Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mueller, Carin

Mueller, Carin

Titel: Mueller, Carin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: High Heels und Hundekuchen
Vom Netzwerk:
du sonst so ein lieber Kerl bist, aber nächstes Jahr kommst du hier nur in Lederhose rein! Nimm dir ein Beispiel an deiner Familie!« Sie deutete mit einer ausladenden Geste auf die Trachtenpracht ihrer Gäste. Er nickte zerknirscht. Diese Frau, ach was, diese ganze Familie überforderte ihn völlig. Allerdings musste er zugeben, dass speziell die Frauen sensationell aussahen in ihrer »folkloristischen Verkleidung«, wie er es bislang immer genannt hatte. Diese Dirndl holten selbst aus der letzten grauen Maus noch was raus. Nicht, dass viele graue Mäuse da gewesen wären. Antonella sah umwerfend in ihrem roten Kleid aus, und Katias Dekolleté ließ selbst einen wunschlos glücklich verheirateten Mann auf schräge Gedanken kommen. Kein Wunder, dass Giovanni wie ein siamesischer Zwilling an ihr klebte. Der machte in seiner Lederhose übrigens auch durchaus bella figura. Und dann müsste so ein Ding an ihm eigentlich auch … oder?
    »Liebe Familie, liebe Freunde, ich freue mich, dass ihr euch alle Zeit für so eine alte Schachtel wie mich nehmt. Aber ich habe beschlossen, dass ich ab sofort jeden Geburtstag ganz groß feiere, denn ich weiß ja nicht, wie viele es noch sind …«
    »Du feierst schon immer jeden deiner Geburtstage ganz groß!«, unterbrach sie Gianluca. »Und seit ich denken kann, sagst du das Gleiche.« Die Gäste lachten zustimmend.
    »Dann ist vielleicht dein Denkvermögen nicht besonders gut ausgeprägt, du frecher Kerl«, tadelte sie mit einem gutmütigen Lächeln ihren Enkel. »Denn das, was jetzt kommt, habe ich noch nie gesagt!« Sie machte eine malerische Kunstpause.
    »Wollen wir wetten?«, flüsterte Giovanni Katia ins Ohr. »Jetzt kommt gleich: ›Ich wünsche mir nur einen Ring für Hansi und mindestens einen neuen Urenkel.‹ Das sagt sie in Variationen, seit Gianluca und ich volljährig sind.«
    Und wie aufs Stichwort: »Ich wünsche mir nur eines für mein neues Lebensjahr: dass Kathi diesen Windhund von Hansi zähmt und Toni und Andi ein gesundes Baby bekommen. Denkst du, mir ist nicht aufgefallen, dass du immer nur so getan hast, als würdest du Wein trinken? Und jetzt hier alkoholfreies Bier zu bestellen, da muss was im Bauch sein!«
    »Das waren ja schon zwei Wünsche! Und dafür, dass du mein Geheimnis ausgeplaudert hast, kriegst du jetzt kein Geschenk mehr!«, sagte Antonella mit gespielter Empörung, ehe sie sich gegen die anrollende Begeisterungswelle ihrer Verwandten zu Wehr setzen musste.
    Über den Tisch hinweg sahen sich Katia und Adrian mit leicht ratlosem Blick an. Wo waren sie da hineingeraten? Er schüttelte leicht resigniert den Kopf, nahm seinen Maßkrug und prostete Katia zu. »Auf gute Nerven, die können wir mit dieser Sippe wirklich brauchen!«

KAPITEL 11
    Ruhe vor dem Sturm
    K atia warf sich ihre Handtasche über die Schulter und rief nach Olga. Es war der Sonntagvormittag nach dem Oktoberfestbesuch, und sie wollte mit ihrem Hund nach Darmstadt fahren. Auf der dortigen Hundeausstellung hatte sie einen Termin mit dem lokalen Zuchtwart des Terrier-Klubs. Es ging um Olgas offizielle Zulassung als Zuchthündin. Seit sie aus München zurückgekehrt waren, hatte sie sich wie eine Besessene auf das Tier gestürzt, war aber ansonsten merkwürdig zurückhaltend. Der Besuch bei ihren Eltern und vor allem der Brief der Großmutter hatten einen erheblich größeren Eindruck hinterlassen, als sie es sich zunächst eingestehen wollte. Sie ahnte, dass sie sich früher oder später den lang verdrängten Problemen in ihrem Leben würde stellen müssen – dem Verhältnis zu ihren Eltern, der Sache mit Giovanni und vor allem ihrem Selbstbild. Aber im Moment fühlte sie sich noch nicht bereit dafür. Stattdessen konzentrierte sie sich ganz auf Olga, war mit ihr beim Friseur gewesen, hatte die wesentlichen Gehorsamsübungen wiederholt und sich schließlich Antonellas Auto für die Fahrt zu der Hundeausstellung geliehen. Über ihre Eltern, über Giovanni und über ihr Leben würde sie schon noch nachdenken. Irgendwann. Aber nicht jetzt. »Bis später!« Sie drückte Giovanni einen flüchtigen Abschiedskuss auf den Mundwinkel und verließ eilig ihre Wohnung.
    »Viel Erfolg!«, rief ihr Giovanni noch hinterher und schloss dann die Tür. Was sollte er jetzt machen? So hatte er sich das Wochenende jedenfalls nicht vorgestellt. Seit sie am Mittwoch wieder nach Frankfurt gekommen waren, hatte er Katia kaum gesehen. Beide hatten viel Arbeit, und dann war sie in ihren merkwürdigen

Weitere Kostenlose Bücher