Mr Monk besucht Hawaii
sie gestorben ist?«
»So einfach ist das nicht.«
»Natürlich nicht«, gab Monk zurück. »Bei so klaren und präzisen Aussagen hätten Sie ja kaum noch Spielraum, um sich aus einer falschen Vermutung herauszuwinden.«
»Sie wenden die Gesetzmäßigkeiten unserer Welt auf die Welt der Geister an. Da könnten Sie auch von einem Fisch verlangen, an der Luft statt im Wasser zu atmen. Unsere Vorstellungen und Gesetzmäßigkeiten haben dort keine Gültigkeit. Alles in ihrer Welt ist anders als hier, auch die Art der Verständigung. Man braucht dort keine Worte, um Gedanken zu übermitteln.«
»Wie praktisch für Sie«, sagte ich.
»Eigentlich ist es sehr unpraktisch und frustrierend, Natalie. Auch für die Geister. Es ist nicht so, als würde man einen Brief lesen oder etwas aus dem Chinesischen übersetzen wollen. Es ist viel komplexer. Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einem Freeway und wollen hören, was die Menschen in den vorbeifahrenden Autos reden. Das ist unmöglich. Deshalb benutzen sie Bilder, Empfindungen und Gefühle, um etwas auszudrücken, aber selbst das genügt nicht, um diese Aufgabe zu erfüllen.«
»Klingt für mich nach einem Haufen Ausreden, die es Ihnen erlauben, ungenau und vage zu bleiben«, sagte Monk. »Und die Sie davor bewahren, als Betrüger angezeigt zu werden.«
Swift ging zur Küche und fuchtelte mit den Händen, als würde er Spinnweben oder Rauch wegwischen. »Hier ist sie gestorben. Ich fühle einen kalten, engen Raum.«
»Sie liegt im Leichenschauhaus in einem Kühlfach«, meinte ich. »Viel enger und kälter kann es kaum sein.«
»Ich sehe eine Blume, eine Rose, Blut tropft von den Dornen. Aber ich weiß nicht, was die Bilder bedeuten.«
»Wenn Sie erwarten, dass wir Ihnen jetzt mit Vorschlägen entgegenkommen, dann haben Sie sich getäuscht«, sagte Monk. »Wir sind keine Landeier, wir wissen, wie Sie arbeiten.«
»Sie haben den Ehemann im Verdacht, nicht wahr?«, redete Swift weiter.
»Der Ehemann ist immer der Hauptverdächtige, wenn seine Frau ermordet wurde«, gab Monk zurück. »Das ist alles andere als eine Enthüllung.«
»Helen hat ihn auch im Verdacht. Ich spüre ihr Misstrauen, ihre Wut. Aber in den letzten Tagen hatte sie hier Frieden gefunden. Sie liebte Hawaii, sie liebte die Menschen hier und auch das Essen. Sie war eine sehr sinnliche Frau, vor allem beim Essen. Jeden Tag brachte sie eine frische Ananas und eine Torte mit.«
»Das konnten Sie auch von ihrer Haustür aus gesehen haben«, konterte Monk. »Dafür müssen Sie nicht ins Jenseits schauen.«
Swift seufzte gelangweilt. »Mr Monk, ich akzeptiere ja, dass Sie mir nicht glauben, aber es ist nicht nötig, mir bei jedem Wort zu widersprechen. Hören Sie sich an, was ich zu sagen habe, und entscheiden Sie dann, was Sie glauben und was nicht.«
»Ich entscheide mich, Ihnen gar nichts zu glauben. Ich bin der Ansicht, dass Sie ein Betrüger sind, der die Verwundbarkeit anderer Menschen zu seinem eigenen Vorteil ausnutzt. Was Sie machen, ist kriminell.«
»Und wessen Verwundbarkeit nutze ich in diesem Moment aus?«
»Ihre.« Monk zeigte auf mich, was mich völlig überraschte.
Swift drehte sich zu mir um. »Sind Sie verwundbar, Natalie?«
Ich wollte fast schon verneinen, aber dann wurde mir klar, dass das nicht der Wahrheit entsprach. »Ja, das bin ich, wenn es um meinen Mann geht.«
»Das sollten Sie aber nicht«, sagte er.
Am liebsten hätte ich ihn geohrfeigt. »Sie haben kein Recht, mir zu sagen, wie ich mich fühlen soll. Sie wissen überhaupt nichts über mich oder meinen Mann.«
»Ich weiß, dass Mitch losrannte, aber nicht aus Angst. Er wollte die serbische Patrouille von seiner verletzten Crew ablenken. Er machte sich selbst zur Zielscheibe, um die anderen zu retten. Ich spüre sein Pflichtgefühl, die Verantwortung, die er gegenüber seinen Leuten hatte.«
Ich begann zu zittern und bekam eine Gänsehaut. Swifts Worte klangen so einleuchtend. Mitch hatte die Pflicht immer an erste Stelle gesetzt, erst dann folgten ich, Julie und er selbst. Sein erster Instinkt wäre nicht der gewesen, die Flucht zu ergreifen, sondern seine Männer zu beschützen.
Aber wie konnte Swift das wissen? Wie konnte er überhaupt irgendetwas davon wissen. Nichts von dem, was ich ihm gesagt hatte, konnte diese Äußerungen erklären. Es war so, als sei er selbst im Kosovo gewesen. Oder … nein, das konnte ich nicht glauben. Mein Verstand sagte mir, es konnte so nicht sein. Aber emotional und körperlich kam
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