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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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zuckte mit den Schultern.
    »Keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal, ob er es wirklich war. Ich habe nur jemanden auf der Treppe gehört, und eine Tür, die geöffnet und wieder zugemacht wurde.... Ja, natürlich, es war ihre Tür, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Keine Stimmen?«
    »Nein.«
    Rooth schlug eine Seite auf seinem Block um.
    »Wie war er so?«, fragte er. »Leverkuhn, meine ich.«
    Sie begann an einer der dünnen Holzperlen zu zupfen, die sie in Unmengen um den Hals trug, während sie ihre Worte abwog.
    »Ja, ich weiß nicht so recht«, sagte sie. »Eigentlich ganz höflich, denke ich. Hat immer freundlich gegrüßt ... war immer ziemlich fesch und ordentlich, hat sich zwar ab und zu mit seinen Freunden ein Glas zuviel genehmigt, aber nie so viel, dass es unangenehm wurde. Aber ich habe ihn natürlich nur beim Weggehen und Wiederkommen gesehen. Sozusagen.«
    »Seit wann wohnen Sie schon hier im Haus?«
    Sie rechnete nach.
    »Seit elf Jahren«, sagte sie. »Die Leverkuhns wohnen bestimmt schon doppelt so lange hier.«
    »Und sein Verhältnis zu seiner Frau?«
    Wieder zuckte sie mit den Achseln.
    »Wie das so üblicherweise ist, nehme ich an. Alte Menschen,
die ihr ganzes Leben lang zusammen gelebt haben ... Sicher war sie manchmal etwas herrisch, aber mein Vater hatte es da schlimmer.«
    Sie musste lachen.
    »Sind Sie verheiratet, Herr Inspektor?«
    »Nein«, musste Rooth zugeben, »ich bin ledig.«
    Plötzlich lachte sie laut auf. Der schwere Busen wippte, und Mussolini wachte mit einem Ruck auf. Rooth war klar, dass er noch nie mit einer Frau dieses Umfangs geschlafen hatte, und ein paar Augenblicke lang – während ihre Lachsalve abebbte und Mussolini sich zum Flur hin schleppte – versuchte er sich vorzustellen, was für ein Gefühl das wohl wäre.
    Dann ging er lieber wieder zur Tagesordnung über.
    »Hatten sie viel Besuch?«, fragte er.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Oft Gäste?«
    »Nein, fast nie. Jedenfalls nicht, soweit ich es bemerkt habe ... und schließlich wohnen sie ja direkt unter meinen Füßen, und ich muss sagen, meistens ist es da unten still wie im Grab, auch wenn beide zu Hause sind. Das Einzige, was man in diesem Haus hört, das sind die jungen Leute, die wohnen ...«
    »Ich weiß«, unterbrach Rooth sie. »Und so war es an dem bewussten Abend wohl auch?«
    »Ja, ganz genauso war es an dem Abend auch«, wiederholte sie und strich sich gedankenverloren mit dem Zeigefinger über ihren nackten Unterarm.
    Dann lächelte sie und entblößte dabei vierundzwanzig tadellose Zähne. Mindestens.
    Mein Gott! Rooth spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg. Die will mich vernaschen, dachte er. Jetzt sofort.
    Am besten, ich haue hier ab, bevor ich die Bestie wecke!
    Er kam auf die Beine, bedankte sich für das Gespräch und nahm den gleichen Weg wie Mussolini.
     
    Die Bumsmaschinen – gemäß einem handgeschriebenen Zettel am Briefschlitz Tobose Menakdise und Filippa de Booning – reagierten
nicht auf das Klingeln, und als er sein Ohr an die Tür legte, konnte er nicht das geringste Geräusch aus der Wohnung vernehmen. Woraus er den Schluss zog, dass niemand zu Hause war, und ein Fragezeichen auf seinem Block verzeichnete. Dann ging er stattdessen zurück in den dritten Stock, zu Herrn Engel.
    Ruben Engel war mindestens fünfundsechzig Jahre alt und wurde von einer fleischigen roten Nase geprägt, die so hervorstechend war, dass er Rooth an einen Papagei erinnerte, den dieser auf einem Stoffbild über seinem Bett irgendwann in frühen Kindheitstagen gehabt hatte. Er konnte nicht sagen, ob das Aussehen – das von Herrn Engel, nicht das des Papageis natürlich  – mit übermäßigem Alkoholgenuss zusammenhing oder andere medizinische Ursachen haben könnte, aber auf jeden Fall wurde er sogleich an den Küchentisch eingeladen, zu einem kleinen Glühwein.
    Es sei so verflucht feucht in der Wohnung, erklärte Engel, und dass er den Tag deshalb immer mit einem warmen Getränk beginne.
    Um gesund zu bleiben, nur deshalb.
    Ansonsten sah es ziemlich sauber aus, stellte Rooth wohlwollend fest. Ungefähr so wie bei ihm zu Hause. Abwasch von ein paar Tagen. Zeitungen von ein paar Wochen und eine zirka monatsdicke Staubschicht auf Fensterbrett und Fernsehapparat.
    »Also, es geht natürlich um Herrn Leverkuhn«, begann Rooth und nahm einen Schluck von dem dampfenden Getränk. »Sie sagten Samstagnacht, dass Sie ihn ein wenig kannten. Dass Sie ein bisschen miteinander bekannt

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