Mr. Shivers
zufrieden.«
»Ich … es tut mir leid.«
»Du konntest es ja nicht wissen. Sie ist bloß … griesgrämig.« Sie schaute ihn unheilvoll an. »Hast du genug herumgebrüllt?«
Connelly zuckte mit den Schultern, dann nickte er.
»Gut. Und hast du dich entschieden? Bleibst du, oder gehst du?«
Eine Weile lang betrachtete er sie, dann setzte er sich langsam wieder auf den Boden.
»Gut. Das ist vernünftig. Sehr schlau von dir.«
»Was haben Sie mir also zu sagen?«
»Was du wissen musst, denke ich. Aber gib uns einen Moment Zeit. Wir sind alle noch nicht richtig wach. Ich hole dir schnell noch einen Tee.«
Sie schlurfte in die Küche. Connelly saß vor ihrem Stuhl und lehnte sich zurück. Er fühlte sich gut. Ihm war zum ersten Mal seit dem Lager mit den Hopkins warm. Er betrachtete die Flammen, wie sie tanzten und miteinander rangen, und dachte darüber nach, wie verrückt das alles doch war. Aber bald gab er diesen Gedanken auf.
Er lauschte dem Feuer, und seine Lider wurden schwer. Beinahe hätten in dem Prasseln Worte verborgen sein können.
Er schlief.
Jemand berührte seinen Arm, und er wachte auf. Nina stand über ihm.
»Es ist Zeit, Junge«, flüsterte sie.
Er stand auf und folgte ihr nach draußen. Die Nacht war hereingebrochen, und mit ihr war dichter Nebel aus den Bergen gekrochen, der sich um die Bäume legte. Sie führte ihn durch das Labyrinth der Stämme, bis sie zu einer kleinen Lichtung kamen. In der Mitte wuchs eine graue Eberesche, vor der ein kleines Feuer brannte. Davor saß Dexy; ein kleiner Eintopf kochte über den Flammen. Als sich Connelly hinsetzte, gab sie etwas davon in eine Schale und probierte mit einem winzigen Löffel.
Sie nickte. »Gut. Nett und würzig. Hilft, die Kälte fernzuhalten. Willst du etwas?«
Connelly nahm seine Portion entgegen, der Eintopf war warm und butterweich. Nina hatte sich links von Dexy niedergelassen. Die beiden saßen auf einem kleinen Stein, der ihnen als Hocker diente; Connelly hatte auf dem Waldboden Platz genommen. Zu Dexys Linken gab es noch einen Steinsitz, aber der war leer.
»Eure Schwester ist nicht hier«, sagte er.
»Sie ist hier«, antwortete Nina. »Sie ist bloß nicht dort drüben.«
Connelly zuckte mit den Schultern. »Was seid ihr? Zauberinnen?«
»Zauberinnen, nein. Hexen, wer weiß?«, sagte Nina und lachte.
»Ich habe mir bereits die Zukunft voraussagen lassen.«
»Und hast du Antworten bekommen?«
»Eigentlich nicht.«
»Nun, hier ist deine Gelegenheit. Gib mir nur noch einen Augenblick Zeit«, sagte Nina. »Muss ein paar Dinge erst noch aufwecken.«
Mit verblüffender Geschwindigkeit griff sie ins Feuer, schnappte sich eine Handvoll brennender Äste und schleuderte sie in die Luft. Connelly hob die Arme, um sich vor dem heißen Regen zu schützen, aber sie stürzten nicht zu Boden. Stattdessen verlangsamte sich ihr Fall, bis sie anhielten und in der Höhe schwebten, und dann fing jedes der kleinen Holzstücke an, sich zu bewegen und zu tanzen wie ein Glühwürmchen. Sie wirbelten in engen Kreisbahnen, und einige verließen sogar die Lichtung, um den Wald zu erforschen. Dann fühlte es sich an, als würde die Luft sich verdichten, und nichts existierte mehr außer der Lichtung. Die Bäume schienen größer und dicker zu werden; sie verbargen den Nachthimmel, bis sie riesige Giganten waren. Es war, als befänden sie sich in einer Urzeitversion ihrer Welt. Einer Originalversion, deren Wildheit und Grausamkeit im Laufe der Zeit abgeschliffen worden waren, bis sie zu jener angenehmen Zeit geworden war, die sie als Gegenwart bezeichneten.
»Jetzt weiß sie Bescheid«, sagte Dexy leise und schaute sich um. »Wir haben die Botschaft auf den Weg gebracht. Jetzt weiß sie, dass wir fragen werden. Uns gehen Dinge durch den Kopf, und wir werden sie fragen.«
»Wen fragen?«, fragte Connelly.
»Die Nacht. Alle, die da sind. Iss noch etwas Eintopf.«
Er gehorchte. Er hustete, da die Gewürze plötzlich schärfer schmeckten. Die Farben des Waldes erschienen schmerzhaft hell, flüssige Brauntöne und gewalttätiges Schwarz, und wieder sahen die Schwestern nicht wie Menschen aus, sondern wie geschnitzte Statuen.
»Was ist da drin?«
»Guter Stoff«, sagte Nina grinsend.
»Dinge aus dem Herzen der Erde«, sagte Dexy. »Ein paar Wurzeln, etwas Schlamm. Etwas vom Blut all der Wesen, die dort unten leben, Wesen, die zuhören. Die Erde weiß alles. Die Knochen unter deinen Füßen, sie wissen alles. Willst du die Wahrheit über die
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