Mundtot nodrm
entsteht die Welt von morgen.«
Er senkte die Stimme als Zeichen dafür, dass er Zustimmung erwartete. Sie kam in Form von lang anhaltendem Beifall. Bleibach blickte in den Saal. Diesmal waren weder Pfiffe zu hören noch Transparente zu sehen. Einer seiner Bodyguards nickte ihm aufmunternd zu, als habe er seine Gedanken erraten.
100
Häberle war auch gleich mit rausgefahren. Denn die Meldung, die ihn am frühen Vormittag erreicht hatte, verhieß nichts Gutes: Auf dem Parkplatz des Autobahnrasthauses Gruibingen habe sich möglicherweise eine Bluttat ereignet. Dort stehe ein Mercedes der S-Klasse mit offenen Türen. Lenkrad und Fahrersitz seien blutverschmiert. Zwei Streifen der zuständigen Autobahnpolizei Mühlhausen waren bereits vor Ort, drei Kriminalisten aus Göppingen ebenfalls. Häberle war in Aichelberg in die A8 Richtung München eingefahren und die Steilstrecke hinaufgebrettert, die kurz vor dem Rasthaus durch eine Baustelle eingeengt wurde. Dort scherte der Chefermittler aus dem auflaufenden Stau nach rechts aus und zwängte sich zur Shell-Tankstelle durch. An ihr vorbei steuerte er die große Abstellfläche für Lastwagen an, abseits derer – so hatte es geheißen – der Tatort lag.
Augenblicke später entdeckte Häberle sein Ziel. Es war weiträumig mit weiß-roten Absperrbändern gesichert. Als ihn die in Schutzanzügen hantierenden Kollegen kommen sahen, wandten sie sich sofort ihm zu. »August, schön, dass du kommst«, sagte einer von ihnen. Häberle begrüßte sie nacheinander mit Handschlag. Ein groß gewachsener Uniformierter der Autobahnpolizei, den die goldenen Sterne des Dienstgradabzeichens als Chef des dortigen Reviers auswiesen, erläuterte, was geschehen war: »Ein Lkw-Fahrer hat bei uns angerufen. Ihm ist dieses Fahrzeug hier wegen der beiden offenstehenden Türen aufgefallen. Als der Mann vor etwa zwei Stunden hier geparkt hat, hat er sich noch keine Gedanken drüber gemacht. Aber nachdem die Situation unverändert blieb, hat er sich den Wagen mal genauer angeschaut.« Der Revierleiter trat näher an den schwarzen S-Klasse-Mercedes mit Ulmer Kennzeichen heran, worauf ihm Häberle folgte. »Hier«, sagte der Mann und deutete aufs Lenkrad. »Ist wohl Blut. Und dort auf dem Polster auch.«
»Weiß man, wem das Fahrzeug gehört?« Häberle war das Ulmer Kennzeichen aufgefallen.
»Es gibt Fahrzeugpapiere im Handschuhfach. Demnach ist das Auto auf eine Frau zugelassen. Aus Staig. Liegt irgendwo an der Iller«, erwiderte der Uniformierte. »Wie heißt sie gleich?«, fragte er die Kollegen.
Einer, der sein Notizblatt auf ein Brett geklammert hatte, gab die Antwort: »Treiber. Miriam Treiber. Wir haben bei den Kollegen in Ulm angerufen. Sie sagen, es gäbe in Ulm eine Rechtsanwältin, die so heißt.«
Häberle fühlte sich wie vom Blitz getroffen. »Sie ist …«, er versuchte, seine Verwunderung nicht allzu offen zu zeigen, »… sie ist weg? Ich meine: Wir haben nur das Auto und die Blutspuren?« Er sah langsam in die Runde, als erwarte er das Schlimmste.
»Nur das Auto«, gab der Autobahnrevier-Chef zu verstehen. »Aber es könnte nach einer gewaltsamen Entführung aussehen.«
101
»Alles weg, alles raus!«, wetterte Katsche. Da er einen Schlüssel zu dem angemieteten Bauernhaus in Neu-Ulm hatte, konnten sie sich dort alle treffen, auch wenn Andreas Ollerich wieder mal auf Tour war. »Wir geben die Bude auf«, entschied er zornig. Ucki und Pommes trauten sich nichts zu sagen, wenn der ›Chef‹ wütend war. Sie hatten natürlich keinerlei Zweifel, dass sie ihre Strategie ändern mussten, nachdem Andreas auf dem Hohenstaufen vorübergehend festgenommen worden war. »Früher oder später tauchen die Bullen hier auf«, zischte Katsche und rannte wie verrückt in dem Wohnzimmer auf und ab. »Nicht genug, dass der Idiot diesen Karton hier hat rumstehen lassen. Jetzt hetzt er uns mit seinem dümmlichen, dilettantischen Verhalten noch die Bullen auf den Hals. Dabei hab ich ihm klipp und klar gesagt, dass er sich jetzt raushalten soll. Sobald die Bullen es geschafft haben, einen Durchsuchungsbeschluss zu kriegen, wird hier drin alles auf den Kopf gestellt.«
»Aber er hat doch bloß seinen Auftrag erledigen …«, wandte Ucki ein, wurde allerdings von Katsche sofort unterbrochen. »Quatsch nicht rum. Habt ihr denn total vergessen, dass ich ihm verboten habe, an weiteren Operationen teilzunehmen? Damals, als die Kiste hier rumgestanden ist?« Seine Stimme überschlug sich. »Und
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