Muckefuck
T-Griff scharnierartig locker, die Haltehand fasst den Stiel im unteren Drittel mit Untergriff.«
»Truppführer«, sagte Rabumm, der auch hier wieder unser Sprecher war, »was bitte sollen wir mit den Spaten?«
»Putzen«, schrie der Truppführer. »In einer Stunde ist Appell!«
»Mit Spaten?«
»Mit Spaten! Wegtreten!«
»Das glaubt einem ja kein Schwein«, murmelte Werner. »Anfang fünfundvierzig schicken die uns mit Spaten durch die Gegend. Vielleicht sollen wir ’nen Tunnel buddeln, falls Deutschland zugeschissen wird.«
Werner polierte den Stolz des Arbeitsmannes mit einem Beinling seiner Luftwaffenunterhose, den er abgerissen hatte, trotz des damit gegebenen Tatbestandes der Sabotage. Den Rest des Makobeinkleides verteilte er an uns.
Wulle Schnief murmelte: »Drei Tage kieke ich hier schon durchs Fernrohr. Keine Weiber weit und breit.«
»Wulle, hast du eigentlich das MG 42 im Flakbunker abgegeben?« Sie hatten bei unserem Auszug Wulle als dem Kräftigsten die Kugelspritze aufgehängt.
»Mensch, erinnere mich nicht daran!«, Wulle stöhnte. »Ich hab das Ding durch ganz Berlin geschleift. Dann kam ich an die Gedächtniskirche, und im Tauentzien lief Die Frau meiner Träume. Mit Marika Rökk. Alles in Farbe. Ich warte auf dich, du bist das Glück für mich. Und so ’ne Schnulzen. Ich also rein, Sperrsitz. Es sollte gleich anfangen. Lauter Landser im Kino. Wo die alle auf einmal herkamen. Nun wusste ich nicht wohin mit dem MG. Macht ja einen dummen Eindruck, wenn man dasitzt mit der Spritze zwischen den Knien, und vorn hampelte Marika Rökk. Ich pirsche mich also an so ’ne ältliche Garderobenfrau. ›Lass man, Jungchen‹, sagt sie, ›für deine Braut sorge ick. Hier hast du ’nen Garderobenschein!‹ Die hängte das MG einfach an einen Kleiderhaken. Ich also zu Marika in Farbe. Ein toller Film, sage ich euch. Die Schau läuft ’ne knappe Stunde, da geht das Licht an. Vorn steht ein Unteroffizier und sagt, der Inhaber des Garderobenscheins Nummer sowieso wird zum Ausgang befohlen. Alle fummeln in ihren Taschen rum, die Stimmung ist schlecht wegen der abgeschalteten Marika. Ich gucke auf meinen Schein und denke, ich erblinde! Die Nummer habe ich. Also schlängle ich mich errötend durch die Reihen, trample auf Knobelbecher, alle schauen mich an. Klar! Dann fängt einer an zu klatschen. Im Nu klatschen alle. Das ganze Kino johlt. Ich mache ihnen am Ausgang eine Verbeugung, die gut aufgenommen wird. Neuer Applaus. Dann verschwinde ich.«
Wulle macht eine Kunstpause, peilt an seinem Spaten entlang, schielt, ob wir auch alle bei der Sache sind. Sind wir. Wulle fährt fort:
»Bei der Garderobe lauern ein paar Kettenhunde, durchbohren mich mit strengem Blick. Ich muss meinen Garderobenschein zeigen. ›Ist das Ihr MG?‹ fragt einer. – ›Nein‹,sage ich. ›Es gehört der Luftwaffe.‹ Der Mann guckt mich an, ob ich ihn vielleicht verkackeiern will, aber ich bleibe todernst. ›Die Waffe ist Ihnen anvertraut?‹ – ›Jawohl‹, sage ich, ›zum Abliefern.‹ – Da geht er hoch, wird knallrot im Gesicht, und alle Sicherungen brennen ihm durch. Ein rot illuminierter Kettenhund, sage ich euch. Ich verstehe nur so was wie ›Waffe anvertrau‹ und ›wagt es, sein MG an der Garderobe abzugeben‹ und ›gehört erschossen‹ und ›Meldung an die Abteilung‹.
Schließlich haben sie mir die Spritze wieder ausgehändigt. Ich wollte zurück in den Film, aber das haben sie nicht erlaubt. Sie haben alles notiert. Name, Einheit. Dann konnte ich abziehen.«
»Und? Was wurde?« Wir vergaßen unsere Spaten und umringten Wulle. »Haste Bau gekriegt?«
»Ach, was«, sagte Wulle. »Kein Stück. Eine Stunde später war ich das Ding los. Und hatte einen Entlassungsschein von der Luftwaffe. Jetzt soll mich mal Hermann Göring selbst suchen. Im Heidekraut.«
Frühmorgens, ein frohes Lied auf den Lippen, zogen wir zum Lagertor hinaus. Zur Infanterieausbildung in der Heide. Passenderweise sangen wir immer zuerst das Kräuterlied von Herms Niel, bedeutender Komponist und RAD-Oberstfeldmeister, den wir Bums Niel nannten: Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein, bums, bums, und das heißt – Eeeerikal!
Heidekraut ist morgens nass von Tau. Wie Salamander schlichen wir mit unseren überlangen dänischen Karabinern durch Norddeutschlands Erikadschungel, gruben mit kleinen Feldspaten Löcher in den Sand (die großen Spaten waren nur zur Zierde da), und sahen den Frühling und britische Tiefflieger
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