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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Oma Wetterwachs. »Nun… wie gefällt es dir in der Großstadt, Agnes Nitt?«
    Agnes drehte sich um. »Oh… hallo, Oma…«, murmelte sie. Etwas trotziger fügte sie hinzu: »Hier bin ich nicht Agnes, herzlichen Dank.«
    »Es befriedigt dich sicher sehr, die Stimme einer anderen zu sein.«
    »Ich beschäftige mich mit Dingen, mit denen ich mich schon immer beschäftigen wollte.« Agnes atmete tief durch und schwoll zu ihrer vollen Breite an. »Und du kannst mich nicht daran hindern!«
    »Eigentlich gehörst du gar nicht dazu«, sagte Oma im Plauderton. »Du gibst dir Mühe, stellst aber immer wieder überrascht fest, daß du dich selbst beim Beobachten anderer Leute beobachtest. Und du denkst die falschen Gedanken, habe ich recht?«
    »Sei still!«
    »Ah. Dachte ich mir.«
    »Ich habe nicht die geringste Absicht, Hexe zu werden. O nein, ausgeschlossen!«

»Reg dich nur nicht auf, nur weil du weißt, daß es früher oder später doch passiert. Du wirst eine Hexe, weil du eine Hexe bist. Und wenn du Walter Plinge jetzt den Rücken kehrst… wer weiß, was dann mit ihm geschieht?«
    »Er ist nicht tot?«
    »Nein.«
    Agnes zögerte. »Ich wußte, daß er der Geist ist«, begann sie. »Doch dann wurde mir klar, daß er es gar nicht sein kann.«
    »Hm«, brummte Oma. »Hast du dich vielleicht von dem leiten lassen, was deine Augen dir zeigten? An einem Ort wie diesem?«
    »Einer der Bühnenarbeiter hat eben erzählt, sie hätten den Geist aufs Dach verfolgt und dann auf die Straße, um ihn schließlich zu erschlagen.«
    »Nun, du kommst nie sehr weit, wenn du glaubst, was du hörst. Was weißt du?«
    »Was ich weiß? Was soll das heißen?«
    »Komm mir bloß nicht auf die schlaue Tour, junge Dame.«
    Agnes musterte Oma und hielt es für besser, an diesem Punkt nachzugeben. »Ich weiß, daß er der Geist ist«, sagte sie.
    »Ja.«
    »Aber mir ist auch klar, daß er nicht der Geist sein kann.«
    »Ja?«
    »Und ich weiß… ich meine, ich bin ziemlich sicher, daß er niemandem schaden möchte.«
    »Gut. Ausgezeichnet. Es fällt Walter schwer, rechts von links zu unterscheiden, aber er weiß, was richtig und was falsch ist.« Oma Wetterwachs rieb sich die Hände. »Na, damit dürfte alles geklärt sein.«
    »Wie bitte? Das Rätsel ist doch überhaupt nicht gelöst!«
    »O doch. Wir wissen, daß Walter nichts mit den Morden zu tun hat, woraus folgt: Wir müssen den wahren Schuldigen finden. Und das ist ganz einfach.«
    »Wo ist Walter jetzt?«
    »Nanny hat ihn an einem sicheren Ort untergebracht.«
    »Sie ist ganz allein?«
    »Ich habe gerade gesagt, daß sie Walter Gesellschaft leistet.«
    »Ich meine nur… nun, er ist ein wenig sonderbar.«
    »Nur ein bißchen.«
    Agnes seufzte und wollte darauf hinweisen, daß es nicht ihr Problem war. Doch das hatte keinen Sinn. Das Wissen hockte wie ein selbstgefälliger Eindringling in ihrem Bewußtsein. Worum es auch immer ging: Es war auch ihr Problem.
    »Na schön«, sagte sie. »Ich helfe, wenn ich kann – weil ich hier bin. Aber nachher ist es vorbei, klar? Nachher läßt du mich in Ruhe. Versprochen?«
    »Meinetwegen.«
    »In Ordnung. Ich…« Agnes unterbrach sich. »O nein, das war viel zu einfach. Ich traue dir nicht.«
    »Du traust mir nicht?« wiederholte Oma. »Du sagst allen Ernstes, daß du mir nicht traust?«
    »Ja. Bestimmt findest du eine Möglichkeit, dich aus der Verpflichtung des Versprechens herauszuwinden.«
    »Ich winde mich nie irgendwo heraus«, widersprach Oma. »Außerdem ist es Nanny Ogg, die glaubt, daß wir unbedingt eine dritte Hexe brauchen. Meiner Meinung nach ist das Leben auch so schon schwer genug – ohne ein Mädchen, das einem dauernd im Weg ist, nur weil es glaubt, mit einem spitzen Hut gut auszusehen.«
    Eine kurze Pause folgte. »Auch darauf falle ich nicht herein«, erwiderte Agnes schließlich. »Du sagst, ich sei zu dumm, eine Hexe zu sein. Darauf antworte ich: O nein, dazu bin ich nicht zu dumm. Im Endeffekt läuft alles darauf hinaus, daß du dich wieder durchsetzt. Ich bin lieber die Stimme einer anderen Person als eine alte Hexe ohne Freunde, vor der sich alle fürchten, eine Hexe, die nur etwas schlauer ist als andere Leute und die eigentlich gar keine richtige Magie anwendet…«
    Oma neigte den Kopf ein wenig zur Seite.
    »Mir scheint, deine Sinne sind so scharf, daß du dich an ihnen schneiden könntest. Na schön. Wenn alles vorbei ist, lasse ich dich deinen Lebensweg selbst bestimmen. Ich werde nicht versuchen, dich aufzuhalten.

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