Mr. Shivers
Die beiden Männer erhoben sich und sahen sich an, dann fingen sie an, die Gegend abzusuchen.
Irgendwie wusste Connelly, wo er sein würde. Er ging zu dem ausgetrockneten Flussbett, dann folgte er seinem Verlauf. Er entdeckte ihn auf einem großen, roten Felsen sitzend; seine zusammengesunkene Gestalt war zur Seite gesackt, als wäre er betrunken. Connelly näherte sich ihm langsam.
Es war keine saubere Arbeit. Das kleine Stück Obsidian war ein gutes Werkzeug gewesen, aber Jake hatte nicht gewusst, wo die Arterien sein würden, also hatte er Oberarme und Handgelenke aufgeschlitzt. Sein Schoß war rot, und zwischen seinen Beinen hatte sich eine Pfütze gebildet, die den Felsen hinuntergelaufen war und den Eindruck erweckte, er hätte Blut gepinkelt oder geschissen. Er hatte die Beine übereinander geschlagen und die Arme gegen den Bauch gedrückt, als würde er eine winzige kostbare Last wie ein Kind tragen.
Er saß nach Osten gerichtet. Er hatte den Sonnenaufgang sehen wollen. Vielleicht hatte er es sogar geschafft.
Sie alle sahen Jake an. Keiner sagte ein Wort. Roonie fing an zu schluchzen, gab leise Tierlaute von sich. Lottie umarmte ihn und hielt ihn, und er begrub sein Gesicht an ihrem Hals.
»Verzweiflung ist die größte aller Sünden«, sagte Pike.
»Fahren Sie zur Hölle«, erwiderte Monk. »Er hat gerade seinen Bruder verloren.«
»Nur ein Grund mehr, um nicht aufzugeben.«
»Was machen wir?«, fragte Roosevelt.
»Das Begräbnis muss schnell erfolgen«, sagte Pike. »Falls wir ihm eines bereiten.«
»Das werden wir«, fuhr Lottie ihn an.
»Dann werden wir es tun.«
»Wir sollten ihn zusammen mit seinem Bruder begraben.«
»Wenn Sie ihn die Meile zurück zu diesem Ort schleppen wollen, dann tun Sie das bitte«, sagte Pike. »Aber unsere Zeit ist begrenzt. Wenn wir ihn beerdigen möchten, dann schnell und in der Nähe.«
Es war ein schlampiges Werk. Kaum mehr als ein flaches Loch im Boden. Sie stapelten Steine darauf, bis es ein schiefes Grabmal war, bastelten ein Kreuz aus Holz und hämmerten es in den Boden.
»Wollen wir etwas sagen?«, fragte Roonie.
»Was gibt es da zu sagen?«, erwiderte Hammond.
Keiner antwortete. Sie nahmen die Mützen ab und hielten sie vor den Körper, senkten die Köpfe. Dann schulterten sie ihr Gepäck und schlugen den Weg zum Güterbahnhof ein.
ELF
Beinahe einen Tag später kamen sie zur Eisenbahn. Netzartig breitete sich das schmutzige Metall vor ihnen auf der Ebene aus, Rauch- und Aschesäulen stiegen in die Höhe, graue Züge schoben sich vorwärts wie aus einem Schlangennest.
Es dauerte nicht lange, bis sie jemanden gefunden hatten. Findet man Wasser, sagte Roosevelt, dann findet man auch andere Hobos. Er hatte recht. An einem kleinen Teich im Westen fanden sie einen windschiefen Bretterverschlag und eine Handvoll Männer, die sich auf verdrecktem Bettzeug wälzten. Der Gestank von Alkohol strömte in Wogen von ihnen aus. Pike ging auf sie zu, und sie fuhren nervös auf. Aber dann entspannten sie sich. Als er sie nach dem Mann mit den Narben fragte, sagten sie: »Sicher, sicher. Wir kennen ihn. Ist vor etwa drei Tagen hier durchgekommen.«
»Drei? Seid ihr sicher?«
»Ja«, sagte ein Mann, der wenigstens halbwegs bei Verstand zu sein schien. Er hatte ein langes Gesicht und trug eine billige Mütze und einen langen Mantel. »Er kam hier durch, fragte nach dem nächsten Zug nach New Mexico.«
»Mein Gott«, stöhnte Roosevelt. »New Mexico? Sind Sie sicher?«
»Ja. Bin ich. Habt ihr Geld?«
»Nicht viel«, sagte Hammond. »Sind Sie sicher, dass er es war? Narben auf den Wangen?«
»Ich habe doch gesagt, dass ich sicher bin, oder?«
»Hat er etwas gesagt?«
»Habt ihr Geld?«
»Wir haben nicht viel Geld.«
Der Mann spuckte aus. »Dann solltet ihr Trottel vielleicht aufhören, hier die Leute zu belästigen, okay? Verschwindet. Es macht mich krank, euch ansehen zu müssen.«
Pike packte ihn am Kragen und schüttelte ihn. »Halt dein dreckiges Maul«, sagte er, »bis ich dir sage, dass du es wieder aufmachen sollst. Wo in New Mexico? Wo?«
»Himmel!«, rief der Mann. »Irgend so ein erbärmliches Kaff! Ich glaube Vuegas! Lass mich los!«
»Wann ist er aufgebrochen?«
»Scher dich zum Teufel! Ich bring dich um, du alter Hurensohn!«
Pike schlug ihn in den Magen. Hammond und Monk machten einen Schritt nach vorn, um die anderen Hobos einzuschüchtern, die nun aufstanden.
»Wann ist er aufgebrochen?«
Der Mann hustete, Speichelfäden hingen von
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