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Mueller und die Schweinerei

Mueller und die Schweinerei

Titel: Mueller und die Schweinerei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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wissen, wer du bist. Sonst bekämst du von uns nicht einfach so einen Sirup.«
    »Ach, nicht?« Der Müller staunt über die Schlagfertigkeit der drei Landkinder. Auch über ihre Namen. Haben sie letztes Mal nicht anders geheissen? Weiss er nicht mehr.
    Und die Kinder: »Nein, weil vielleicht wärst du sonst der, der unseren Schweinen Gift ins Essen getan hat, sodass neununddreissig von den hundertachtundneunzig Schweinen qualvoll in die ewigen Jagdgründe eingegangen sind, was unseren Eltern einen Verlust von rund Franken 27’600 verursacht hat. So hoch beläuft sich nämlich die richtige Summe, Herr Müller. Wir könnten also unsere Skiferien und das Jungwacht- und Blauringlager für viele Jahre vergessen, wenn unsere Eltern nicht äusserst vernünftig wirtschaften würden. Weil versicherungsrechtlich ist das schon ein Problem. Wird die Täterschaft nicht festgestellt, kann niemand für den Schaden haftbar gemacht werden.«
    Hat der Müller richtig gehört? Seither glaubt er fast an Gedankenübertragung. Weil so eine Erfahrung ist schon grenzwertig. Wenn dir Kinder plötzlich Sachen sagen, die gerade noch in deinem Kopf herumgeschwirrt sind, und zwar wortwörtlich, nur mit korrigierter Schadensumme. Aber es ist wahr, ich habe das nicht erfunden.
    Auf dem Boden bleiben, denkt der Müller, halluziniere ich? Fragt trocken: »Wie kommt ihr auf eine höhere Schadensumme?«
    »Also, du hast vieles richtig gerechnet«, sagt das Annerösli wie eine Managerin die gute Nachricht zuerst, »nämlich mit dem Schlachtgewicht, das 80   Prozent des Lebendgewichts von je 120   Kilogramm beträgt. Neununddreissig Schweine, gespalten, à 120   Kilogramm = 4680   Kilogramm. Das ist das Lebendgewicht. 80   Prozent davon sind 3744   Kilogramm.«
    »Ja, weiss ich«, sagt der Müller etwas angefressen, »aber gerechnet habe nicht ich das, sondern die Kollegen von der Kantonspolizei Aargau. Wo ist der Fehler?«
    »Bei der Fleischkategorie! Du hast mit › IP -Suisse‹-Fleisch gerechnet, aber wir wirtschaften in der Kategorie ›Bio‹. Da bekommst du fast das Doppelte, 7.37 statt 3.88, wenn man das aktuelle Jahresmittel zugrunde legt«, sagt das Annerösli.
    Das kann der Müller nicht so leicht auf sich sitzen lassen. Muss noch Senf dazugeben. Vergeltung wegen dieser altklugen Aufführung. Sagt darum: »Aber dieses Jahr liegt der Bio-Preis fast konstant bei 7.20, da wird die Versicherung sicher nicht auf den höheren Tarif vom letzten Jahr eingehen.«
    Das hat gesessen. Der Müller zufrieden, weil er das letzte Wort hatte. Jetzt sind die naseweisen Schnudernasen wenigstens einen Augenblick still.
    Und, ehrlich gesagt und die innerpersönliche Eitelkeit einmal beiseitegeschnäuzt, der Müller freut sich in der trockenen Sauhitze der ländlichen Gegend, in deren Luft feinste Heupartikel schweben, dass die Kinder über ökonomisches Denken verfügen, das sie in der Zukunft gut werden brauchen können.
    Das Annerösli und der Gustav holen mehr Wasser für in den Sirup, und der Meinrad holt den Vater und die Mutter. Und der Müller bleibt sitzen und wartet. Bald kommt der Schwendihofbauer Heini Angst mit seinem blond gekräuselten Bart, streckt die Hand zum Gruss dem Polizeimann entgegen, mit freudigem Gesicht, und der Müller denkt, jetzt will er brillieren, verbindlich sein und die Namen der Kinder einflechten und sagt: »Gustav und Meinrad und das Annerösli haben mir schon Sirup angeboten.« Da lacht der Heini Angst und sagt: »Ach, dann spielen sie wieder Innerschweiz!« Der Müller versteht nicht und zeigt es in seinem Gesicht, und der Heini erklärt: Die Kinder heissen nicht so. Meinrad ist ein Name aus Einsiedeln, wo damals der Eremit im Urwald »Meinrad« geheissen hat, der später ermordet wurde, und deshalb sagen sie dem »Innerschweiz spielen«, wenn einer Meinrad heisst.
    Ja, da denkt der Müller, o du reine Kindheit, die du noch nichts weisst von Verbrechen und Schusswaffentrauma, von Fixerabszessen und organisiertem Verbrechen und von psychisch et cetera, sondern einfach, wenn dir danach ist, Innerschweiz spielen kannst.
    Heini Angst setzt sich mit an den Tisch, trinkt einen Sirup, legt seine zerfurchten Bauernhände auf den Tisch und sagt, er habe noch immer keine Idee, wer ihm den bösen Streich gespielt habe. Er glaube an eine Verkettung unglücklicher Zufälle, weil wer könnte es schon ausgerechnet auf seine Schweine abgesehen haben? Wer könnte ihm und seiner Familie Schaden zufügen wollen? Nicht, dass er nur

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