Mueller, Carin
oder soll Elisa ernsthaft das volle Menü mit Weinbegleitung haben?«, fragte sie Adrian und Charlotte, die ihr inzwischen Gesellschaft leisteten. Sie zählten nochmals durch, und tatsächlich stand eine Garnitur zu viel auf dem Tisch.
»Mutter, ich glaube, Elisa ist noch ein bisschen zu klein, um ordentlich mit Messer und Gabel essen zu können«, sagte Adrian lächelnd zu Brigitte, die gerade ins Esszimmer kam.
»Natürlich ist sie das, Junge.«
»Dann hast du dich wohl verzählt. Hier sind neun Gedecke, aber wir brauchen nur acht.«
»Sei nicht albern, natürlich habe ich mich nicht verzählt. Wir erwarten noch einen Gast zum Essen.«
»Wen denn?«, fragte Charlotte.
»Gisela kommt!«, sagte Brigitte mit maliziösem Lächeln.
»Wie bitte?«, riefen Charlotte und Adrian gleichzeitig. Und auch Ludwig machte ein überraschtes Gesicht. Antonella hatte das Gefühl, dass alles Blut aus ihrem Körper wich. Sie musste sich an einer Stuhllehne festhalten.
»Ich habe sie eingeladen, sie hat ja sonst niemanden. Und da dachte ich mir, ich tue ein gutes Werk. Und außerdem kann etwas Niveau dieser Runde nicht schaden.«
Bildete sich Antonella das ein, oder sah ihre Schwiegermutter sie gerade außerordentlich triumphierend an? »Wusstest du davon?«, presste sie hervor.
»Natürlich nicht«, antwortete Adrian leise und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Aber bitte mach jetzt keine Szene, meine Mutter meint das doch nur gut.«
»Wie bitte? Deine Mutter lädt deine Exfrau an Heiligabend zu unserer Familienfeier ein, um das Niveau zu heben!« Sie schüttelte seine Hand ab und funkelte ihn konsterniert an. »Und deine einzige Sorge ist, dass ich keine Szene mache?«
»Das würde ja auch niemandem weiterhelfen! Komm, es ist doch bisher alles so gut gelaufen. Mach es jetzt nicht kaputt«, bat er sie eindringlich.
Das war zu viel. »Ich soll nichts kaputt machen??«, zischte sie völlig fassungslos und sah in die Runde. Riccardo wirkte, als wäre er jetzt gerne weit weg, und auch Charlotte und Ludwig machten beklommene Gesichter. Aber keiner schien sich bemüßigt zu fühlen, Brigitte ins Gewissen zu reden, die mit einem außerordentlich selbstgefälligen Lächeln die Gläser auf dem Tisch umarrangierte.
»Mama!«, piepste es von unten. Elisa hatte ihre Ärmchen um Antonellas Bein geschlungen und schaute ihre Mutter mit großen Augen an.
»Komm, mein Engel, wir fahren heim«, sagte sie mit zitternder Stimme. Dann nahm sie die Kleine auf den Arm und verließ das Esszimmer.
»Das kannst du nicht machen!« Adrian war ihnen in den Flur gefolgt. »Damit hätte sie gewonnen.«
»Mir war nicht klar, dass ich mit deiner Mutter konkurrieren muss oder in irgendeinem seltsamen Wettbewerb mit ihr stehe«, erwiderte sie kühl und zog ihrer Tochter Jacke und Winterstiefel an.
»Du weißt, wie ich das meine.«
»Ich weiß gar nicht, warum du überhaupt mit mir diskutierst und nicht deine Sachen nimmst und deine Familie nach Hause bringst.« Sie sah ihn unverwandt an. »Das erschiene mir die einzig angemessene Reaktion.«
»Das kann ich nicht machen. Sie sind nämlich zufällig auch meine Familie, und ich möchte nicht in einer Entweder-oder-Situation landen. Also bitte, sei vernünftig und bleibe hier!« Er hatte einen fast flehenden Blick.
Antonella schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid. Ich werde mich hier nicht vorführen und weiter demütigen lassen!« Sie zog ihren Mantel an.
»Tu das bitte nicht!«
»Das Gleiche könnte ich auch sagen.« Für einen Moment starrten sie sich wortlos an, als warteten sie darauf, wer als Erster einlenkte. Dann nahm Antonella ihr Kind und verließ das Haus.
»Zeit für deine Überraschung!« Max sah auf seine Uhr und stand auf. Sie hatten gerade das erste Glas Champagner getrunken. Als er vor einer halben Stunde angekommen war, hatte er sich überwältigt gezeigt von dem Weihnachtstraum, den Katia in ihrer Wohnung inszeniert hatte. Damit hatte er offensichtlich nicht gerechnet.
»Wollen wir damit nicht bis nach dem Essen warten?«, fragte Katia. »Ich meine, wir könnten doch eine ganz traditionelle Bescherung machen, oder?« Sie merkte, wie ihr Herz immer schneller schlug. Egal, was die Überraschung war, sie hatte das Gefühl, dass sie sie mit einem gefüllten Magen und noch etwas mehr Champagner deutlich besser würde verkraften können. Verdammter Christian! Was musste er ihr auch so einen Floh ins Ohr setzen.
»Ich fürchte, die Überraschung kann nicht warten«, sagte er
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