Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
ein«, hechelte Tucker mit heraushängender Zunge.
Und er kam näher, ein gedrungenes, kräftiges Geschöpf mit Haarbüscheln an den Ohren.
»Es ist meine Schuld.« Vom schnellen Laufen tat der Katze alles weh.
»Schone deine Lungen.« Tucker drehte sich blitzschnell zum Feind um, die langen Fangzähne entblößt.
Der Rotluchs blieb einen Moment stehen. Er war auf eine Mahlzeit aus, wollte aber nicht verletzt werden. Er hüpfte um Tucker herum und befand, dass er es mit Murphy leichter haben würde. Tucker folgte dem Rotluchs.
»Lauf Murphy, lauf. Ich lenke ihn ab.«
»Du domestizierter Wurm«, fauchte der Rotluchs.
Als Murphy ihre Freundin in Gefahr sah, blieb sie stehen. Sie plusterte sich auf, wandte dem Feind ihr Gesicht zu. Zusammen gingen sie und Tucker in etwa zwanzig Meter Abstand seitlich um den Rotluchs herum.
Der Rotluchs duckte sich und bewegte sich langsam auf Mrs Murphy zu, die zur Seite sprang. Er rannte und warf sich in die Luft. Murphy wich ihm aus. Er wirbelte herum und griff in dem Moment an, als Tucker auf ihn zusprang. Sie traf ihn an den Beinen, gerade als er sich auf Murphy stürzen wollte. Der Rotluchs wälzte sich herum, sprang dann auf. Die beiden Freundinnen waren jetzt Seite an Seite, die Fangzähne entblößt.
»Hier rein!«, rief eine Stimme aus der Baumgruppe, die nur einen Sprung entfernt war.
»Wir ziehen uns zurück«, sagte Murphy atemlos.
»Wohin?«, flüsterte Tucker.
»Zu den Bäumen.«
»Dort ist er gefährlicher als auf freiem Feld.«
»Es ist unsere einzige Hoffnung.«
»Ihr zwei seid zu nichts nütze.« Der Rotluchs pirschte sich an sie heran und kostete den Augenblick aus.
»Das denkst auch nur du.« Mrs Murphy stieß ein kehliges Knurren aus.
»Du bist die Vorspeise, deine Hundekumpanin ist das Hauptgericht.«
»Freu dich nicht zu früh.« Murphy drehte sich um und flog förmlich über den Schnee.
Tucker tat desgleichen, der Rotluchs war ihr auf den Fersen. Sie hörte das Keuchen hinter sich, dann sah sie Murphy in einem Fuchsbau verschwinden. Tucker drehte sich um und schnappte nach den Vorderbeinen des Luchses, der vollkommen überrumpelt war. Das verschaffte Tucker den Sekundenvorteil, den sie brauchte, um hinter ihrer Freundin im Fuchsbau zu verschwinden.
»Ich kann die ganze Nacht warten«, murmelte der Rotluchs.
»Vergeude deine Zeit nicht auf ein fruchtloses Unterfangen«, höhnte Mrs Murphy.
»Ich bin froh, dass ihr ein paar große Füchse unter euch habt.« Tucker lag keuchend am Boden des Baus. »Sonst hätte ich nie durch euer Loch gepasst.«
Ein rötliches Fuchsweibchen sagte zu Murphy: »Du hast mir mal bei einem schlimmen Sturm gesagt, ich kann im Schuppen bleiben. Ich schulde dir Dank.«
»Du hast es mir mehr als vergolten.« Murphy horchte, wie der Rotluchs herumschlich, nicht bereit, aufzugeben.
»Was macht ihr beiden so spät hier draußen?«
»Einen Film oder ein Video suchen, da hinten, wo der tote Mensch in dem Auto ist«, sagte Tucker.
»Den Menschen findet keiner, bis die Rotwildjagdsaison beginnt, und das ist in zwei Wochen«, stellte die schlaue Füchsin fest.
»Habt ihr irgendwas gesehen?«
»Nein, obwohl sie erst ein paar Wochen tot war, als wir sie Ende September fanden.«
»September! Ich glaube, der Mörder hat das Beweismittel in den Teich geworfen.« Murphy war eine scharfsinnige Katze.
»Woher weißt du das?« Tucker wusste, dass die Katze ihr gewöhnlich zwei Schritte voraus war.
»Weil es bei den Morden um Film und Roscoes Filmabteilung ging. Es war direkt vor meiner Nase, aber ich habe es nicht gesehen. Der Mensch in dem Auto, wer immer es ist, ist das fehlende Glied.«
»Murphy«, sagte Tucker leise, »hast du rausgekriegt, was hier vorgeht?«
»Ja, ich glaube, aber nicht rechtzeitig – nicht rechtzeitig.«
61
Kendrick und Jody saßen auf einer Bank vor der Intensivstation. Ein Beamter bewachte Sean in seinem Zimmer. Sein Großvater war auch da.
Kendrick hielt Dr. Hayden McIntire auf, als dieser aus dem Zimmer kam. »Wie geht es ihm?«
»Wir sind vorsichtig optimistisch.« Er sah Jody an. »Es sind schon ziemlich viele Freunde von ihm vorbeigekommen. Er ist ein beliebter Junge.«
»Ist Karen Jensen hier gewesen?«, fragte Jody.
»Ja. Und Brooks Tucker, Roger Davis und natürlich die ganze Footballmannschaft. Sie dürfen nicht zu ihm, aber es ist gut, dass sie gekommen sind.«
»Ja, das ist nett.« Kendricks Lächeln war nicht überzeugend.
Als Hayden gegangen war, nahm Kendrick seine
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