau im Hintergrund, mit ins Bett ihm zu gehen.
‚Unsere Ehe besteht nur noch auf dem Papier – meine Frau versteht mich nicht – meine Frau hat keinerlei Interesse mehr an mich‘ und so weiter und so gelogen!
„Eliza ist längst mit einem anderen Mann zusammen“, fuhr Nigel unbeirrt fort. „Die beiden müssen mittlerweile ein Vermögen verspielt haben. Sie kam nach Mainshill, um sich ihren Anteil an unserem Haus auszahlen zu lassen. Ich glaube fast, dass ein oder sogar mehrere Inkassounternehmen hinter den beiden her sind.“
„Hast du ihr das Geld gegeben?“
„Nein.“ Nigel schüttelte den Kopf. „Ich habe die Summe durch meinen Anwalt überweisen lassen. Eliza ist gierig. Sie würde es glatt fertigbringen, die Summe noch mal zu verlangen.“ Er lächelte, es fiel etwas verrutscht aus. „Hat mich finanziell ganz hübsch reingerissen“, erklärte er in scherzhaftem Ton. „Deshalb werden wir uns am Anfang etwas einschränken müssen. Aber dafür sind wir Eliza und ihren spielsüchtigen Lover wahrscheinlich los. Sie hat meinem Anwalt eine Erklärung unterschrieben, dass damit ihre sämtlichen Ansprüche abgegolten sind und sie auf weiter Zahlungen verzichtet.“
Carol schwirrte der Kopf von so vielen Informationen. Aber Nigel war noch nicht fertig.
„Wir sind jetzt so gut wie geschieden. Der Rest ist reine Formsache. In zwei Wochen ist die Sache rechtsgültig und wir können sofort heiraten. Wenn du noch möchtest.“
„Oh!“ Carol riss die Augen auf. „Du meinst…Nein!“, entschied sie dann mit Bestimmtheit. „Weißt du, ich habe mir geschworen, niemals etwas mit einem verheirateten Mann anzufangen. Jetzt deinen Antrag anzunehmen, während deine Ehe rechtlich gesehen noch besteht, erscheint mir einfach irgendwie…“ Sie suchte nach der passenden Bezeichnung, „unmoralisch ja! Unmoralisch und dekadent.“
Nigel sprang so heftig auf, dass der Grog über den Becherrand schwappte.
„Was ist denn daran dekadent?“, fragte er aufgebracht. „Ich liebe dich und ich möchte dich so schnell wie möglich an meiner Seite haben. Ist das unanständig?“
„Ach, Nigel!“ Carol fuhr sich mit beiden Händen durch ihr vom Schlaf zerzaustes Haar. „Du willst aus dem einen Paar Schuhe heraus und sofort in das neue hineinspringen. Das gefällt mir nicht.“ Bittend sah sie ihn an. „Lass etwas Zeit vergehen, verarbeite die Vergangenheit und finde zu dir. Dann können wir noch einmal darüber reden.“
„Oh Mann!“ Nigel raufte sich die Haare. „Du kannst verdammt dickköpfig sein.“ Er kam zu ihr und zog Carol in seine Arme. „Wie lange soll ich denn deiner
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