Mr. Postman
Decke aufgeschlagen war.
Ein Vorhang verbarg das Fenster, und von einem Beistelltisch hob sich der mit Eis gefüllte Kühler ab. Daraus schaute der Hals einer Champagnerflasche hervor. Alles war angerichtet und erinnerte an eine Seifenoper oder an eine Schmierenkomödie.
Nur nicht an die Brutalität des Augenblicks, die der Eindringling für sich buchte. Er hatte die Gewalt über sein Opfer bekommen und handelte auch danach. Er stieß Lilian weiter, die diesem Druck einfach folgen musste und immer weiter mit steifen, abgehackten Schritten zurückging, bis sie die Nähe des Bettes erreicht hatte.
Genau darauf hatte der andere gewartet. Es war exakt der Punkt, und er stieß Lilian Evans brutal nach hinten. Zum Glück prallte sie nicht hart auf, denn die weiche Matratze federte ab. Aber sie blieb auf dem Rücken liegen. Der Seidenmantel klaffte auf. Zwei dunkle Augenschächte schienen auf die nackte Frau zu glotzen.
Dieser wahr gewordene Alptraum stand vor ihr und beugte sich nach vorn. Lilian wollte es noch immer nicht wahrhaben. Sie glaubte es nicht.
So etwas konnte es einfach nicht geben, aber diese Gestalt existierte wirklich. Sie hatte sie sogar berührt, und noch jetzt spürte Lilian die Nachwirkungen seiner Knochenhand an ihrer Kehle, denn dort brannte die Haut.
Er sagte nichts. Er starrte sie nur an.
Auch die Mütze nahm er nicht ab. Wie sperriges Stroh wuchsen zu beiden Seiten die Haare nach unten und standen an ihren Enden vom Kopf ab. Das Maul war ebenfalls weit geöffnet. Auf dem Gebein hatten sich dunkle Blutfäden festgefressen.
Noch weiter zog sich der Mund in die Breite. Dabei entstanden leise, knirschende Geräusche. Knochen brachen. Es zeigten sich wohl Risse an den Enden, und aus den Löchern drang ein fürchterlicher Gestank, den Lilian nicht einordnen konnte.
Sie atmete unnormal heftig. Mehr ein Schlucken und Schluchzen. Es war eine bestimmte Situation eingetreten. Sie spürte genau, dass ihr dieser makabre Briefträger eine Botschaft übermitteln wollte, und sie hatte sich auch nicht getäuscht.
Er sagte etwas. Es war schwer, ihn zu verstehen, da seine Worte mehr mit einem Krächzen unterlegt waren. Sie hörte Begriffe wie betrügen, fremdgehen und Strafe. Dass alle, die das taten, den Tod verdient hatten und ihn auch bekommen würden.
Zwar hatte Lilian alles gehört, auch die Hälfte von dem verstanden, trotzdem waren die Erklärungen an ihren Ohren vorbeigerauscht. Es war alles zu unwirklich. Sie fühlte sich auch nicht wie jemand, der bestraft werden musste. Lilian hatte bei allem, was sie tat, einfach nur an sich gedacht, weil es ihr auch gut gehen sollte.
Es war noch nicht vorbei. Das Skelett veränderte seine Haltung kaum, als es den rechten Arm bewegte und die Hand in die Tasche der Uniformjacke steckte. Da sich darin die Finger bewegten, bewegte sich auch der Stoff, und Lilian sah, dass er nach etwas fasste. Ein Gegenstand, den er dann langsam hervorholte. Sie hatte sich schon auf einiges eingestellt, erschrak trotzdem zutiefst, denn sie schaute auf die kalte und blanke Klinge eines Messers.
Es war breit. Es war nicht einmal besonders spitz, aber vor diesen Waffen hatte sie sich immer gefürchtet. Und jetzt, als das Skelett seinen Arm anhob, da wurde die Furcht zu Todesangst, die alles überschwemmte.
Wie durch eine Glocke hörte sie die Gestalt sprechen. »Untreue Hausfrauen müssen sterben…«
Nichts, gar nichts konnte sie tun. Nicht einmal den Arm bewegen und ihn in die Höhe strecken. Die Todesangst hatte Lilian Evans gelähmt.
Steif und wie eingefroren lag sie auf dem Bett.
»Müssen sterben…«, wiederholte er.
»Nein!« schrie die Frauenstimme…
***
Glenda stand an der Tür. Sie hatte das Haus betreten und nicht lange zu suchen brauchen. Die Geräusche hatten ihr den Weg in die richtige Richtung gewiesen. Jetzt stand sie auf der Schwelle und starrte auf das, was sich da abspielte.
Es war die Vorstufe zu einem schrecklichen Mord gewesen. Die hilflose Frau auf dem Bett, die unheimliche Knochengestalt über ihr.
Das Messer mit der langen Klinge, schlimmer konnte ein Bild einfach nicht sein. Glenda hätte geschossen, aber wer trägt schon eine Waffe bei sich, wenn er zu einer Freundin geht?
Sie gehörte nicht dazu, und sie hatte auch keine andere Waffe entdeckt, um sich zu verteidigen. Es blieb ihr nur die Stimme und hoffentlich die damit verbundene Überraschung.
»Nein!«
Mehr als dieses eine Wort hatte Glenda Perkins nicht hervorgebracht.
Sie wollte damit
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