Mr. K: Thriller (German Edition)
gesellte sich jetzt auch noch eine laufende Nase.
Mit dem Ballknebel im Mund konnte ich nur durch die Nase atmen. Und wenn die verstopft war, wäre das mein Ende.
Ich legte also eine Ruhepause ein, bewegte mich nicht und gab mir Mühe, mich so weit zu beruhigen, dass ich die Kontrolle über meine Emotionen wiedererlangen konnte. Ich hatte mich noch nie so allein und verlassen gefühlt. Das Einzige, was mir Gesellschaft leistete, war diese unbekannte Maschine, die im Hintergrund surrte, und meine Gedanken und Erinnerungen.
Es wäre ja noch gegangen, wenn neben den schlechten auch ein paar gute Erinnerungen dabei gewesen wären.
Aber leider schwirrten nur schlimme Dinge in meinem Kopf herum und weigerten sich hartnäckig zu verschwinden.
Das meiste davon hatte mit meinem Berufsleben zu tun. Ich hatte meinen Anteil an menschlichen Monstern gejagt und einige von ihnen auch gefangen. Aber auch wenn es mir gelungen war, sie zu fangen oder in manchen Fällen sogar zu töten, wurden die Opfer davon nicht wieder lebendig.
Und ich konnte deswegen nachts auch nicht besser schlafen. Bevor ich vor Kurzem in den Ruhestand gegangen war, hatte ich mehrere Male daran gedacht, den Job hinzuschmeißen. Ich hatte es dann zwar doch nicht getan, aber ich war verdammt nahe dran gewesen. Bei meinem niemals endenden Bestreben, mich vor den Kollegen zu beweisen, hatte ich ständig mit sexistischen und chauvinistischen Einstellungen zu kämpfen gehabt. Bei der Polizei gab es viele Männer, die der Meinung waren, dass Frauen sich nicht für eine Tätigkeit bei der Mordkommission eigneten. Die Arbeit dort war zu scheußlich für ihre zartbesaiteten Gemüter.
Meiner Meinung nach war sie für das Gemüt eines jeden Menschen zu scheußlich, Frau oder zartbesaitet hin oder her. In einer Hinsicht waren Frauen jedoch eindeutig im Nachteil, wenn sie beruflich mit Gewaltverbrechen zu tun hatten. Das hatte allerdings nichts mit Körperkraft oder stärkeren Nerven zu tun, sondern mit Einfühlungsvermögen.
Frauen hatten im Allgemeinen ein besseres Gespür für die Gefühle ihrer Mitmenschen, insbesondere für deren Leid.
In meinen Jahren bei der Polizei hatte ich viel Leid mit ansehen müssen. Es war ein harter Job.
Jedes Mal, wenn ich an einen Tatort kam, an dem ein schreckliches Verbrechen verübt worden war, und dort mit eigenen Augen sah, was irgend so ein Psychopath mit einem anderen Menschen angestellt hatte, tat ich mich schwer damit, das alles zu verdauen. Und zwar deshalb, weil ich mich nur zu gut in die Lage der Opfer versetzen konnte.
Ich konnte ihre letzten Augenblicke sehen, ihre Kämpfe, ihre letzten Atemzüge. Ich konnte hören, wie sie um Gnade flehten,konnte ihre Angst, ihre Qual und ihre Hilflosigkeit spüren. Ich konnte mir den Horror, den sie durchmachten, so lebhaft vorstellen, dass ich für den Rest meines Lebens Albträume hatte. Wenn ich überhaupt schlafen konnte.
Wenn ich an all die Opfer zurückdachte, die ich gesehen hatte, stachen zwei von ihnen besonders hervor. Sie waren beide auf eine absolut furchtbare Art und Weise gestorben. Und in beiden Fällen war der gnadenlose Mr. K der Täter gewesen.
Eine dieser qualvollen Hinrichtungsmethoden war der Guineawurm.
Die andere war das Folterrad.
Als ich nun mit geschlossenen Augen in dem Lagerabteil lag, überkam mich das kalte Grausen angesichts der schrecklichen Bilder, die diese beiden Fälle in mir wachriefen.
Und ich fragte mich, was dieses Geräusch verursachte, das neben mir surrte und nichts Gutes verhieß.
Drei Jahre vorher
8. August 2007
Als die Verstärkung bei Merles U-Store-It eintraf, ging das Gekotze jedes Mal, wenn ein Neuankömmling auftauchte, von vorne los. Irgendwann kam ich auf die Idee, eine Mülltonne am Tatort aufzustellen, aber das war auch schon meine einzigegute Idee an diesem Tag gewesen. Selbst Phil Blasky, der einen Magen aus Stahl hatte und schon öfter bei einer Leichenschau nebenher zu Mittag gegessen hatte, zuckte zusammen, als er den Toten sah.
»Er ist schon seit mindestens drei Tagen hier«, sagte Blasky, während er eine oberflächliche Untersuchung vornahm. »Vielleicht auch länger. Er trägt eine Windel für Erwachsene. Hat zwei verheilende Injektionsnarben am Arm, an der Stelle, wo die Nadel rausgerissen wurde, als er sich gedreht hat.«
Blasky erklärte uns weiterhin, Mr. K habe sein Opfer mindestens dreimal besucht und dabei den Infusionsbeutel gewechselt, damit das Opfer während der schrecklichen Folter, die es
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