Mr Monster
überhaupt nicht mehr abwesend, sondern konzentrierte sich völlig auf mich. Anscheinend war meine Munition verbraucht, und nun war er an der Reihe.
Genau das war meine Absicht gewesen. Er hörte mir interessiert zu und redete mit mir. Genau wie er es vorher mit mir gemacht hatte, stellte ich ihm Fragen, um seine Gedanken in die richtige Richtung zu lenken. »Worin könnte diese Beziehung denn bestehen?«
»Die einzig logische Erklärung lautet, dass sich ihre Wege gekreuzt haben«, erklärte er. »Ein Killer trifft den anderen, sie nehmen einander als Spiegelbilder wahr, und nur einer der beiden überlebt. Vielleicht ein Revierkampf, vielleicht ein Zufall, vielleicht etwas ganz anderes. Genau das herauszufinden ist mein Job.«
Mir lief es kalt den Rücken hinunter. Er hatte mich beschrieben, wenngleich so ungenau, dass er mich kaum erkennen konnte. Jedenfalls war er meinem Geheimnis näher gekommen, als ich je vermutet hätte. Die Besessenheit, mich mit den neuen Opfern zu befassen, wich schlagartig dem verzweifelten Bemühen, mich selbst zu schützen. Ich musste herausfinden, was er über den Killer wusste und vermutete.
»Gibt es denn Beweise, die Ihre Theorie stützen?«, fragte ich. »Oder war das ein Schuss ins Blaue? Serienmörder haben genau definierte Verhaltensmuster. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass der Typ, der den großen männlichen Clayton-Killer tötete, sich auf einmal auf zierliche Frauen stürzt.«
»Der erste Mord eines Serienmörders geschieht häufig durch einen Zufall«, erwiderte Forman. »Möglich, dass die Gegenwart des ersten Killers beim zweiten eine bereits vorhandene Psychose zum Ausbruch brachte, woraufhin zwischen ihnen ein Konflikt entstand. Als sich der Staub wieder gelegt hatte, war der erste Killer tot und der zweite geboren. Die folgenden Morde plante und führte er viel sorgfältiger aus. Die späteren Opfer passten dann natürlich auch besser zu der erwachten Psychose des neuen Mörders.«
Er war ganz nahe daran, mich mit allem in Verbindung zu bringen. Das Profil beschrieb mich erschreckend genau. Warum hatte er die Verbindung noch nicht hergestellt? Weil es vier neue Leichen gab, mit denen ich nichts zu tun hatte. Andererseits ermittelte er schon seit Monaten, und die verwirrenden neuen Leichen waren erst vor wenigen Wochen aufgetaucht. Es musste noch mehr dahinterstecken – etwas, das vor Monaten geschehen war und ihn davon abgebracht hatte, mich zu verdächtigen.
Aber natürlich. »Sie haben noch eine fünfte Leiche gefunden. Oder die erste, könnte man eher sagen. Schon vor Monaten, vielleicht schon im Januar, haben Sie ein weiteres Opfer desselben Killers gefunden.« Das passte haargenau – er war diesem neuen Killer viel länger auf den Fersen, als ich ahnte, weil er und seine Leute schon vor einer Weile auf ihn aufmerksam geworden waren. »Aus irgendeinem Grund haben Sie das geheim gehalten.«
Agent Forman lächelte.
»Du kommst dir wohl sehr klug vor, weil du jetzt vermutest, es gebe noch ein weiteres Opfer.« Er zog eine Schublade seines Aktenschranks auf. »Du hast die Einzelteile zusammengesetzt und bist selbst darauf gekommen. Das ist interessant. Jeder andere wäre zu einer völlig anderen Schlussfolgerung gelangt.« Er zog eine Pistole aus der offenen Schublade und legte sie sachte auf den Tisch. »Nach der Einsicht, der Clayton-Killer müsse tot sein, hätten die meisten an deiner Stelle gefolgert, wir hätten seine Leiche gefunden. Das ist dir aber überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Warum nicht, John?«
Denk nach. Er muss an alles denken, nur nicht an mich.
»Wenn Sie den Clayton-Killer gefunden hätten, dann hätten Sie es der ganzen Welt mitgeteilt.« Ich bemühte mich, langsam und ruhig zu atmen. »Er war ständig in den Nachrichten, alle haben darauf gewartet, dass er endlich gefasst würde. Hätten Sie seine Leiche gefunden, dann hätten Sie das nie geheim halten können.«
»Das Wesentliche an Soziopathen ist die Tatsache, dass sie viele Emotionen nicht haben – wie etwa Schuldgefühle –, während andere Gefühle, und dazu zählt die Angst, sehr stark ausgeprägt sein können. Sie tun nicht nur so, sondern empfinden intensive Angst, die sogar ihr Leben bestimmt. Nun sag mir, John: Warum hast du Angst bekommen, als ich dir mitteilte, ich sei einem zweiten Killer auf der Spur?«
Woher wusste er, was ich empfand? Nicht einmal meine Mutter verstand mich so gut. »Da hätte doch jeder Angst«, erwiderte ich. »Der letzte Killer
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