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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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war, die ich früher einmal empfunden hatte: zu Hause in der Küche, als ich ein Messer in der Hand gehabt hatte und meine Mutter vor Angst zurückgewichen war. Damals waren wir nicht mehr zwei Menschen gewesen, sondern ein überwältigendes Gefühl hatte uns in Körper und Geist vereint. Angst. Wir hatten uns gemeinsam bewegt und die Gefühle geteilt, gemeinsam zwei Seiten ein und derselben Gedanken gedacht. Es war eine reine, ungezügelte Flut von Emotionen gewesen. Eine tiefe Verbindung, wie Soziopathen sie eigentlich nie erleben konnten. Ich hatte sie gefühlt, und es war realer und stärker gewesen als alles andere, was ich je empfunden hatte.
    Hier hätte das Gleiche geschehen sollen. Es hätte sogar besser sein sollen, doch das war es nicht. Genau das war der Makel. In allen meinen Träumen von Brooke hatten wir die gleiche intensive Verbindung gespürt, und jetzt, da der Moment gekommen war, empfand ich nichts. Warum nicht? Hatte ich etwas falsch gemacht? Oder Brooke? Jetzt blickte ich sie an, und sie erwiderte den Blick, allerdings nicht mehr fröhlich, sondern besorgt. Ihr Mangel an Gefühlen weckte meinen Zorn, denn ich fürchtete, sie könnte die ohnehin schon dünne Verbindung endgültig auflösen, doch ich beruhigte mich. Sie spürte einfach nur den gleichen Makel wie ich. Da ich jetzt wusste, was fehlte, konnte ich für das nächste Mal entsprechende Vorkehrungen treffen und es ans Licht bringen. So leicht, als würde sich ein Knoten in den Haaren lösen.
    Händchenhalten reichte anscheinend nicht. Ich brauchte mehr.
    »Ich kann es nicht glauben«, sagte Brooke tonlos. »Ich glaub es nicht.«
    Meinte sie etwa mich? Nein, sie sah mich überhaupt nicht mehr an, sondern bezog sich auf das Fernsehen. Alle Gäste starrten jetzt hinüber, stumm und bleich wie Leichen.
    Auch ich wandte mich um und ahnte schon, was ich sehen würde.
    »Die Polizei erklärte, die Tote sei noch stärker entstellt als die ersten drei«, berichtete der Reporter, »sie wurde jedoch unter ähnlichen Umständen gefunden. Bisher hat die Polizei noch keine Einzelheiten veröffentlicht, bittet jedoch dringend um Hinweise und Informationen. Sie, die Einwohner von Clayton County, sind jetzt die Einzigen, die diesen Killer aufhalten können.«

VIERZEHN

»Zweimal das Gleiche.« Brooke blieb auf der Veranda stehen. Zwei Verabredungen, und beide Male wurden Leichen gefunden. »Trotzdem danke, dass du mitgekommen bist. Willst du noch ein drittes Mal riskieren?« Sie lächelte unsicher.
    »Aber klar.« Ich schob das Bild ihrer im See treibenden Leiche fort. »Das war nur ein blöder Zufall.«
    »Ein schrecklicher Zufall«, stimmte sie zu. Wir schwiegen für einen Moment. »Wir sehen uns dann morgen.«
    »Ja, bis morgen.«
    Sie schloss auf, ging mit der Tasche voller Touristenzubehör hinein, und ich kehrte auf wackligen Beinen zum Auto zurück. Ein neues Opfer, eine neue Botschaft vom Killer. Was wollte er mir mit dieser Leiche sagen? Ich musste mehr erfahren.
    Aus dem Fernsehen wusste ich, dass Forman am Tatort gewesen war. Er war am besten informiert, aber wie konnte ich ihn überreden, sein Wissen mit mir zu teilen? Er hatte mich schon einmal um Hilfe gebeten, und vielleicht nähme er sie jetzt als Gegenleistung für Informationen an. Selbst wenn ich mich nur auf der Wache herumtrieb, konnte ich vielleicht schon etwas in Erfahrung bringen. Es gab nur einen Weg, mir blieb nichts anderes übrig. Die Ungewissheit machte mich verrückt.
    Also stieg ich ein, wendete und fuhr in die Stadt zurück. Forman war vermutlich noch am Tatort, aber irgendwann musste er zur Wache zurückkehren, um Berichte zu schreiben und Beweismittel einzuordnen. Wenn nötig, würde ich die ganze Nacht warten.
    Von außen wirkte die Polizeiwache düster und verlassen. Mit Interesse bemerkte ich allerdings, dass in Formans Büro das Licht brannte. Auch der Eingang war beleuchtet. Drinnen entdeckte ich Stephanie, die mit müdem, gehetztem Gesicht mit den Telefonhörern jonglierte. Ich trat ein und wartete auf eine Pause zwischen ihren Anrufen, doch sie sah mich nur kurz an und winkte mich zu Formans Büro weiter. Die Tür stand einen Spaltbreit offen, und ich trat ein.
    »Hallo?« Forman blickte vom Schreibtisch auf, er wirkte ebenso gehetzt und übermüdet wie Stephanie. Sein Notizblock war voller Kringel, dunkel und mit hohem Druck gemalt. Mom machte es genauso, wenn sie kein Ventil für ihren Stress fand. Anscheinend setzte ihm die neue Leiche mächtig zu.
    »John.«

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