Mr. Joenes wundersame Reise
an die Arbeit gehen.«
Joenes drückte sein tiefes Bedauern darüber aus, daß er geschlafen hatte, anstatt nach dem Büro zu suchen, in das man ihn geschickt hatte.
»Das ist nicht so schlimm«, versicherte ihm der Beamte. »Wir haben hier zwar unsere Vorschriften, doch ich hoffe, wir pochen nicht so stur auf deren Einhaltung. Zufälligerweise war es überhaupt nicht schlimm, daß Sie geschlafen haben. Ich hockte in einem völlig anderen Teil des Gebäudes und erhielt von dort den Befehl, mit meinem Büro schnellstens hierher umzuziehen und sämtliche Reparaturen in die Wege zu leiten, die ich für notwendig erachte-te. Die Arbeiter fanden Sie schlafend vor und beschlossen, Sie nicht zu stören. Daher verrichteten sie ihre Arbeit in aller Stille und bewegten sie nur einmal vom Fleck, um das Bodenbrett zu erneuern, auf dem sie lagen. Sie sind dabei noch nicht einmal aufgewacht, als man Sie hochhob.«
Joenes schaute sich mit wachsender Verblüffung um und gewahrte, wieviel Arbeit geleistet worden war, während er schlief. Er entdeckte dabei ganz in seiner Nähe eine Bürotür an einer Stelle, wo vorher lediglich nackte, verwitterte Wand existiert hatte.
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Auf der Tür erkannte er eine sauber gemalte Auf-schrift: Raum 18891, Flur 12, Stockwerk 6, Flügel 63, Unterabteilung AJB-2. Das war genau die Adres-se, nach der er bisher vergeblich gesucht hatte, und Joenes verlieh seiner Verwunderung über die Art und Weise Ausdruck, in der seine Suche endete.
»Daran ist nichts Verwunderliches«, spielte der Beamte diesen Vorgang herunter. »Prozeduren dieser Art sind hier ganz selbstverständlich. Die höchsten Beamten kennen nicht nur das Gebäude mit allem was darin ist, sondern sie wissen auch über jeden und seine Ziele in diesem Haus Bescheid. Sie kennen vor allem die Schwierigkeiten, mit denen ein Fremder in diesen Mauern zu kämpfen hat; und unglücklicherweise gibt es ziemlich strenge Gesetze, die es verbieten, einem Fremden zu helfen. Die Beamten umgehen dieses Gesetz jedoch von Zeit zu Zeit, indem sie einfach das Büro dem Suchenden entgegengehen lassen. Raffiniert, was? Und jetzt kommen Sie, wir haben zu tun.«
In dem Büro stand ein Schreibtisch, der von Akten und Formularen nahezu überquoll. Außerdem standen auf dem Tisch noch drei klingelnde Telefone. Der Beamte bat Joenes, Platz zu nehmen, und widmete sich den Telefonen.
Er tat dies mit äußerster Hingabe und Entschie-denheit.
»Reden Sie lauter, Mann!« brüllte er in das eine Telefon. »Was soll das heißen? Mississippi schon wie-253
der überflutet? Dann bauen Sie einen Deich! Bauen Sie von mir aus zehn Deiche, aber bekommen Sie die Sache endlich unter Kontrolle! Schicken Sie mir eine Bestätigung, wenn alles erledigt ist.«
»Ja, ich kann Sie sehr gut verstehen«, röhrte er in den zweiten Telefonhörer. »Hungersnot im Pan-handle? Verteilen Sie sofort Lebensmittel! Unterschreiben Sie den Auftrag der Regierung mit meinem Namen!«
»Ganz ruhig und noch mal von vorne«, bellte er in den dritten Hörer. »Eine Pest in Los Angeles?
Verteilen Sie sofort das Serum und führen Sie eine allgemeine Impfung durch, und dann schicken sie mir gefälligst ein Telegramm, wenn Sie alles im Griff haben!«
Der Beamte legte den letzten Telefonhörer in die Gabel und sagte zu Joenes: »Diese idiotischen Hand-langer geraten schon bei der geringsten Schwierigkeit in Panik. Und was noch schlimmer ist – diese rückgratlosen Flaschen würden noch nicht einmal ein Baby vor dem Ertrinken in der Badewanne retten, ohne mich vorher um Rat zu fragen, was sie tun sollen.«
Joenes hatte dem befehlsgewohnten Worten des Beamten am Telefon gelauscht, und ein Verdacht begann ihn ihm Gestalt anzunehmen. Er sagte: »Ich bin mir da nicht so ganz sicher, aber ich glaube, daß ein bestimmter, vom Schicksal geschlagener junger Mann ...«
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»… versucht, mich umzubringen«, beendete der Beamte den Satz. »Das ist es doch, oder nicht? Nun, ich habe diese Sache vor etwa einer halben Stunde geregelt. Man erwischt einen Edwin J. Minotaurus niemals im Schlaf! Meine Wächter haben ihn geschnappt, und er bekommt wahrscheinlich Lebens-länglich. Aber verraten Sie das niemandem.«
»Warum nicht?« fragte Joenes.
»Das gäbe schlechte Publicity«, erklärte Minotaurus. »Vor allem seine Affäre mit meiner Tochter, die er zu allem Unglück um den Verstand brachte! Ich habe diesem Schwachkopf immer wieder gesagt, sie solle ihre Freunde mit nach Hause mitbringen, aber nein, dieses
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