München Manhattan #1
ihren Mann anzurufen.
Susanna öffnet mit dem Schlüssel die Wohnungstür und erschreckt sich. Direkt vor ihr, als hätten sie an der Tür gewacht, stehen Peter und Kristin. Beide blicken sie ernst an. Kein Zweifel: Die Luft in der Wohnung ist ziemlich dick. Und die Stimmung so kühl, dass es Susanna fröstelt.
„ Hee Leute, was soll denn das? Was seht ihr mich so an? Ist was passiert?“
Susanna zögert. Vielleicht ist ihr Ton total unpassend und es ist wirklich etwas Schlimmes passiert. Etwas sanfter und freundlicher blickt sie Peter fragend an. Doch er geht nicht auf ihre Frage ein.
„Lass uns ins Wohnzimmer gehen, Susanna.“
„Ist was mit Robert passiert? Oh Gott.” Susanna läuft ihrem Bruder ins Wohnzimmer hinterher. Sie setzt Tom aufs Sofa und bedeutet Anna, sich die Schuhe auszuziehen.
„Mama, was ist mit Papa? Kann ich ihn anrufen?“ Anna blickt verängstigt zwischen ihrer Mutter und ihrer Tante hin und her.
„Keine Angst, Liebes. Deinem Papa geht es gut. Vielleicht kannst du ihn später anrufen“, beruhigt sie Kristin.
„Ich will aber jetzt!“ Anna hat ihre Schuhe ausgezogen und stampft auf den Boden.
„Ich will auch!“ Tom imitiert wie so oft seine Schwester.
„Susanna“, sagt Kristin. „Robert geht es gut. Aber wir müssen mit dir reden. Am besten setzen wir die Kinder zu Elisa in unser Schlafzimmer. Sie schaut dort gerade einen Film. Kinder, kommt mal mit. Möchtet ihr noch etwas trinken? Wartet, ich hole euch was.“
Kristin geht in die Küche, stellt den Kindern zwei Gläser mit Saft auf ein Tablett und begleitet sie ins Schlafzimmer.
„Peter!“, schimpft Susanna. „Jetzt behandel ‘ mich nicht wie eine Bekloppte. Was wird hier gespielt? Jetzt sag schon!“
Kristin kommt aus dem Schlafzimmer wieder, geht an Susanna vorbei und setzt sich auf die Couch. Peter setzt sich daneben und bedeutet seiner Schwester, sich auf den Sessel zu setzen. Susanna schüttelt den Kopf. Sie möchte lieber stehen. Kristin räuspert sich.
„Ich habe heute mit Robert telefoniert“, sagt sie. „Er hat mir alles erzählt.“
Susanna blickt Kristin ungläubig an. „Du hast was? Wie konntest du nur? Das geht dich überhaupt nichts an. Sag’s ihr, Peter. Sie kann sich doch nicht einfach in meine Ehe einmischen!“
Susanna sieht ihren Bruder an. Aber er schaut weg.
„Susanna. Jetzt beruhige dich erstmal !“, sagt Kristin.
„Jetzt sag du mir nicht auch noch wie ich mich verhalten soll, Kristin. Du bist meine Schwägerin und nicht meine Mutter. Du hast mir nichts zu sagen und ich bleibe dabei, dass du überhaupt kein Recht hattest, meinen Mann anzurufen. Ich habe mein Leben im Griff. Ich brauche deine Hilfe nicht!“
„Susanna!“ Peter unterbricht seine keifende Schwester. Sein Ton ist warnend. „Kristin hat nichts Böses getan und du wirst auf der Stelle aufhören, meine Frau in ihrer eigenen Wohnung anzuschreien. Hast du mich verstanden?“
„Peter, das muss doch nicht sein.“ Kristin hat ihre Hand beruhigend auf den Arm ihres Mannes gelegt. Es fühlt sich gut an, nach so langer Zeit trotz aller Schwierigkeiten, wieder mal auf derselben Seite zu stehen.
„Susanna!“, sagt sie. „Jetzt hörst du mir bitte einfach mal zu. Versteh doch: Es geht mich sehr wohl was an. Du bist hier in unserer Wohnung. In unserer kleinen Wohnung. Du schneist hier einfach vorbei mit deinen Kindern, ohne Erklärung und wir dürfen dich noch nicht mal fragen was los ist. Oder wie lange du vor hast zu bleiben. Du hast ein Leben in München. Und einen Mann. Und ihr habt echte Probleme. Ich finde …“
„Oh danke, liebe Kristin“, faucht Susanna wütend. „Danke, dass du mich daran erinnerst, dass ich eine Familie habe. Das weiß ich selbst.“
„Oh Mann, Susanna. Du machst es einem aber auch wirklich unmöglich, dieses Gespräch nicht ausarten zu lassen. Ich versuche doch nur …“
„Ach, jetzt bin ich schuld, dass ihr mir hier auflauert, um mich dann als vereinte Front in Frage zu stellen. Ihr habt ja keine Ahnung, was bei uns los ist. Es interessiert euch ja überhaupt nicht, wie es mir geht.“ Susanna bricht in Tränen aus.
Normalerweise kann Peter spätestens in so einer Situation seiner Schwester nicht mehr böse sein. Nach nur einer Träne fühlt er sich unendlich hilflos. Peter beugt sich zu seiner Schwester vor, aber Kristin hält ihn zurück.
„Susanna. Jetzt hör auf mit dem Geheule. Das zieht heute nicht!“, sagt sie.
Vor Schreck blickt Susanna hoch und verschluckt sich fast
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