Münsterland ist abgebrannt
Nerven», flüsterte Bastian. «Außerdem komme ich mir als Zuschauer überflüssig vor. Morgen bleibe ich länger. Versprochen.»
«Mir musst du nichts versprechen», rief Mia ihm hinterher.
«Dein Vater ist im Krieg …», sang der Chor zum Abschied. «… Deine Mutter ist im Münsterland. Münsterland ist …»
Schnell schloss Bastian die Stationstür hinter sich.
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Langsam radelte er durch die Innenstadt von Münster in Richtung Polizeipräsidium. In dieser Nacht würde er zum ersten Mal seit seiner Rückkehr von Spitzbergen wieder arbeiten. In der K-Wache. Kaum waren Yasi und er in Münster angekommen, hatte sich Kriminalrat Biesinger bei ihm gemeldet und ihn ins Präsidium zitiert. An Biesingers sachlichem Tonfall war nicht zu erkennen gewesen, was Bastian bevorstand, zwischen sofortigem Rauswurf und Versetzung ins KK 11 schien alles möglich.
Und auch am nächsten Tag, als Bastian nach einer unruhigen Nacht im Büro des Kriminalrats aufgekreuzt war, hatte Biesinger es spannend gemacht.
«Sie brauchen sich gar nicht erst zu setzen», verkündete der Kriminalrat mit schneidendem Tonfall. «Wir haben einen Termin beim Präsidenten. Er möchte selber mit Ihnen reden.»
Schweigend dackelten sie durch den Flur, Biesinger voraus, Bastian hinterher. Normalerweise mischte sich der Präsident nicht in die Arbeit der Kriminalpolizei ein, das überließ er seinem für die Kripo zuständigen Stellvertreter. Als Chef der Behörde war Walter Terbrock in erster Linie Politiker – und Medienmensch. Es verging kaum eine Woche, in der sein Foto nicht in der Zeitung abgedruckt wurde.
Biesinger und Bastian warteten ein paar Minuten im Vorraum, dann wurden sie ins Allerheiligste vorgelassen. Auf dem runden Besprechungstisch standen Tassen und Kekse.
«Möchten die Herren einen Cappuccino?», fragte Präsident Terbrock, der seinen Stabschef zur Unterstützung mitgebracht hatte. «Ich finde, in Deutschland gibt es viel zu wenig italienische Lebensart.»
Bastians Magen hatte sich vor geraumer Zeit in einen harten Klumpen verwandelt, trotzdem wagte er nicht, das Angebot abzulehnen.
Der Kaffee kam. Der Präsident, sein Stabschef und Biesinger rührten in ihren Tassen. Terbrock nahm einen vorsichtigen Schluck. Ganz großes Kino. Wenn man darauf stand.
«Sehen Sie, Herr Matt», sagte der Präsident schließlich. «Sie sind ein Held der Boulevardpresse. Man feiert Sie dafür, dass Sie entscheidend zur Aufklärung einer Mordserie beigetragen haben. Dass Sie der norwegischen Polizei zur Seite gesprungen sind, als es darauf ankam, und Menschenleben gerettet haben. Wir wären doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir nicht anerkennen würden, dass Sie unter den gegebenen Umständen das Richtige getan haben. Nicht wahr, Herr Biesinger?»
«Unter den gegebenen Umständen war das ordentliche Arbeit», sagte Biesinger.
«Gegebene Umstände, das ist das Stichwort», fuhr Terbrock fort. «Sie wissen selbst, Herr Matt, dass Sie sich in den letzten Wochen einige Verfehlungen haben zuschulden kommen lassen. Sie haben eigenmächtig und gegen die Anweisungen Ihrer Vorgesetzten gehandelt. Sie haben eine Tatverdächtige über den Stand der Ermittlungen informiert, Sie sind zusammen mit dieser Tatverdächtigen, Frau …»
«Dr. Yasi Ana vom Rechtsmedizinischen Institut», half der Stabschef.
«… Dr. Ana ins Ausland gereist, ohne irgendjemanden in der Mordkommission zu informieren.» Er machte eine gewichtige Miene. «Hätten die Ereignisse kein so glückliches Ende genommen – für
Sie
glücklich, Herr Matt, verstehen Sie mich da nicht falsch! –, dann wären wir jetzt auf jeden Fall gezwungen, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, das empfindliche Folgen für Sie hätte. Stellen Sie sich nur mal vor, Frau Dr. Ana hätte die Absicht gehabt, auf Spitzbergen weitere Morde zu begehen.»
Bastian wollte widersprechen, sah jedoch, dass Biesinger unterhalb der Tischkante beschwichtigend mit der Hand wedelte.
«Stellen Sie sich das mal vor!» Der Präsident schaute Bastian mit seinem besorgten Fernsehgesicht an.
Bastian senkte den Blick.
Nun sag schon
, dachte er,
ihr habt doch längst beschlossen, was ihr mit mir machen wollt
.
«Aber so, wie es gelaufen ist, würde uns die Presse steinigen, wenn wir Ihnen den Prozess machen.»
Na also
, dachte Bastian. «Darf ich fragen …»
«Herr Biesinger wird Ihnen jetzt sagen, was wir uns überlegt haben.»
«Folgendes Angebot», sagte Kriminalrat Biesinger schnell. «Kein
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