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Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen

Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen

Titel: Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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Leiche erst identifiziert ist, werden sie über uns hereinbrechen wie Fliegenschwärme.« Herb wünschte, er hätte das nicht gesagt; denn es erinnerte ihn an die Beine und Hände.
    »Reverend Jones –«
    »Herbie«, wurde Blair unterbrochen.
    »Herbie, warum hassen die Leute Marilyn Sanburne? Ich bin ihr erst einmal begegnet. Sie hat sich über Stammbäume ausgelassen, aber schließlich hat jeder eine Schwäche.«
    »Einen Snob kann keiner leiden, Blair. Nicht mal ein anderer Snob. Stellen Sie sich so ein Leben vor, jahrein, jahraus von Mim taxiert, bei jeder Gelegenheit von ihr in die Schranken gewiesen werden. Sie arbeitet hart für wohltätige Einrichtungen, das lässt sich nicht leugnen, aber sogar während sie gute Werke tut, schikaniert sie andere Leute. Ihr Sohn Stafford hat eine Schwarze geheiratet, und das hat das Schlechteste in Mim und, darf ich hinzufügen, das Beste in allen anderen zum Vorschein gebracht. Sie hat ihn enterbt. Er lebt mit seiner Frau in New York. Sie sind gewissermaßen der Ausgleich zu Little Marilyns Ehe. Ich weiß nicht, die meisten Leute schauen bei anderen nicht hinter die Fassade, und Mims Fassade ist kalt und hart.«
    »Aber Sie denken anders von ihr, nicht?«
    Der junge Mann war ein genauer Beobachter. Herb mochte ihn mit jeder Minute lieber. »Ja, ich denke anders von ihr.« Er zog sich ein Polster für die Füße heran, machte Blair ein Zeichen, sich auch eins zu holen, und faltete die Hände vor der Brust. »Sie müssen wissen, Marilyn Sanburne ist eine geborene Marilyn Urquhart Conrad. Die Urquharts, schottischen Ursprungs, waren eine der ersten Familien, die hierher in den fernen Westen kamen. Kaum zu glauben, noch während des Unabhängigkeitskrieges war dies eine raue Gegend, Grenzgebiet. Davor, um 1720, 1730, riskierte man sein Leben, um zu den Blue Ridge Mountains zu gelangen. Marilyns Mutter, Isabelle Urquhart Conrad, setzte ihren drei Kindern Flausen in den Kopf, weil sie königlichen Geblüts waren. Die amerikanische Version. Ihr Mann, Jimp Conrad, der keinen so erlauchten Stammbaum aufweisen konnte wie die Urquharts, war zu sehr damit beschäftigt, Land zu kaufen, um sich groß darum zu kümmern, wie seine Kinder erzogen wurden. Ein Männerproblem, würde ich sagen. Jedenfalls stieg Marilyns zwei Brüdern die Sache mit dem Adel zu Kopf, und sie befanden, dass sie sich ihren Lebensunterhalt nicht mit so etwas Ordinärem wie Arbeit sichern dürften. James wurde Rennjockey und starb bei einem grässlichen Unfall in Culpeper. Das war direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Pferd hat ihn zu Tode geschleift. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen. Theodore, der jüngere Bruder, ebenfalls ein guter Reiter, hat sich schlicht und einfach totgesoffen. Der Kummer brachte Jimp um und machte Isabelle zu einer verbitterten Frau. Sie fühlte sich, als sei sie die Einzige, die jemals Söhne verloren hatte. Sie vergaß, dass Hunderttausende von amerikanischen Müttern erst vor kurzer Zeit ihre Söhne im Schlamm von Europa und im Sand des Südpazifiks verloren hatten. Die Verbitterung der Mutter färbte auf Mim ab. Da sie nun das einzige Kind war, wurde ihr die Pflege ihrer Mutter aufgebürdet, als Isabelle alt wurde. Gesellschaftliche Überheblichkeit wurde vielleicht ihre Zuflucht.«
    Er schwieg einen Moment, dann fuhr er fort: »Sehen Sie, ich erlebe viele Menschen, die in einer Krise stecken. Und im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass zweierlei passieren kann. Entweder öffnen sich die Menschen und erlangen Größe; der Schmerz führt zu Mitgefühl für andere und zu einer Einsicht in sich selbst, zum Empfinden der Liebe Gottes, wenn Sie wollen. Oder sie verschließen sich durch Alkohol, Rauschgift, Promiskuität oder Verbitterung. Verbitterung ist, wie jede Form von selbstzerstörerischem Verhalten, eine Beleidigung Gottes. Das Leben ist ein Geschenk, das man genießen und mit anderen teilen muss.« Er verfiel in Schweigen.
    Ella schnurrte, während sie lauschte. Sie liebte Herbies Stimme, das tiefe, männliche Dröhnen, aber sie liebte auch, was er sagte. Den Menschen fiel es so schwer zu erkennen, dass das Leben eine Lust ist, solange man genug zu fressen, ein warmes Lager und jede Menge Katzenminze hat. Sie war sehr froh über Herbs Überzeugung, dass das Leben meistens wunderbar war.
    Lange Zeit saßen die beiden Männer in stillem Einverständnis nebeneinander.
    Schließlich sprach Blair. »Herbie, ich gebe mir Mühe, mich zu öffnen. Aber ich habe nicht viel Übung

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