Mr. Shivers
sich wieder nach vorn. Der graue Mann schien das nicht zu bemerken. Sein leerer Blick blieb auf Connelly gerichtet, und er hätte genauso gut blind sein können; er sah, ohne etwas zu sehen, starrte durch alles hindurch, als wären sämtliche Materie und Kreaturen in seinem Blickfeld körperlos.
Schließlich hörte Connelly zu brüllen auf. Der graue Mann fragte: »Bist du anderer Meinung?«
»Sei verflucht! Du sollst in der Hölle verrotten. Ich bin nicht wie du, das bin ich nicht.«
»Um bis hierher zu kommen, hast du anderen das Leben genommen. Du bist bereit, in der Zukunft noch mehr zu nehmen.«
»Ich bringe keine kleinen Mädchen um!«, heulte Connelly auf.
Der graue Mann dachte darüber nach und akzeptierte es mit einem leichten Nicken. »Nein. Das tust du nicht. Noch nicht.«
»Das wird niemals geschehen. Ich bin nicht wie du, und ich bin auch nicht wie dieser gottverdammte Sheriff. Ich töte nicht, ihr Mistkerle, ich bin kein Mörder. Ihr seid alle verfluchte Ungeheuer, die nur das machen, was ihnen gerade in den Sinn kommt, nicht wahr?«
»Der Sheriff macht das, was ich sage. Wie ich sehe, hast du seinen kleinen Giftanschlag überlebt. Ich bin ein bisschen beeindruckt.« Dann ließ er etwas aus seiner Hand auf den Boden fallen. Ein Knäuel aus Holzspänen und Fäden. Alles war schrecklich demoliert. Beinahe schon so, als wäre es zerkaut. »Eine alte Magie, und nicht besonders bedeutend«, erklärte er. »Du hast den Makel gefüttert und ihn damit langsam und fett gemacht. Aber weißt du, am Ende hätte er dich erwischt, wenn du ihn nicht gefunden hättest.«
»Ich bringe euch beide um«, stieß Connelly hervor, der mittlerweile fast schluchzte. »Bringe euch um. Ich verstehe nicht, warum du das alles überhaupt tust.«
»Der Sheriff ist ein Freund von mir«, sagte der graue Mann. »Ich habe ihm etwas sehr Kostbares gegeben, und er erledigt kleine Aufgaben für mich.«
»Und was, zum Teufel, könnte ein Mann je von einem Mistkerl wie dir wollen?«
»Leben«, sagte der graue Mann. »Frieden. Diese Dinge werden geschätzt, nicht wahr?«
»Ich bringe dich um«, versprach Connelly. »Vielleicht nicht jetzt und vielleicht nicht heute, aber gottverdammt noch mal, mein Gesicht wird das Letzte sein, das du auf dieser Welt sehen wirst. Das letzte Bild, das dein beschissener Verstand aufnehmen wird, wird mein Gesicht sein, und ich werde ihren Namen sagen. Ich werde ihren Namen sagen, und das wird das Letzte sein, das du hörst, denn das wird dich töten; du warst in der Sekunde tot, in der du sie berührt hast, und ich werde derjenige sein, der dafür sorgt. Und in diesem Wissen wirst du sterben. In diesem Wissen wirst du sterben. Das schwöre ich.«
Der graue Mann hörte sich das alles an, und wieder konnte Connelly beobachten, wie sich eine seltsame Furcht in seine Züge schlich. »Connelly, du solltest nach Hause gehen.«
»Leck mich.«
»Du solltest auf der Stelle aufgeben und nach Hause gehen.«
»Lauf nur weiter. Mir ist egal, wie lange es dauert. Ich finde dich.«
»Du glaubst, dass ich vor dir weglaufe?«, fragte der graue Mann. »Glaubst du das wirklich?«
Connelly antwortete nicht. Der graue Mann beugte sich vor. Seine Augen erschienen ihm übergroß, und sein zerstörter Mund verzerrte sich zu einem Zähnefletschen. »Der Morgen naht«, flüsterte er. »Die Nacht weicht zurück, und die Morgendämmerung kommt. Sie ist schon am Horizont. Fühlst du sie? Jedes Mal, wenn diese Nation und diese Welt Atem holt, ist er voller Erwartung. Doch in unserer Zukunft erhebt etwas sein Haupt, etwas Neues und Schreckliches, und die Sonne wird es an den Tag bringen. Die vergangenen Jahre waren eine lange Nacht, ein langer Winter. Aber jetzt frage ich dich, was wirst du sehen, wenn diese Dämmerung hereinbricht? Was wird sie enthüllen? Wird es dieselbe Erde sein, auf der du dich zur Ruhe gebettet hast, wenn sich ihr kaltes graues Licht über das Antlitz dieser Welt ergießt? Oder wird es etwas Neues sein? Wird es etwas so Großartiges und Ehrfurcht gebietendes sein, dass Worte es nicht beschreiben können, etwas, das sämtliche vorangegangenen Schöpfungen von Mensch und Tier schmälern wird? Kannst du das mit Sicherheit sagen?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon, zum Teufel, du überhaupt redest.«
»Nein? Warum nicht? Bedeutet dein Leben so wenig? Es geschieht dort draußen!«, rief der graue Mann aus und zeigte nach Westen. »Genau dort! Die Jahre und Zeitalter reihen sich aneinander, und irgendwo auf
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