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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Marktwirtschaft in den hellsten Tönen – nur eben nicht in der jetzigen Form. Er will sie nicht abschaffen, sondern umbauen.« Der Ermittler überlegte kurz. »Und ich kann nicht erkennen, was daran falsch, gefährlich oder schlecht sein sollte. Ganz im Gegenteil.«
    »Wirst du ihn denn wählen, wenn’s so weit ist?«, fragte Kurz, ohne eine Antwort zu erwarten.
    Doch Häberle zögerte keine Sekunde: »Natürlich werd’ ich das. Es gibt keine Alternative. Schau dir doch die Situation in diesem Land an. In den vergangenen zwölf Jahren hatten wir alle möglichen politischen Konstellationen. Und jede dieser Regierungen hat’s seltsamerweise erst nach ihrer Abwahl besser gewusst. Ich frag mich, Thomas, wieso haben die das, was sie in der Opposition fordern, nicht getan, als sie selbst an der Macht waren?« Häberle war jetzt in Fahrt, wie immer, wenn er sich über die politische Lage aufregte. »Und wieso haben die Roten und Grünen kräftig mitgemischt, als es darum ging, den Sozialabbau in die Wege zu leiten?« Nur zu gut entsann er sich des Falles eines arbeitslosen Mittfünfzigers, der sogar in Mordverdacht geraten war, weil er sich gegen die ungerechten Hartz-IV-Regeln widersetzt hatte. Trotz der erdrückenden Beweislast, die man gegen ihn zusammengetragen hatte, war es dank Häberles Einsatz zu einer unerwarteten Wende gekommen.
    Kurz kannte seinen Kollegen gut genug, um zu wissen, dass jetzt ein langer Monolog über die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft folgen konnte. Wenn Häberle bei diesem Thema erst in Fahrt kam, war er nicht mehr zu bremsen. Zwar stellten sie jedes Mal fest, dass sie beide dieselbe Meinung dazu hatten. Doch jetzt hielt es Kurz für wenig sinnvoll, darüber zu diskutieren. Sein Interesse galt diesem aufstrebenden Politiker und dem, was der Verfassungsschutzbericht über ihn dokumentierte. »Steht da eigentlich drin, was dieser Bleibach bisher gemacht hat?«
    Häberle verzichtete auf weitere Bemerkungen zur aktuellen Politik und ließ ein paar Seiten des gedruckten Berichts durch die Finger gleiten, um das Buch dann an jener Stelle aufzuschlagen, die er mit einem gelben Aufkleber versehen hatte. »Ja, hier. In Göppingen 1972 geboren, aufgewachsen im Stadtbezirk Hohenstaufen, dann Hohenstaufen-Gymnasium, Studium der Politikwissenschaft in Tübingen, dazwischen einige Aufenthalte in Berlin, Washington, Dubai und Kairo.« Häberle überflog einige Zeilen. »War aber nie politisch aktiv. Zumindest sind keine Parteimitgliedschaften bekannt. Nicht vorbestraft. Ledig. Und wohnhaft im elterlichen Haus in Hohenstaufen, das er geerbt hat. Angemeldet bei Facebook, hat eigene Blogs im Internet …« Häberle sah auf. »Das sind so Möglichkeiten, seine eigene Meinung kundzutun und mit anderen, meist wildfremden Menschen, zu diskutieren.«
    Kurz lächelte. »Schon klar«, kommentierte er Häberles Erläuterungen gelassen. Offenbar traute ihm sein Kollege nicht zu, die modernen Technologien zu kennen.
    »Da wird heftig diskutiert. Unglaublich, was das Internet für Möglichkeiten eröffnet. Innerhalb weniger Wochen erreichst du Hunderttausende Menschen – vor allem kostenlos. Ohne Plakate, ohne Briefe, ohne Werbespots. Das wäre vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen.«
    »Und was weiß man sonst noch?« Kurz spielte auf Häberles Beziehungen zu den Kollegen des Staatsschutzdezernats an.
    Der Ermittler schob das Buch beiseite. »Bleibach ist voll vernetzt – in jeder Hinsicht. Mehrere Handys, eine Geliebte namens Evelyn Lindloff, 24 Jahre alt. Model aus Bremen.« Kurz grinste. »Dazu mehrere Konten, auch in Liechtenstein.«
    »Ach …«, staunte Kurz. »Das ist uns alles bekannt?«
    »Uns nicht, Thomas, aber den Jungs vom Staatsschutz.«
    »Und wovon lebt der Knabe?«
    »Er war nach Abschluss seines Studiums als Politikwissenschaftler für verschiedene Institute tätig, insbesondere in Berlin, und hat dort diverse Arbeiten und Dokumentationen zur jüngsten deutschen Vergangenheit wissenschaftlich begleitet. Ausstellungen, Vorträge, pädagogische Projekte. Das Übliche halt.«
    »Das Übliche halt, was man so macht, wenn man mit Schwätzen Geld verdient. Oh, August, irgendetwas haben wir beide falsch gemacht. Ich staune immer über das Heer der Freiberufler, die mal hier, mal dort einen Auftrag kriegen und trotzdem wunderbar leben können.«
    »Und uns«, knurrte Häberle, »uns kürzt man das Gehalt und verlangt, dass wir immer länger arbeiten.«
    Kurz grinste. »Ich versteh, August, du bist

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