Mr Monster
Normale Jugendliche verabredeten sich. In gewisser Weise war ich es mir sogar schuldig, ein Date zu vereinbaren.
Ich legte meine Hand auf eine andere Stelle des Bauchs und führte den Trokar vorsichtig ein, um ein weiteres Organ zu punktieren. Ja, ich würde Brooke zu irgendetwas einladen.
In gewisser Weise war ich es auch ihr schuldig.
Die ganze Nacht versuchte ich, einen Plan zu entwickeln, auch in der Schule zermarterte ich mir noch den ganzen Tag über das Gehirn. Ich musste behutsam vorgehen und im richtigen Augenblick das Richtige sagen. Am besten wäre es wohl, ein paar Tage zu warten und dann mit etwas aufzuwarten, das perfekt passte. Wie Sie sicher bemerkt haben, neige ich nicht zu überstürzten Handlungen.
Auf dem Heimweg schwieg Brooke, was mir sonst ganz recht war, doch an diesem Tag machte ich mir Sorgen. War sie traurig oder wütend? An der nächsten Ecke sah ich mich sorgfältig um und erhaschte einen Blick auf sie. In der Sonne erstrahlte ihr Haar wie ein weißer Heiligenschein. Was hätte ich darum gegeben, dieses Haar einmal zu streicheln! Der Gedanke ängstigte mich.
Ein paar Ecken vor unserer Straße sagte sie dann doch noch etwas. »Glaubst du, der Killer ist wieder da?«
»Meinst du wegen der Toten? Ich … also … nein, es scheint nicht derselbe Täter zu sein. Das Opfer gehört einer anderen Gruppe an, und die Methoden sind anders. Du hörst ja, was sie in den Nachrichten sagen. Vermutlich ist es nur ein ganz gewöhnlicher Mord.«
Brooke tippte leise mit dem Finger ans Fenster. »Aber wenn es nun doch ein und derselbe ist?« Wieder tippte sie auf die Scheibe. »Was tätest du da?«
»Ich würde … na ja … wenn er tatsächlich wieder da wäre, dann könnte ich wohl nicht viel tun. Einfach weiterleben vielleicht … ganz normal weiterleben.«
»Und wenn er wieder hierherkommt?«
Wir bogen um eine Ecke, und ich konnte noch einmal kurz ihr Gesicht sehen – schmal und zart, aufmerksame Augen, der geschlossene Mund mit den schmalen Lippen. Sie blickte mich unverwandt an, aber was dachte sie? In ihren Augen lag ein Gefühl, doch welches Gefühl war es? Sie war für mich ein Rätsel. Wie sollte ich mich ihr verständlich machen, wenn ich nicht einzuschätzen wusste, wie sie es aufnahm?
Einsam und düster tauchte vor uns das Haus der Crowleys auf. Alle Erinnerungen erwachten wieder – eine dunkle Nacht voller Gewalt und dann der Sieg. »Wenn der Clayton-Killer zurückkommt«, sagte ich, »und wenn er jemanden angreifen sollte, den ich kenne, dann würde ich ihn bekämpfen.« In diesem Moment war ich ehrlicher als sonst. Warum? Wieder erhaschte ich unwillkürlich einen kurzen Blick auf Brookes Gesicht. Sie sah mich an, hörte zu. Es war wie ein Rausch. »Wenn es um die Frage ginge, ob er überleben soll oder wir, um töten oder getötet werden, dann würde ich ihn töten. Wenn ich damit jemanden retten könnte, dann würde ich ihn töten.«
»Oh«, machte Brooke.
Ich hielt vor ihrem Haus. Wir wohnten nur zwei Häuser weiter, doch ich wollte nicht, dass sie zu Fuß ging, wenn ich sie ebenso gut direkt vor der Tür absetzen konnte. Gern hätte ich noch mehr Zeit gehabt, doch ich wusste nicht, wie ich darum bitten sollte.
Brooke bewegte sich nicht. Was dachte sie über mich? Über meine Worte? Die Spannung nahm zu, bis ich total nervös wurde. Eigentlich dauerte es höchstens zwei Sekunden. Ich drehte mich zu ihr um, starrte aber den Türgriff an, ohne ihr Gesicht und ihren Körper wahrzunehmen.
»Es ist doch verrückt«, sagte sie, als hätte mein Blick sie dazu herausgefordert. »Da lebst du in einer Kleinstadt wie dieser und glaubst, du bist hier sicher, aber dann passiert so etwas, und das sogar in der Straße, in der wir wohnen. Als wäre ein Horrorfilm Wirklichkeit geworden. Als ich erfuhr, was geschehen war, bekam ich Angst, aber ich befand mich dreißig oder fünfzig Meter entfernt. Du warst mittendrin.« Sie hielt inne, und ich starrte schweigend die Tür an. »Erst wenn man es tatsächlich erlebt, weiß man auch, wie man in einer solchen Situation reagiert«, fuhr sie fort. »Ich glaube, ich fühle mich einfach … ja, ich fühle mich sicherer, seit ich weiß, dass Menschen wie du bereit sind, das Notwendige zu tun. Das Richtige zu tun. Verstehst du das?«
Ich nickte langsam. »Ja.« Damit hatte ich nicht gerechnet.
»Kannst du was damit anfangen?«, fragte sie. Ich spürte, dass sie mich anstarrte, deshalb legte ich meine Regel etwas großzügiger aus und erwiderte
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