Mr Monk besucht Hawaii
»Werden wir morgen diese Unterhaltung auch in der Zeitung nachlesen können?«
»Das hier ist vertraulich«, erwiderte Swift. »Sie haben mein Wort.«
Er brachte uns zur Tür, und sobald wir das Haus verlassen hatten, flüsterte ich Monk zu: »Geht es Ihnen gut, Mr Monk?«
»Warum sollte es mir nicht gut gehen?«
»Er hat viele schmerzhafte Erinnerungen ans Tageslicht geholt.«
»Sie befinden sich immer dicht unter der Oberfläche«, gab Monk zurück.
»Mich wundert nur, dass Sie seine Fragen beantwortet haben.«
»Ich habe ihm nichts gesagt, was er nicht auch anderweitig in Erfahrung bringen könnte. Oder was er nicht längst weiß.«
»Und Ihre Gefühle?«
»Ich habe ihm nur von den Gefühlen erzählt, die jeder von mir erwartet.«
»Aber alles, was Sie gesagt haben, entsprach der Wahrheit.«
»Es war leichter als zu lügen.«
Wir gingen zu unserem Bungalow. Ich schloss die Tür auf, und wir begaben uns nach drinnen.
»Und was halten Sie von den Dingen, die er Ihnen gesagt hat?«, fragte ich.
»Ich möchte wissen, warum er mich unbedingt mit dem nächsten Flugzeug nach Brasilien schicken will.«
»Das ist doch klar. Swift weiß, wie sauer Sie auf ihn sind, weil er Sie benutzt hat, um sich selbst ins Rampenlicht zu stellen«, sagte ich. »Er fürchtet, dass Sie ihn als Schwindler entlarven werden.«
»Das werde ich ja auch«, meinte Monk. »Ich frage mich nur, ob das der einzige Grund ist.«
»Reicht das nicht?«
Monk zuckte mit den Schultern und sah die Deckenventilatoren an. »Sehen sie so aus, als würden sie sich gleich schnell drehen?«
23. Mr Monk geht zum Luau
Der abgeschiedene Luau-Garten war ringsum von Fackeln sowie von Kerzen beleuchtet, die man auf langen, aus Lauhala-Blättern gewebten Matten platziert hatte. Die Matten waren wie Teppiche auf der Rasenfläche ausgebreitet, in der Mitte fand sich jeweils ein großes Arrangement aus heimischen Blumen, Farnen und Ti-Blättern. Junge Hawaiianerinnen in Baströcken und Bikinioberteilen aus Kokosnusshälften legten weitere dieser Matten aus und stellten Calabash-Schüsseln mit Poi, Süßkartoffeln, tropischen Früchten und irgendeiner Art Fleisch darauf.
Auf der Bühne spielte eine hawaiianische Männer-Band in Baströcken, mit freiem Oberkörper und Maile-Leis um den Kopf. Ich verstand zwar nicht die Texte, denn sie sangen in der Sprache der Einheimischen, aber das Lied war so angenehm und einschläfernd, als würde man in einer Hängematte liegen und sich vom Wind sanft wiegen lassen.
Wir waren mit gut hundert anderen Gästen aus dem Hotel in den Garten gekommen, angeführt von einer Hawaiianerin, die so wie die anderen Frauen gekleidet war. In einem lockeren Kreis stellten wir uns um einen Sandhügel vor der Bühne.
Monk betrachtete die Matten und die Schüsseln mit Essen, die von den Frauen verteilt wurden. »Wo sind die Tische und Stühle?«
»Gibt es nicht«, sagte ich.
»Wo sollen wir dann essen?«
»Das Essen wird auf den Matten serviert.«
»Damit wir uns für jeden Bissen bücken müssen? Wozu soll das gut sein?«
»Wir setzen uns auf den Boden.«
Er sah mich an, um festzustellen, ob ich ihn auf den Arm nehmen wollte. » Sie setzen sich, ich bleibe stehen.«
»Gut.«
»Ich sehe nirgends ein Besteck.«
»Das kommt bestimmt noch«, meinte ich.
Unsere Gastgeberin stellte sich in die Kreismitte. Sie hatte langes schwarzes Haar und einen Bauch, der so flach war wie die Matten, von denen wir essen würden. Gedankenverloren strich ich unwillkürlich über meinen Bauch, und plötzlich bemerkte ich, dass es den anderen Frauen im Kreis nicht anders erging.
»Willkommen im Grand Kiahuna Poipu«, sagte sie. »Mein Name ist Kiki, ich werde Sie durch dieses Luau und durch die Geschichte von Hawaii führen, die wir Ihnen in Liedern und Tänzen erzählen werden.«
Sie erklärte, dass die Luaus in der Antike Feste der Hawaiianer waren, mit denen man große Ereignisse feierte und bei denen man mit den Göttern sprach. Bis vor rund 150 Jahren hießen sie noch Aha'ainas, dann glaubte ein europäischer Gast irrtümlich, das Wort »Luau« bezeichne das ganze Fest. Tatsächlich ist ein Luau ein Gericht aus Kokosmilch, Taro-Blättern und Huhn, doch der Irrtum wurde von anderen übernommen und ließ sich schließlich nicht mehr rückgängig machen.
Monk hob eine Hand, und ich musste in diesem Moment daran denken, als ich das letzte Mal in diesem Garten gestanden hatte, nämlich bei der Hochzeit von Candace. Ich tröstete mich damit,
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