Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
Kind, Sie müssen jetzt stark sein, aber das waren nicht Ihre monatlichen Blutungen. In der ersten Zeit der Schwangerschaft kann es zu solchen Blutungen kommen …«
»O nein, komm her, Kleine, das ist ja furchtbar!« Mrs Denoon breitete die Arme aus, um Lili zu trösten, doch die strahlte über das ganze Gesicht. »Jetzt wird alles gut. Was interessiert ihn mein Vater, wenn wir ein Kind bekommen? Er darf niemals erfahren, wer mein Vater war. Hören Sie? Niemals! Dann wird alles gut.«
»Dein Wort in Gottes Ohr«, murmelte Mrs Denoon skeptisch, »aber du hast recht. Er darf es nicht erfahren. Sonst geschieht ein Unglück. Das spüre ich ganz tief hier drinnen.« Mrs Denoon deutete auf ihren Bauch.
»Das kann ich nur unterschreiben, auch ohne dein Bauchgrummeln, mein Schatz. Aber seien Sie vorsichtig, Lili. Ihr Mann ist kein schlechter Kerl, doch ich befürchte, das Drama mit seiner Frau hat ihn krank gemacht. Verstehen Sie mich nicht falsch, er ist nicht verrückt, aber unberechenbar.«
Lili kämpfte mit sich, ob sie den Denoons verraten solle, dass Niall sehr wohl Verdacht geschöpft hatte, aber sie zog es vor zu schweigen. Mrs Denoon war schon aufgeregt genug. Und sie, Lili, wollte freudig in die Zukunft sehen. Ihr Herz tat einen Sprung bei dem Gedanken, dass in ihr ein Kind heranwuchs. Ein Kind der Liebe und der Versöhnung.
»Ich glaube, ich werde meine Kur abbrechen und überrasche Niall mit der wunderbaren Nachricht«, erklärte sie mit fester Stimme.
»Sieh dich vor, mein Kind.« Mrs Denoon schien gar nicht erfreut über die Entwicklung.
»Machen Sie sich keine Sorgen. Niall wirkt manchmal ein wenig unbeherrscht, aber er liebt mich und würde mir niemals Schaden zufügen. Und wenn wir drei uns einig sind, wie ein Grab zu schweigen, kann nichts geschehen. Ich verspreche Ihnen, sobald mein Kind groß genug ist, besuchen wir Sie in Edinburgh.«
Lili war von ihrem Stuhl aufgesprungen. »Ich bin so wahnsinnig aufgeregt! Verzeihen Sie mir, aber ich werde mir einen Wagen mieten und mich nach Scatwell bringen lassen. Ich brenne darauf, meinem Mann die frohe Botschaft zu überbringen.«
Mrs Denoon wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. »Ich wünsche dir alles, alles Gute. Eines ist sicher: Das Kind wird wunderschön. Wenn es nach dir kommt. Obwohl, dein Niall ist schon ein ansehnliches Exemplar von einem Hochländer.«
Lili seufzte lächelnd. »Ja, das ist er, und wenn es nach mir ginge, darf es gern ein Mädchen werden. Jetzt, da wir wissen, wir können Kinder bekommen, werden wir dann eben so lange weitermachen, bis der ersehnte Thronfolger kommt.«
Als sie diese Worte aussprach, musste sie plötzlich daran denken, unter welchen Mühen sie dieses Kind gezeugt hatten, und sie wünschte sich insgeheim, es möge doch ein Junge werden, damit die Quälerei ein Ende hatte.
Plötzlich flog die Tür des Cafés auf, und ein junger Bursche stolperte aufgeregt über die Schwelle.
»Krieg!«, schrie er. »Wir sind im Krieg mit Deutschland. Tod den Hunnen!«
Erschrocken sahen sich Lili und die Denoons an.
»Das war ja zu erwarten gewesen«, bemerkte der Doktor.
»Dann wollen wir lieber sofort nach Edinburgh zurück. Was meinst du?« Mrs Denoon stand der Schreck über diese Nachricht förmlich ins Gesicht geschrieben.
»Ja, das halte ich für das Vernünftigste, und Sie sollten sich auch sofort auf den Heimweg machen.«
Nachdem sie sich draußen vor der Tür verabschiedet hatten, blickte Lili den beiden noch lange hinterher. Aufgeregte Menschen liefen an ihr vorbei, und alle kannten nur das eine Thema: den Krieg gegen Deutschland. Doch Lilis Gedanken kreisten einzig und allein um ihr Kind.
50
Ullapool, am gleichen Tag, August 1914
Großmutter Mhairie und Dusten saßen auf einer Bank vor dem kleinen Fischerhäuschen, das sie sich am Hafen von Ullapool gemietet hatten. Es gehörte dem Kapitän eines Fischkutters, der mit seinem Schiff zurzeit unterwegs zu den Fischgründen im Atlantischen Ozean war.
Die Sonne brannte ungewöhnlich intensiv vom stahlblauen Himmel und wärmte Großmutter Mhairies Hände, die in letzter Zeit immer kalt waren.
»Ach, mein Junge, was hätte ich versäumt, wenn ich zu Hause geblieben wäre«, seufzte Großmutter Mhairie, während sie ihren Blick über die bunten Schiffe schweifen ließ, die im Hafen leise vor sich hindümpelten.
»Ja, wenn ich daran denke, dass du stundenlang wie eine Gazelle über einsame Hochmoore und entlang der Klippen gewandert bist. Das
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