Mr. Postman
nicht aus dieser Gegend. Die wäre auch zu teuer.«
»Da haben Sie recht.« Glenda schaute auf die Uhr, und ihr Blick war Lilian nicht verborgen geblieben.
»Sind Sie in Eile? Oder vermissen Sie jemanden?«
»In Eile bestimmt nicht. Ich vermisse John Sinclair, meinen Kollegen. Er hätte schon längst zurück sein müssen.«
Lilian schluckte. Sie wurde fahrig und bewegte ihre Handflächen entsprechend unruhig über die Decke hinweg. »Ob da etwas passiert ist?«
»Hoffentlich nicht.«
»Aber dass wir uns getroffen haben, war doch mehr ein Zufall, nicht wahr?«
»Das stimmt. Ich wollte eine Freundin besuchen, die hier in der Nähe wohnt. Muriel Drake.«
»Ach, die kenne ich. Muriel und ich haben uns hin und wieder in einem Café hier in der Nähe getroffen. Sie hat ein süßes Kind.«
»Ja, ich weiß.«
»Haben Sie Muriel schon angerufen?«
»Nein, noch nicht.«
»Wäre aber besser.«
Glenda lächelte schmallippig. »Es ist etwas spät geworden. Ich werde mich morgen bei ihr entschuldigen. Außerdem wird ihr nicht verborgen geblieben sein, was hier geschehen ist. Sie haben trotzdem recht, Lilian, allmählich könnte John Sinclair hier erscheinen, denn ein Supermann und unverletzbar ist er auch nicht…«
»Denken Sie an den Killer, Glenda?«
»Leider ja…«
***
Der Schrei war schlimm gewesen!
Er hatte mich gewarnt, mich angetrieben wie durch einen Treibsatz.
Von diesem Moment an war alles egal. Ich konnte keine Rücksicht mehr nehmen und hoffte natürlich, den Killer stellen zu können. Der Weg war nicht weit. Nur hatte ich ungünstig gestanden. Vor mir bauten sich noch zu viele Fahrzeuge auf. Ich musste sie umkurven, denn an der rechten Außenseite der Garagen entdeckte ich das Loch. Da war die Tür offen.
Auf dem Weg dorthin ›meldete‹ sich mein Kreuz. Es war der kurze Wärmestoß, der von ihm über meine Brust glitt. Somit stand für mich fest, dass ich es mit einem schwarzmagischen Gegner zu tun hatte und nicht mit einer Person, die sich als Skelett verkleidet hatte oder wie auch immer dazu gekommen sein mochte.
Um die Autos herumkurven. Die Waffen ziehen. Mit möglichst schnellen Schritten laufen. Der Schrei hatte sich nicht wiederholt. Er war auch nicht sehr langgezogen gewesen. Eher kurz und heftig, aber die Skala der Gefühle war darin schon zu hören gewesen. Entsetzen, Angst, was auch immer. In der Garage musste es zu einem Kampf auf Leben und Tod gekommen sein. Ich hatte auch kein schlechtes Gewissen, als ich über die Kühlerhauben zweier Autos lief. Es war der kürzeste Weg, und nach dem nächsten Sprung, den ich beim Aufprall gut abfederte, gelang mir der erste Blick in die Garage.
Dort stand ein dunkler Wagen, der sich bewegte. Da eine Tür offen stand, brannte auch die Innenbeleuchtung. Ich erkannte, dass sich jemand im Auto befand.
Einen Körper sah ich. Es war kein Skelett. Ein Mensch mit heller Haut. Vielleicht sogar nackt. Der Mann bewegte sich. Er wurde bewegt.
Ich lief noch, als man ihn aus dem Fahrzeug zerrte. Er wehrte sich nicht, und der Raum zwischen Auto und Wand war verdammt schmal.
Der Körper prallte gegen die Wand. Der Mann selbst schrie nicht. Das tat die zweite Person im Auto. Es war auch kein Schreien, mehr ein Jammern, das durch die Garage wehte. Eine Frau stieß es aus. Sie hatte noch das Glück, im Wagen bleiben zu können. Nicht aber der Mann. Er wurde von kräftigen Händen in die Höhe gezerrt, aber derjenige, der das tat, stand hinter ihm. Ich konnte ihn nicht sehen, lief trotzdem weiter - und sah plötzlich, wie sich der Mann bewegte.
Er tat es nicht freiwillig. Der andere hatte ihm einen heftigen Stoß gegeben. Wie vom berühmten Katapult geschleudert, wirbelte er auf mich zu. Die Distanz zwischen uns war schon zu klein geworden, mir war es deshalb unmöglich, auszuweichen. Er prallte gegen mich.
Ich hatte ihn wie einen hellen Schatten kommen sehen. Nur hatte dieser Schatten plötzlich Masse bekommen, die mich von den Beinen riss. Zwar ruderte ich noch mit den Armen, es war jedoch unmöglich, Halt zu finden. Zudem sah mich der Fremde instinktiv als letzte Rettung an. Es gelang ihm sogar, sich an mir festzuklammern, und sein Gewicht hing plötzlich an mir.
Ich wollte ihn wegschleudern, weil ich noch mitbekam, was weiterhin geschah. Ein anderer hatte die Garage verlassen. Er lief an den anderen Toren entlang. Durch meine Ablenkung war es ihm gelungen, die Flucht zu ergreifen.
Der Mann, den ich hielt, blutete. Er war tatsächlich nackt. Sein
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