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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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ausruhst und genug isst. Das ist in erster Linie bloß eine Frage der Ernährung.«
    Ich wollte schon einstimmen und wieder die gleichen Ausreden vorbringen, die wir immer schnell parat hatten, anstatt uns mit dem auseinanderzusetzen, was offensichtlich war. Aber nun lagen die Dinge anders. Ich war eine totkranke Frau, die Geister sah. Ich hatte weder die Kraft noch war ich bereit, länger zu lügen.
    Also sagte ich: »Hör auf damit, Clarice. Wir müssen dieser Sache hier und jetzt ein Ende setzen.«
    Ich wandte mich an Barbara Jean, die mir gegenüber auf einem Stuhl aus Chrom und Leder an der Kücheninsel saß. »Barbara Jean, du hast dich heute betrunken und dann hinters Steuer gesetzt. Du hättest jemanden überfahren können. Du hättest ein Kind überfahren können!« Beide, Clarice und Barbara Jean, rangen nach Luft, als ich das sagte. Und rückblickend denke ich, war es das Gemeinste, was ich in dieser Situation hatte sagen können. Aber ich war in Fahrt, und ich ließ nicht zu, dass mir Höflichkeiten bei dem in die Quere kamen, was ich zu sagen hatte – was ich schon viele Jahre zuvor hätte sagen sollen.
    »Du bist betrunken Auto gefahren und hast in aller Öffentlichkeit in die Hose gepinkelt, Barbara Jean. Es führt kein Weg mehr dran vorbei, dass wir die Dinge endlich beim Namen nennen. Ich sehe das so, seit Lester nicht mehr ist, ist das meine Angelegenheit.« Ich machte eine Geste in Clarices Richtung. » Unsere Angelegenheit, weil wir beide dich lieben.«
    Barbara Jean ergriff zum ersten Mal, seit ich meine Spontanintervention begonnen hatte, das Wort. Sie sagte: »Heute war ein schlechter Tag, Odette. Du verstehst das nicht.«
    »Du hast recht. Ich versteh es nicht. Vielleicht kann ich das nicht. Mein Mann ist gesund. Meine Kinder leben. Ich sag ja nicht, dass du keinen Grund hättest. Ich sage nur, dass du eine Alkoholikerin bist, die sich mitten in Plainview in die Hosen gepinkelt hat. Und ich sage dir, dass ich nicht mit ansehen kann, wie du dir das antust. Ich hab im Moment genug damit zu tun, mit meiner Krankheit klarzukommen. Ich kann nicht auch noch deine bewältigen. Der Krebs ist alles, was ich im Moment auf mich nehmen kann.«
    »Odette, bitte«, sagte Barbara Jean.
    Aber ich hatte bereits die Krebskarte gespielt, und ich schämte mich nicht, es bis zum Ende durchzuziehen. Also fuhr ich fort: »Vielleicht erlebe ich den Moment nicht mehr, wenn dir selber klar wird, dass du mit dem Trinken aufhören musst. Also sag ich es dir jetzt laut und deutlich: Du hörst mit diesem Scheiß auf, bevor es dich umbringt! Morgen werden Clarice und ich dich abholen und dich zu den Anonymen Alkoholikern fahren.«
    Die Sache mit den Anonymen Alkoholikern kam mir ganz plötzlich in den Sinn, und ich hatte keine Ahnung, wo wir so ein Treffen finden sollten. Aber auch wenn Plainview für die von uns, die hier aufgewachsen sind, immer ein Kaff blieb, so war es in Wirklichkeit mittlerweile zu einer kleinen Stadt angewachsen, besonders wenn man die Universität dazuzählte. Und in jeder Stadt des Landes gab es doch wohl mindestens einmal am Tag ein Treffen der Anonymen Alkoholiker. »Wenn du nicht bereitstehst, wenn wir dich abholen kommen«, fügte ich noch hinzu, »dann fühl ich mich nicht mehr für dich verantwortlich.«
    Clarice schrie auf: »Odette, das meinst du doch nicht so.« Dann an Barbara Jean gerichtet: »Das meint sie nicht so. Sie ist bloß aufgeregt.«
    Sie hatte recht. Ich könnte mich nicht wirklich von Barbara Jean abwenden, aber ich hoffte, dass sie zu durcheinander war, um das zu merken. Ich musste es ihr unmissverständlich klarmachen. Ich sagte: »Barbara Jean, ich werde nicht meine vielleicht letzten Tage damit verbringen, mich um eine verdammte Säuferin zu kümmern. Ich habe schon genug auf dem Tablett.«
    Ich wusste nicht, was ich Barbara Jean sonst noch sagen sollte, also wandte ich mich an Clarice. »Und wo wir gerade von Tabletts reden, was ist mit den Nudeln, Clarice? Ich habe heute noch kein Abendessen gehabt, ich sollte langsam mal was in den Magen bekommen.«
    Dann aßen wir gemeinsam und sprachen den restlichen Abend nicht mehr von den Anonymen Alkoholikern.
    Abgesehen davon, dass sie aus den Resten in Barbara Jeans Kühlschrank noch eine gute Mahlzeit zauberte, leistete Clarice ganze Arbeit, indem sie uns erfolgreich von dem, was heute vorgefallen war, ablenkte. Sie brachte uns sogar zum Lachen, als sie uns von den Vorbereitungen für Sharons Hochzeit erzählte, die wir unter

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