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Mr Nanny

Mr Nanny

Titel: Mr Nanny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Peterson
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wie ich in meine Kleidung schlüpfte, und reckte ihr Kinn. Aber ich wusste, dass sie zu müde war, um sich weiter mit mir zu streiten. Ich nahm sie auf den Arm, wo sie ihr müdes Köpfchen auf meine Schulter sinken ließ, und brachte sie in ihr Zimmer. Sie roch so süß nach Kleinkind, ihr Babyshampoo, die Lotion. Es dauerte nicht lange und sie war eingeschlafen, obwohl sie sich dagegen zu wehren versuchte.
     
    Der weiß behandschuhte Liftboy drückte auf den obersten Knopf des ganz mit Mahagonipaneelen ausgestatteten Lifts und starrte dann höflich ins Leere, während wir nach oben schwebten, zu Susannah Briarcliffs und Tom Bergers Luxuspenthouse.
    Ich legte rasch noch etwas Lipgloss auf und schob dann die Hand in mein rechteckiges Abendtäschchen, um mein Handy auf Vibration zu schalten.
    »Phillip, Handy ausmachen.« Er tat es mit einem Zwinkern, das besagte: Wir wollen uns doch nicht vor Susannah blamieren. Dann glitt sein Blick prüfend an mir hinab. Ich trug einen dunkellila Samtanzug, dazu einen schwarzen, eng anliegenden Pullover, schwarze High Heels und einen Gürtel aus vergoldeten Kettengliedern, der gut zu meiner Abendtasche passte. Ich fand, ich hatte meine Sache nicht schlecht gemacht, wenn man bedachte, wo ich mit meinen Gedanken gewesen war.
    »Was?«, fragte ich gereizt und rückte ein verdrehtes Kettenglied gerade.
    »Du... du siehst so... so... nicht unscheinbar, aber....« Wie nett, dass er geruhte, mich überhaupt anzuschauen. Er schien enttäuscht zu sein - als würde sich meine »unscheinbare« Erscheinung negativ auf sein Ansehen bei Susannah auswirken. Tatsächlich wusste ich genau, dass er das dachte. »Susannah ist immer so... fantasievoll gekleidet. Sexy Outfits in kräftigen Farben. Ich wünschte, du würdest das auch öfter machen. Frag sie doch nächstes Mal um Rat.«
    »Das tue ich doch sowieso die ganze Zeit.« Gott, das war so demütigend. Den Society-Ladys konnte ich es nicht recht machen. Und meinem Mann auch nicht. »Du weißt, wie schwer es mir fällt, mich richtig zu kleiden. Manchen ist ein Gefühl für Stil angeboren. Mir leider nicht.«
    Was Phillip in Wahrheit sagen wollte, war, er wünschte, er hätte jemanden wie Susannah geheiratet. Phillip und Susannah kannten sich seit ihrer Kindheit, entstammten beide dem alten New Yorker »Adel«, der seine Wurzeln bis auf die Mayflower zurückführte - was allerdings jeder alteingesessene, weiße, protestantische Grid -Bewohner von sich behauptete. Susannahs Ehemann, Tom, hätte nicht unterschiedlicher sein können. Er war zehn Jahre älter als sie und trug eine Albert-Einstein-Brille mit dünnen Gläsern, die gut zu seinem graumelierten Haar passte. Er war Chefredakteur der Auslandsnachrichten der New York Times und als Sohn jüdischer Eltern in Scarsdale, New York, aufgewachsen. Beide Eltern waren ebenfalls Journalisten gewesen. Susannah hatte Tom bei einer Vorlesung über Nahostpolitik kennen gelernt, als sie an der Columbia-Universität studierte. Sie war damals Mitte zwanzig gewesen. Ihren Eltern, insgeheim entsetzt darüber, dass sie einen Juden heiratete - wenn auch einen äußerst angesehenen -, gelang es, Susannah zumindest davon zu überzeugen, ihren Mädchennamen beizubehalten. Es war schlimm genug, dass ihre Enkelkinder den Namen »Berger« tragen würden. Tom kümmerte ihr Antisemitismus nicht - er wusste, dass sich Leute wie sie nie änderten. Auch half es, dass sie, kaum war der Goldring am Finger ihrer Tochter, eine Million Dollar auf ein gemeinsames Ehegattenkonto überwiesen.
    Als Susannah in einer weiten, orangefarbenen Palazzohose, dazu passender Federboa und einem elfenbeinfarbenen Tanktop die Tür aufriss, sprang ihr Phillip förmlich in die Arme.
    »Wir freuen uns ja soooo über deine Einladung!«, schwärmte er übertrieben, nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie zärtlich auf den Mund. Was ich höchst unpassend fand. Und da war es wieder, dieses altvertraute Unbehagen, dieses Gefühl des Ausgeschlossenseins.
    »Kommt doch rein!«
    Im Grid gab man Dinnerpartys nie bloß zum Vergnügen, um sich mit Freunden auf einen Plausch zu treffen, nein, es musste immer einen »Anlass« geben. Das konnte ein aufstrebender junger Autor sein, der soeben sein erstes Buch veröffentlicht hatte. Oder ein Arzt, der auf ein Heilmittel gegen Malaria gestoßen war. Oder ein junger, schwarzer Kongressabgeordneter, der natürlich viel interessanter war als die üblichen langweiligen weißen, alteingesessenen Senatoren.

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