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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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den falschen Fotos eine völlig andere Frau vorgegaukelt worden war, hätte sie also jederzeit an ihm vorbeigehen können, ohne dass ihm klar geworden wäre, dass sie seine nächtliche Chatroom-Partnerin war.
    Dass sie das Rasthaus Leipheim ausgewählt hatte, war kein Zufall. Dort kannte sie sich aus – und zudem lag es ganz in der Nähe ihres wahren Wohnorts.
    Damit sie ihn gleich erkennen würde, sollte er um 20 Uhr im Eingangsbereich stehen und eine zusammengefaltete ›Süddeutsche Zeitung‹ in den Händen halten. Sie hatte ihm versprochen, im ›auffälligen Lederoutfit‹ zu kommen. Außerdem sei sie mit ihren langen, blonden Haaren nicht zu übersehen.
    Als Miriam ihren Wagen auf dem Parkplatz abstellte, versuchte sie, sich die Aufregung des Mannes vorzustellen. Er war sicher mit großen Erwartungen hierhergekommen und nach allem, was sie sich geschrieben hatten, auf eine wilde Nacht mit ihr eingestellt – wo auch immer. Möglicherweise hatte er bereits irgendwo in der Nähe ein Hotelzimmer reserviert.
    Oder er würde ihr im Laufe des Abends vorschlagen, in nächster Zeit mit ihr zu seiner Jacht nach Porec zu fahren, von der er ihr schon mehrfach vorgeschwärmt hatte. Falls es dieses Schiff überhaupt gab. Denn nicht selten neigten die Männer im Internet nicht nur dazu, Persönliches preiszugeben, sondern auch dazu, mit Reichtum zu prahlen, der nur in ihrer Fantasie existierte. Die virtuelle Welt war voller Lügen.
    Eisige Nachtluft schlug ihr entgegen, als sie das Auto per Fernsteuerung verriegelte und auf nassem Asphalt zum beleuchteten Rasthaus hinüberging. Ihr langer, grauer Mantel wurde von Windböen ergriffen. Bereits von Weitem erkannte sie, dass sich vor einem erleuchteten Fenster seitlich des Eingangs die Konturen einer Person abhoben. Das musste er sein. Sie beschleunigte ihre Schritte, als wolle sie der feuchten Kälte so schnell wie möglich entkommen. Als sie näher kam, warf sie einen flüchtigen Blick auf den Mann, der in der rechten Hand eine Zeitung hielt, die so gefaltet war, dass man den charakteristischen Schriftzug ›Süddeutsche Zeitung‹ erahnen konnte.
    Miriam blickte ihn im hastigen Vorbeigehen flüchtig an und strebte der Eingangstür zu. Doch dieser Bruchteil einer Sekunde, als sie im fahlen Licht der Straßenlampe sein Gesicht aus der Nähe sah, genügte, um eine Erinnerung wachzurufen. Ihr wurde plötzlich klar, dass sie dem Mann schon einmal im ›richtigen Leben‹ begegnet war. Erst vor Kurzem. Natürlich. Sie trat in die wohlige Wärme des Innenraums, in dem die Hälfte aller Tische belegt war und vielfältiges Stimmengewirr an ihr Ohr drang.
    Sie tat so, als wolle sie sich an der Theke über das Angebot von Speisen und Getränken informieren, las aber nicht, was da stand, sondern versuchte, die soeben gemachte Erkenntnis logisch einzuordnen. Was würde dies für ihr weiteres Vorgehen bedeuten? Sie musste jedenfalls eine schnelle Entscheidung fassen.
    Noch stand der Mann draußen. Er hatte sie gar nicht zur Kenntnis genommen. Weshalb auch? Er wartete schließlich auf eine Blondine im engen Lederanzug. Oder er träumte davon, dass die Erhoffte im kurzen Ledermini daherkam, jetzt an diesem eisigen Spätnovemberabend.
    Miriam sah auf ihre Armbanduhr. Zwei Minuten nach acht. Viel Zeit blieb ihr jetzt nicht mehr.

69
     
    Häberle fühlte sich in diesen Tagen wie der sprichwörtliche Löwe im Käfig. Dass sich sein Geislinger Kollege Schmittke nur auf das persönliche Umfeld des ermordeten Jens Seifried beschränkte, gefiel ihm überhaupt nicht – selbst, wenn dies die Direktionsleitung so wünschte. Auch Kripo-Chef Kurz hegte seine Zweifel an dieser Vorgehensweise. Beide hatten sie deshalb noch einmal mit Direktionschef Baldachin gesprochen, doch der zeigte sich zurückhaltend, sobald Zusammenhänge mit Bleibach angedeutet wurden. »Ich stehe im engen Kontakt mit dem IM«, sagte er, um seine angeblich exzellenten Beziehungen zum Innenministerium wieder einmal hervorzuheben. »Sobald es konkrete Hinweise auf das gibt, was Sie zu erkennen glauben, haben wir eine neue Situation, auf die wir dann reagieren, wenn es so weit ist.«
    Häberle und Kurz hatten sich angeblickt und erkannt, dass ihnen als altgedienten Praktikern nichts anderes übrig blieb, als mit Fakten ihr ›Bauchgefühl‹ zu untermauern. Baldachin hatte ihnen noch eine Bemerkung mit auf den Weg gegeben: »Ich brauch Sie aber nicht daran zu erinnern, dass Sie Ihre Kompetenzen nicht überschreiten sollten.«
    Was

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