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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
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wenn ich ihm sagen müsste, dass Sie diese Ehrung ablehnen.« Sie sah ihn mit großen Augen an und zückte bereits ihr Handy, als würde sie jeden Augenblick anrufen.
    Der Major rang nach Worten.
    Da kam ihm Grace zu Hilfe. »Vielleicht sollten wir dem Major ein bisschen Zeit geben, damit er sich mit der Idee anfreunden kann.« Sie hatte aufgehört, mit den Füßen zu wippen, und stand fest auf dem Boden, während sie ihn verteidigte. »Es ist immerhin eine ziemlich große Ehre.«
    »Sehr richtig, sehr richtig«, rief Daisy. »Wir sagen jetzt erst einmal gar nichts mehr, Major.« Sie sah zum Schaufenster hinüber und winkte Mrs. Ali zu. »Dann gehen wir jetzt rein, meine Damen, und sichern uns Mrs. Alis Mithilfe beim Ball!«
    »Aber das ist ja Amina, das Mädchen, das unseren Kellnerinnen die Tänze beibringt«, sagte Gertrude, den Blick ebenfalls auf das Schaufenster gerichtet. »Was um alles in der Welt hat sie denn hier in Edgecombe verloren?«
    »Ach, hier wohnen doch nur so wenige von denen, da ist doch jeder mit jedem irgendwie verwandt«, sagte Alma in dem Brustton der Überzeugung, der den Ahnungslosen vorbehalten ist.
    »Das wäre jetzt vielleicht nicht der allerbeste Zeitpunkt«, wandte der Major ein. »Ich glaube, die zwei haben gerade etwas zu besprechen.«
    »Die perfekte Gelegenheit, um mit beiden gleichzeitig zu reden!«, entgegnete Daisy. »Rein mit euch!«
    Der Major sah sich gezwungen, ihnen die Tür aufzuhalten, und wurde zusammen mit den Damen selbst hineingetrieben. Um den Tresen herum wurde es eng; der Major kam so dicht bei Mrs. Ali zu stehen, dass er kaum den Hut lüften konnte.
    »Tut mir leid«, flüsterte er. »Ich konnte sie nicht davon abbringen.«
    »Wer kommen will, der kommt«, sagte sie matt. »Es liegt nicht in unserer Macht, irgendwen abzuhalten.« Sie sah zu Amina hinüber, auf die Daisy gerade einredete.
    »Was für ein Glück, dass Sie auch hier sind«, sagte Daisy. »Wie geht es mit dem Tanzen voran?«
    »Wenn man bedenkt, dass die alle zwei linke Füße und keinerlei Rhythmusgefühl haben, läuft es ganz gut«, antwortete Amina. »Aber ich glaube nicht, dass der Geschäftsführer Ihres Clubs mich so schnell wieder reinlässt.«
    »Sie meinen den Clubsekretär?«, fragte Gertrude. »Stimmt, der hat ganz schön getobt am Telefon.« Sie hörte auf zu kichern. »Aber machen Sie sich keine Gedanken, ich habe dem Wicht gesagt, dass er mehr Geduld haben und Ihre beklagenswerte Lebenslage und unseren dringenden Bedarf an Ihrem Talent berücksichtigen muss.«
    »Meine Lebenslage?«
    »Na ja, alleinerziehende Mutter und so«, sagte Gertrude. »Mag sein, dass ich ein bisschen dick aufgetragen habe, aber wir hoffen sehr, dass Sie weitermachen. Ich denke, wir können Ihnen jetzt etwas mehr Geld bewilligen – unser Projekt ist ja um einiges umfangreicher geworden.«
    »Du tanzt für Geld?«, fragte Mrs. Alis Neffe.
    »Ich studiere nur ein paar Schritte mit den Kellnerinnen ein«, antwortete Amina. »Tanzen kann man das nicht nennen.« Er schwieg, aber seine Miene wurde noch grimmiger, und der Major wunderte sich einmal mehr darüber, dass so viele Menschen bereit waren, Zeit und Energie auf die andersgearteten Ansichten anderer zu verwenden.
    »Sie bringt unseren Mädchen bei, wie man mit den Hüften wackelt«, sagte Alma. »Eine wunderbare Darstellung Ihrer Kultur!« Sie lächelte Mrs. Ali und dem Neffen zu. Der Teint des Neffen nahm einen hässlichen Kupferton an, und darunter flackerte Wut.
    »Mrs. Ali, wir wollten fragen, ob wir Sie dazu bewegen können, an unserem Ball teilzunehmen.«
    »Tja, ich weiß nicht«, sagte Mrs. Ali. Eine scheue Freude brachte ihr Gesicht jäh zum Leuchten.
    »Meine Tante wird nicht in der Öffentlichkeit tanzen!«, sagte Abdul Wahid.
    Der Major hörte das zornige Brodeln in der Stimme des jungen Mannes, aber Daisy beschränkte sich darauf, den Neffen mit genau dem Maß an Herablassung anzusehen, das ihrer Meinung nach ausreichte, um zu verhindern, dass Verkäufer sich versehentlich danebenbenahmen.
    »Wir wollen gar nicht, dass sie tanzt«, sagte sie.
    »Wir wollten eine Art Begrüßungsgöttin, die in der Nische postiert werden soll, in der sonst der Garderobenständer steht«, erklärte Alma. »Und Mrs. Ali ist doch so durch und durch indisch – oder zumindest durch und durch pakistanisch – im besten Sinne.«
    »Eigentlich stamme ich ja aus Cambridge«, wandte Mrs. Ali mit sanfter Stimme ein. »Städtisches Krankenhaus, Abteilung drei. Meine bisher

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