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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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deshalb legte ich überhaupt keinen Wert darauf, sie zu verkaufen, es sei denn jemand hätte tatsächlich diesen fantastischen Preis bezahlt, mit dem ich sie ausgezeichnet hatte. Schon eher ging es um den filigranen Silberschmuck daneben, den man, einmal angelockt, aus der Nähe begutachten konnte. Stücke, die ich dringlich an den Mann bringen wollte, stellte ich ein Stückweit dahinter auf, scheinbar achtlos. DasBild war schlampig auf einen Stuhl gestellt. Der Kunde spähte durch Schaufenster, bemerkte das Bild und war sicher, dass dieser Simpel von Händler gar nicht wusste, was er da für ein Wertstück hatte. Auf dieser Basis machte man im Trödelbereich die besten Geschäfte.
    Von meiner Theke aus sah ich, dass ein Mann wie festgenagelt vor meinem Schaufenster stand. Endlich betrat er den Laden. Er trug einen grauen Kaschmirmantel und einen grünen, breitkrempigen Hut, dessen breites, geflochtenes Band in einer seitlich herabhängenden Quaste auslief, einem derart dicken Teil, als habe er das Brokatgehänge am Fenster zu Hause geplündert. Schon als er mich über seine Lesebrille hinweg zu inquirieren begann, wusste ich, dass hier irgendwelche Mitmenschlichkeitsrabatte nicht infrage kamen.
    – Was soll denn das kosten? Dieser Ölschinken da.
    – Dieser Ölschinken ist ein echter Banzer, entgegnete ich gepflegt.
    – Und ist das ein Name? Kennt man den?
    – In diesem Genre wohl. Ich wüsste nicht, wer diesem Motiv noch so viel Originalität abgewinnen könnte. Ein Zeitgenosse von Leibl übrigens.
    Leibl zog in München immer. Ihn hätte ich wie geschnitten Brot verkaufen können. Ohne Ende.
    – Also schön, was soll Ihr Banzer dann kosten?
    – Elfhundertfuffzig.
    Das klang gut und hart durchkalkuliert. Der Graumann lachte höhnisch auf, er zerrte die Brille von seiner Nase und versuchte sie in eine Tasche zu stecken, wo keine war: vorne am Mantel.
    – Vollkommen irre, guter Mann.
    – Schade, sagte ich. Aber einen echten Banzer geben wir nie günstiger ab. Tut mir leid. Der hat eine Stammkundschaft.
    Jetzt wurde er fuchsig, er dachte, ich würde zu feilschen beginnen.
    – Ich biete Ihnen achthundert.
    Ich schüttelte den Kopf. Wütend drehte er sich um und machte Anstalten, meinen Laden zu verlassen. An der Tür wollte er mir noch einen mitgeben.
    – Überlegen Sie sich das. Mehr holen sie für das Ding sicher nicht heraus.
    – Schauen wir mal.
    – Genau.
    Schon war er draußen. Nach einer Weile schaute ich aus dem Laden, ob er tatsächlich weg war. Die Straße war leer. Nun nahm ich das Bild aus dem Fenster.
    Mit vielem hatte ich gerechnet, aber nicht damit, dass er schon kurz nach Mittag wieder in meinem Laden stehen würde. Wahrscheinlich hatte er seine Besorgungen hinter sich gebracht und noch etwas gegessen. Ich hatte auch Hunger und wollte den Laden gern schließen.
    – Ist das Bild verkauft?
    – So gut wie, antwortete ich.
    Das war in diesem Fall, wenn ich nicht total danebenlag, die reine Wahrheit.
    – Ist es jetzt verkauft oder nicht?
    – Formell nein.
    – Also her damit!
    Den Herrn wollte er dann doch hervorkehren, wenn er schon unterlegen war. Er warf seine Kreditkarte auf die Theke.
    – Nur bar, sagte ich.
    – Okay, sagte er, aber dann liefern Sie zu mir nach Hause.
    – Gerne. Aber ein Hunni Anzahlung möchte schon sein.
    Er nagelte Visitenkarte und Geldschein wie zwei Trumpfkarten auf den Tisch und segelte davon. Nun war also zu meinem Hunger auch die Vorfreude auf etwas kulinarisch Besonderes gekommen, das ich mir bei so florierenden Geschäften gut leisten konnte. Ich sperrte alles ab und ging hinüber zum Wirtshaus in die Großmarkthalle.

25
    Seit der Adelung dieses Albinobräts zur Spezialität ist das Deppenspiel im Gange, wo es die beste Münchner Weißwurst gibt. Praktisch jedes Gasthaus macht sich anheischig, sie zu haben. Bei einer heißen Bosna im Schafdarm Kaliber zwanzig aus dem Balkangrill, die nach dem Anstechen erst mal minutenlang paprikarotes Sickerfett abgibt, kann man sofort sagen, dass sie zu speckig geraten ist. Später kann man noch darüber rechten, ob zu viel Knoblauch, Chili oder sonst was Ungutes drin ist. Bei einer Wurst jedoch, deren Zutaten gesetzlich so festgeklopft sind wie das Reinheitsgebot für Bier und die im besten Fall als weiches, warmes, irgendwie angenehmes Nichts im Mund liegt, gibt es außer Kennermienen und Verwendung von Gammelkalbfleisch wenig Kriterien.
    Hin und wieder esse ich gerne eine Weißwurst, aber nie zusammen mit Leuten, die

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