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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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spielt er jetzt beim Musical des Mörike-Gymnasiums mit?«, resümierte Linkohr fragend.
    Häberle nickte. »Und beschäftigt sich mit Barbarossa.« Bevor sein junger Kollege nachhaken konnte, fügte der Chefermittler an: »Aber politisch ist da nichts, sagt seine Mutter.«
    »Apropos Barbarossa«, überlegte Linkohr. »Bleibachs Frühlingsevent soll schon terminiert sein.«
    »Ja, 26. März. Tag vor der Landtagswahl. Das verheißt nichts Gutes für uns.«
    »Wenn wirklich Tausende auf dem Hohenstaufen erwartet werden, kann’s dort verdammt eng und ungemütlich werden.«
    »Ausschreitungen? Rechnen Sie mit Demos?« Linkohr fuhr sich über den Oberlippenbart.
    »Momentan halten sich Bleibachs Gegner ziemlich bedeckt. Aber irgendwann werden sie aus der Deckung kommen, glauben Sie mir. Dann kann das ziemlich schnell eskalieren.«
    »Und was hört man von diesem Konarek?«
    »Er hat die Polizeidirektionen zwischen Lech und Göppingen schriftlich über seinen Überlebensmarsch – oder wie man das bezeichnen will – informiert.«
    »Aber wenn er dabei doch zeigen will, dass er sich ohne Hilfe der Zivilisation durchs Gelände schlagen kann, wird er doch keinen Personenschutz brauchen«, meinte Linkohr.
    »Das denke ich auch. Außerdem bildet er Nahkämpfer aus.«
    »Irgendwo hab ich gelesen, dass es im Team von Bleibach eine Juristin gibt«, überlegte Linkohr. »Wäre doch nicht schlecht, sie einmal über alles zu interviewen.«
    Häberle war von diesem Vorschlag angetan. »Sehr gut, Herr Kollege.«

74
     
    Steffen Bleibach fühlte sich in diesen Wochen vor Weihnachten ausgelaugt. Mehr als ihm lieb war, zerrte die Ungewissheit über die Vergewaltigungsanzeige an seinen Nerven. Zwar hatte er nun mit einigen Kundgebungen im Saarland seine Deutschland-Tournee vorläufig beendet, doch so richtig freuen konnte er sich über die weiter steigende Woge der Sympathie nicht. Vermutlich war dies, was ihn daran hinderte, der vielzitierte Burnout-Effekt. Ausgebrannt. Ja, er war ausgebrannt. Selbst auf den Urlaub in Australien konnte er sich nicht richtig freuen. Schließlich musste er Evelyn ihrer Arbeit wegen zurücklassen. Sie hatte ihm in den verflossenen Wochen aus manchem seelischen Tief geholfen – auch, wenn sie sich nur sporadisch treffen konnten. Manchmal jedoch überkam ihn die Angst, seine Reden würden an Überzeugungskraft verlieren. Noch aber schien man ihm nicht anzumerken, wie seine Energie schwand. Jedenfalls hatte noch kein einziger Journalist etwas in der Richtung geschrieben – obwohl die Medien doch nur darauf lauerten, ihm eine Schwäche nachweisen zu können. Seit der Talkshow war ihm bewusst geworden, wie sehr er seine Worte auf die Goldwaage legen musste. Eine unbedachte Äußerung zu einem der Reizthemen – wie etwa Integration von Ausländern oder Recht und Ordnung im Lande – und sie würden ihn zerfleischen. Dass Joanna Malinowska noch immer nicht mit ihrer angeblichen Vergewaltigung an die Öffentlichkeit gegangen war, grenzte geradezu an ein Wunder. Oder es stand eiskalte Berechnung dahinter.
    Evelyn, die an diesem kalten Dezemberabend in seine Wohnung am südwestlichen Hang des Hohenstaufens gekommen war, präsentierte sich, als wolle sie wieder die neueste Sommerkollektion vorstellen: Enges, kurzes Kleidchen, hochhackige Schuhe. Als sie den langen Wintermantel abgestreift hatte, war Bleibach für einen Augenblick sprachlos gewesen. Mit einem Schlag schien sich der Stress aufzulösen. Die klassische Musik, die dezent im Hintergrund spielte, war zusätzlich dazu angetan, die Atmosphäre zu verzaubern.
    Sie setzten sich nebeneinander auf die lederne Couch, er legte einen Arm um ihre Schulter und reichte ihr mit der anderen Hand ein Glas Prosecco. »Auf uns«, sagte er und prostete ihr zu.
    »Ich werde dich vermissen«, gestand er, nachdem sie einen Schluck getrunken hatten. »Sehr sogar.«
    »Nimm dir einfach eine Auszeit«, hauchte sie und stupste ihm mit dem Zeigefinger auf die Nase. »Tu einfach mal nichts.«
    Er wusste, dass ihm dies schwerfallen würde. »Wenn etwas Dringendes ist, kannst du dich jederzeit an meine Mitarbeiterin Iris Eschenbruch wenden.« Kaum hatte er es gesagt, bedauerte er den geschäftlichen Ton. Der Hinweis erübrigte sich ohnehin, weil sich Evelyn und Iris Eschenbruch bereits vor einem Jahr kennengelernt hatten.
    Evelyn streckte ihre langen Beine aus, sodass die Absätze ihrer Highheels tief in den Teppich stachen. Bleibach drückte ihr einen Kuss auf die dezent

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