Mueller, Carin
und fuhr dann mit völlig resignierter Stimme fort: »Du siehst in mir immer noch die Chaotin, die ich vor dreieinhalb Jahren war. Dabei habe ich mich so verändert – ich bin Mutter, ich habe ein Geschäft, ich übernehme jeden Tag Verantwortung! Mein Kind und meine Mitarbeiter sind abhängig von mir und vertrauen darauf, dass ich schon alles richtig machen werde. Natürlich bin ich nicht perfekt, aber vieles mache ich richtig – und ich liebe das alles! Doch aus Gründen, die ich nicht verstehe, kannst ausgerechnet du mir nicht vertrauen. Egal, was ich tue oder sage, du rechnest immer mit dem Schlimmsten und bist sicher, dass ich Unrecht habe. Es stimmt, ich habe ein dickes Fell und kann eine ganze Menge verzeihen, aber jetzt geht es nicht mehr. Ich habe einfach keine Kraft mehr, mich alleine gegen deine Mutter oder deine Exfrau zu wehren und mich dann dafür auch noch vor dir rechtfertigen zu müssen.« Sie klang so furchtbar niedergeschlagen, dass Adrian zunächst nichts darauf zu antworten wusste.
»Was ist denn hier los?« Die Schwester war ins Zimmer gekommen, um Tropf und Wehenschreiber zu überprüfen. »Die Besuchszeit ist lange vorbei! Wer sind Sie überhaupt?«, fuhr sie Adrian an.
»Adrian Stern. Ich bin der Ehemann!« Er war aufgestanden.
»Und das soll ich glauben? Vorhin war jedenfalls ein anderer Mann bei Frau De Anna!«
»Das war mein Bruder«, erklärte Antonella leise. Sie hatte sich immer noch nicht umgedreht. »Wie sieht es aus?«, fragte sie nun die Schwester.
»Das Medikament scheint zu wirken, es sind fast keine Wehen mehr nachweisbar. Wie fühlen Sie sich?«
»Müde.«
»Dann schlafen Sie jetzt. Alleine! Und Sie gehen nach Hause!«, befahl sie Adrian. »Sie können morgen wiederkommen.«
»Das werde ich«, sagte er und zog Schuhe und Jacke an. Dann beugte er sich zu Antonella und flüsterte ihr ins Ohr: »Wenn ich darf?« Sie nickte, und er drückte ihr einen kleinen Kuss aufs Haar.
Ehe er jedoch am nächsten Tag wieder ins Krankenhaus fuhr, klingelte er um neun Uhr morgens bei Katia und Giovanni Sturm. Kaum war er in der Wohnung, war er von neun Hunden umringt.
»Du hast Glück, dass Giovanni die Tür aufgemacht hat. Ich hätte dich nicht reingelassen«, sagte Katia kühl, die mit Elisa auf dem Arm aus der Küche kam.
»Papa!«, jauchzte die Kleine und strampelte sich frei.
»Mein Sternchen, ich habe dich so vermisst!«, er nahm seine Tochter auf den Arm, drückte sie fest an sich und musste schon wieder mit den Tränen kämpfen. »Aua!« Einer der Welpen hatte seine nadelspitzen Zähnchen in seine Achillessehne gerammt. Olga, die eine vorbildliche Mutter war, rempelte ihn unsanft weg.
»Erstaunlich«, fing Katia an, »das war Anton, der Liebling deiner Mädels. Der Kleine scheint ein wirklich gutes Gespür zu haben.«
»Kathi, jetzt lass ihn doch in Ruhe«, schaltete sich Giovanni ein. »Die kleinen Biester beißen doch in alles hinein, was sie zwischen die Zähne bekommen.« Er klang gestresst. »Warum sind sie überhaupt im Flur? Ich dachte, sie dürfen nur in ihrem Zimmer sein.«
»Keine Ahnung, ich habe die Tür nicht aufgelassen, ich war mit Elisa in der Küche.«
»Ich wollte euch eigentlich nur sagen, dass ich jetzt wieder ins Krankenhaus fahre«, sagte Adrian.
»Was heißt wieder?«, rief Katia, die gerade August und Adelheid ins Zimmer bugsierte. »Warst du gestern etwa noch bei ihr?« Er nickte. »Und?«, fragte sie misstrauisch.
»Es ist nicht einfach, aber sie ist einverstanden, dass ich heute wiederkomme und mit ihr rede.«
»Mama?«
»Ja, mein Engel, ich fahre jetzt die Mama besuchen.«
»Mit! Mit! Mit!«
»Mäuschen, ich kann dich nicht mitnehmen.« Elisas blaue Kulleraugen füllten sich mit Tränen. »Schau, du musst doch auf die Wauwaus aufpassen. Und später komme ich wieder zu dir. Versprochen!« Er streichelte über ihre dunklen Locken und küsste sie. Dann stellte er sie auf den Boden. »Schau mal, da hinten ist der freche Anton!« Die Kleine lief prompt dem Hund hinterher, und Adrian verabschiedete sich rasch. »Darf ich nachher wiederkommen?«
»Natürlich!«, sagte Giovanni. »Wir sind zuhause. Heute kommen ein paar Interessenten für unsere Höllenbrut.« Er grinste. »Grüß meine Schwester, und sieh zu, dass du alles wieder in Ordnung kriegst!« Dann legte er ihm eine Hand auf die Schulter und schob ihn zur Tür raus, ehe Katia noch etwas hinzufügen konnte.
Als Adrian kurze Zeit später mit einem riesigen Blumenstrauß wieder im
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