Mr Monk besucht Hawaii
störte ihn nicht, da ich mir dachte, dass es ihm beim Nachdenken half. Stattdessen ging ich in unserem privaten Pool schwimmen und rief anschließend Julie an, um zu hören, was es zu Hause Neues gab. Schließlich ging ich ins Wohnzimmer, um Monk eine gute Nacht zu wünschen.
Er saß im Dunkeln da, sah auf den Patio hinaus und lauschte dem Meeresrauschen. Sein Rücken war durchgedrückt, und die Schultern hatte er gestrafft, als würde er draußen in der Dunkelheit etwas beobachten.
»Woran denken Sie?«, fragte ich.
»Als Trudy noch ein Baby war, hat ihre Großmutter ihr eine gelbe Decke gestrickt. In diese Decke wurde sie eingewickelt, und als sie die ersten Zähne bekam, lutschte sie an einer Ecke. Sie wurde älter, aber sie fühlte sich der Decke so verbunden, dass sie nicht ohne sie einschlafen konnte.«
»Das war ihre Schmusedecke. Jedes Kind hat so etwas. Ich hatte einen Plüschfuchs namens ›Foxy‹.«
»Trudy nannte ihre Decke ›Nachtinacht‹. Je älter sie wurde, desto mehr zerfledderte die Decke und franste aus. Ihre Eltern wollten sie ihr wegnehmen und durch eine neue, kleinere Decke ersetzen, doch Trudy wollte das nicht. Es gab keinen Ersatz für ihre Nachtinacht.«
»Wann hat sie sich von ihr getrennt?«, fragte ich.
»Niemals. Sie besaß sie immer noch, als ich sie kennenlernte, und sie behielt sie, solange wir verheiratet waren. Ich legte Nachtinacht mit in ihr Grab, damit sie sich immer sicher fühlen würde.«
»Wieso denken Sie jetzt daran?«
»Weil es das ist, was Trudy unverändert in mir auslöst. Sie ist meine Nachtinacht.« Monk seufzte, nicht traurig, sondern zufrieden. »Ich habe noch nie jemandem von der Decke erzählt, auch nicht, dass ich sie ihr ins Grab legte.«
»Ich bin froh, dass Sie es mir erzählt haben«, sagte ich und drückte seine Schulter. »Gute Nacht, Mr Monk.«
»Gute Nacht, Natalie.«
Ich ging zu Bett und ließ Monk mit seinen Erinnerungen und Träumen allein.
Ich wusste nicht, welche Erwartungen ich mit dem nächsten Morgen verbinden sollte. Wir hatten nur noch einen Tag auf Hawaii, und ich hoffte auf ein wenig Entspannung. Allerdings wusste ich auch, dass Monk nicht ruhen würde, solange er nicht Kamakeles Mörder gefunden und Dylan Swift als Betrüger entlarvt hatte. Was bedeutete, dass ich ebenfalls nicht ruhen würde.
Monk saß am Küchentisch, wo er gerade einen Brief zusammenfaltete, als ich hereinkam. Ich erkannte seine Schrift, die so perfekt war wie mit der Schreibmaschine getippt. Er steckte den Brief in die Innentasche seiner Jacke.
»Guten Morgen, Natalie. Haben Sie gut geschlafen?«
»Wie ein Murmeltier«, sagte ich. »Und Sie?«
»Ich habe einen Brief geschrieben«, erwiderte er.
Er brauchte zwanzig Minuten, um einen Kreditkartenbeleg zu unterschreiben, da wunderte es mich nicht, dass er für einen kompletten Brief die ganze Nacht benötigte.
»An wen?«
»Captain Stottlemeyer.«
»Das ist nett«, sagte ich. »Das wird ihm sicher gefallen.«
»Ich möchte auf dem Weg zum Frühstück den Brief gern notariell beglaubigen lassen«, erklärte er. »Meinen Sie, es gibt im Haus einen Notar?«
»Ich weiß nicht, aber eine Briefmarke sollte eigentlich genügen.«
»Ich möchte ihn lieber freistempeln lassen«, gab er zurück, dann gingen wir zur Tür.
»Was steht für heute an?«, fragte ich zurückhaltend.
»Wir genießen Hawaii.«
»Und der Mordfall?«
»Schon halb gelöst.«
»Und die andere Hälfte?«
Er tat meine Frage mit einer knappen Geste ab. »Die kommt schon noch.«
Ich war verblüfft. So gelassen war er noch bei keinem Fall gewesen.
»Und Swift?«, hakte ich nach. »Wollen Sie ihm nicht nachweisen, dass er ein Betrüger ist?«
»Das erledige ich später.«
Es war ja nicht so, als wollte ich ihn zum Ermitteln drängen, aber dieser radikale Wandel in seiner Persönlichkeit bereitete mir Unbehagen.
»Wie können Sie das nur so lässig sehen?«
»Ist das nicht der Sinn eines Urlaubs? Sie sollten das mal versuchen.«
»Sie haben doch nicht etwa wieder eine von diesen Tabletten genommen, oder?«
»Warum sollte ich? Außerdem spare ich mir das für den Heimflug auf.«
Ich beschloss, mein Glück nicht weiter auf die Probe zu stellen und stattdessen diesen Tag wirklich zu genießen.
Auf unserem Weg zum Restaurant machten wir einen Schwenk zur Rezeption, wo Tetsuo uns begrüßte. Das gesamte Personal stand noch immer unter Schock, und es wurde überlegt, das Luau ganz abzuschaffen.
»Ich halte das für eine gute
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