Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)
dramatisch um sie herum im Wind bauschte. Veronica, für die Kirche herausgeputzt, wetzte mit ihrem zackigen, halb rennenden Schritt neben Minnie her. Zusammen wirkten sie wie ein Paradewagen am vierten Juli und die örtliche Schönheitskönigin, die gerade davon heruntergefallen war.
Sie betraten das Restaurant, und Minnie ging schnurstracks zu ihrem Wahrsagertisch. Veronica machte einen Umweg zu uns. Sie hatte das Hochzeitsbuch ihrer Tochter unterm Arm. Es war das »offizielle Hochzeitsbuch«. Es war zweimal so dick wie die Kopie, die sie Clarice gegeben hatte, und überall quollen Papierfetzen und Stoffmuster heraus.
Veronica sagte zu Clarice: »Ich hab dir jede Menge zu erzählen, sobald meine Sitzung vorbei ist.« Sie ging zwei Schritte weiter und kam dann geschäftig wieder zurückgestampft. »Aber das eine hier muss ich dir gleich zeigen.«
Sie setzte sich auf Barbara Jeans Platz und ließ das schwere Buch auf den Tisch knallen. Es machte ein dumpfes Geräusch und brachte das Geschirr so heftig ins Schwanken, dass wir alle nach unseren Wassergläsern greifen mussten. Sie schlug das Buch auf und sagte: »Ich bin zu Miss Minnie gegangen und hab ihr von den Problemen erzählt, die ich drüben in der First Baptist wegen der Hochzeit habe. Kannst du dir nach allem, was ich für sie getan habe, vorstellen, dass sie mir verweigern, ein paar Tauben in der Kirche fliegen zu lassen? Ich habe ihnen erklärt, dass die Tauben aus Boston sind und kultiviert und alles und dass diese Vögel eher vor Scham sterben würden, als eine Schweinerei zu machen. Aber sie wollten nicht auf mich hören. Wie dem auch sei, ich habe mit Miss Minnie darüber gesprochen, und sie hat mir geraten, etwas herumzufahren, dann würde die Antwort zu mir kommen. Das habe ich dann auch gemacht und habe meine Antwort am College Boulevard Ecke Second Avenue gefunden. Hier ist sie.« Sie stellte das Hochzeitsbuch so auf eine Kante, dass wir alle die Broschüre sehen konnten, die sie hineingeheftet hatte. Auf der Vorderseite der Broschüre war das Foto eines doppelstöckigen weißen Gebäudes, dessen Eingang von mehreren hohen Säulen gesäumt wurde. Vor dem Gebäude stand eine weiße Kutsche mit zwei weißen Pferden, deren Köpfe weiße Federn zierten. Die Bildunterschrift lautete: »Garden Hill – Veranstaltungszentrum für Bankette und Unternehmenstagungen«.
»Ist es nicht perfekt?«, rief Veronica voller Begeisterung. »In den Innenhof passen fast genauso viele Leute wie in die First Baptist. Und wir können die Hochzeitszeremonie, den Umtrunk, das Abendbankett und den Tanz an ein und demselben Ort stattfinden lassen.«
»Innenhof? Heißt das, dass es draußen stattfinden wird?«, fragte Clarice.
Veronica verdrehte die Augen und sagte: »Natürlich. Deshalb nennt man es ja auch Innenhof, Clarice.«
Clarice ignorierte ihr Augenrollen. »Du willst in Südindiana eine Hochzeit im Freien veranstalten? Im Juli?«
Veronica sagte: »Ich muss sie draußen veranstalten. Die Wahrheit ist, das Veranstaltungszentrum war nicht viel glücklicher über die Tauben als die Kirche. Wenn ich auf die Hochzeit drinnen bestanden hätte, hätte mich die Reinigungsgebühr einen Arm und ein Bein gekostet. Nicht dass Geld eine Rolle spielen würde, wohlgemerkt. Aber ich habe Miss Minnie zu Rate gezogen, und Carl der Großartige hat ihr versichert, dass das Wetter perfekt sein wird. Außerdem wirken die Laser im Freien auch viel besser.«
Clarice sagte: »Es bringt Unglück, wenn man nicht in einer Kirche heiratet.«
»Nichts für ungut, Cousine, aber du hast in der Kirche geheiratet, und wohin hat es dich gebracht?«
Als hätte sie ein Eigenleben, fing meine Hand an zu einem übervollen Wasserglas zu wandern, das gefährlich nah an der Tischkante zu Veronicas Rechten stand. Ich war nur noch einen Zentimeter davon entfernt, Veronica das Glas aus Versehen über den Schoß zu kippen, als mich Clarice am Arm packte. Sie stellte das Glas an eine sichere Stelle auf dem Tisch und sah mich warnend an, ich solle mich bloß nicht wieder zu solchen Kindereien hinreißen lassen.
Da näherte sich Minnie McIntyre dem Tisch am Fenster, ihre Silberrobe raschelte, als sie über den Boden fegte. Veronica sagte zu ihr: »Tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen, Miss Minnie. Ich musste nur schnell ein paar aufregende Details über die Hochzeitsvorbereitungen loswerden. In Wahrheit habe ich das alles Miss Minnie hier zu verdanken«, sagte sie und zeigte auf ihre Wahrsagerin.
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