Mr Monster
flüstern, dass es gar nicht gut war.
Das ist verrückt, dachte ich. Sonst drängt mich die Stimme, ich solle Brooke verfolgen, und ich sage ihr, sie soll still sein. Komisch.
DREIZEHN
Hinter unserem Haus schichtete ich zwischen den Bäumen ein Häufchen kleiner schwarzer Grillen auf, die wild mit den Flügeln flatterten, und daneben ein Häufchen mit winzigen Grillenbeinen, die aussahen wie Plastikschnitzel. Die beinlosen Tiere wanden sich hilflos und wackelten mit den Bäuchen, als wären es kleine Stummelfinger. Hektisch flatterten sie mit den Flügeln und kämpften im Dreck gegen die Schwerkraft an. Anscheinend brauchten sie die Beine, um hochzuspringen und aufzufliegen. Es war ein faszinierender Anblick.
Zuerst hatte ich angenommen, die Beinstummel würden bluten oder irgendeine Flüssigkeit absondern, die Grillen eben in sich hatten, doch die Gelenke brachen ab wie die Blütenblätter einer Blume. Es gab keine Wunden.
Ich begrub den wimmelnden Haufen und wischte mir die Hände ab. Es wurde Zeit, mich auf den Abend vorzubereiten.
Aus einer ganzen Reihe von Gründen drohte Brooke von meiner Seite keine Gefahr. Zuerst einmal waren da meine Regeln: Sie hinderten mich daran, irgendetwas zu tun, das ich nicht tun sollte, und inzwischen hatte ich sie vier Tage lang ohne einen einzigen Ausrutscher befolgt. Der zweite Grund hatte mit dem ersten zu tun. Es war die schlichte Tatsache, dass Mom den ganzen Tag nicht zu Hause gewesen war. Sie hatte erst Margaret und dann Lauren besucht, um Letztere doch noch zu überzeugen, die Misshandlung anzuzeigen. Ich hatte alles fortgeschoben und an angenehme Dinge und beruhigende Mantras gedacht. Eins, eins, zwei, drei, fünf, acht, dreizehn, einundzwanzig. Ich war mit mir im Frieden. Von einem friedlichen Geist hatte Brooke nichts zu befürchten.
Der dritte Grund waren natürlich die Grillen. Alle Gewaltneigungen, die ich vielleicht hatte, waren befriedigt und erledigt und mit den Grillen in der Erde vergraben worden. Mr. Monster war glücklich, ich war glücklich, die Welt war glücklich.
Im Wäldchen hinter unserem Haus hielt ich inne. Brookes Haus stand ein Stück entfernt links von mir, ich konnte gerade eben das Dach erkennen. Im Winter hatte ich viele Stunden in diesem Gehölz verbracht und mich hinten auf einem Baum versteckt, um durch ihr Fenster zu spähen. Da sie aus dieser Richtung nicht mit Beobachtern rechnete, schloss sie nie die Vorhänge. Unsere Straße lag am Stadtrand von Clayton, und hinter unseren Häusern gab es nichts außer einem zwei oder drei Quadratkilometer großen Wald.
Natürlich hatte ich bald wieder damit aufgehört, denn es war zu gefährlich, so oft über Brooke nachzudenken. Ich war ihr sogar geflissentlich aus dem Weg gegangen. Das hatte sich jetzt geändert. Ich verbrachte mehr Zeit mit ihr, und sie wollte das auch. Ich konnte an sie denken, ohne Schuldgefühle zu bekommen, und hatte immer noch meine Regeln, also konnte nichts passieren.
Allerdings gab es mindestens eine Regel, die ich unbedingt ändern musste. Es kam mir dumm vor, dass ich es mir bei unserem letzten Treffen nicht erlaubt hatte, ihr T -Shirt zu betrachten. Nicht, dass ich ihre Brüste anstarren wollte oder so, aber ich wollte doch wenigstens wissen, welches Oberteil sie trug. Daran war nichts Falsches.
Jetzt stand ich hinter ihrem Haus, das etwa fünfzig Meter entfernt hinter den Bäumen aufragte. Von hier aus sah ich ihr Fenster, doch es war draußen zu hell, um im Innern etwas zu erkennen. Außerdem war ich sowieso nur zufällig vorbeigekommen. Wenn ich allerdings einen Blick in ihr Zimmer werfen konnte, erführe ich, was sie anziehen wollte, und konnte mir dazu passende Sachen aussuchen. Ich hatte keine Ahnung, was wir vorhatten – war gute Kleidung angesagt? Oder eher alte Klamotten? Oder irgendetwas dazwischen? Gut möglich, dass ich mich völlig falsch anzog, was die ganze Verabredung verderben konnte.
Tu das nicht.
Hinter einem der unteren Fenster bemerkte ich eine Bewegung. Ein rascher Blick nur – ich wollte sie ja nicht verfolgen wie früher. Ein schneller Blick war kein Stalking. Ich war eben nur zufällig in der Nähe, und wenn ich erfahren wollte, was sie trug, konnte das doch nicht schaden. Es wäre sogar gut. Sie würde sich vielleicht total unwohl fühlen, wenn ich mit den falschen Sachen auftauchte oder Farben trug, die sich mit ihren bissen. Eigentlich war ich es ihr sogar schuldig, mich schlauzumachen. Schließlich war die Initiative von ihr
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