Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
nicht ein, wie sie dem verstörten Mädchen helfen sollte. Isobel hatte sich regelrecht in einen Hass gegen sie hineingesteigert. Lili ahnte, dass hinter Isobels Abwehr tiefe Ängste steckten, die mit ihr, Lili, wenig zu tun hatten. Doch es schmerzte, von ihrer Lieblingsschülerin derart gemein angegriffen zu werden. Doch was sollte sie tun? Einen Rückzieher machen, die Verlobung lösen und Niall bitten, Isobel auf der Schule zu lassen? Aber wäre sie überhaupt in der Lage, so einfach auf Niall zu verzichten, nur weil Isobel Probleme mit der neuen Frau des Vaters hatte? In diesem Augenblick verspürte sie eine tiefe Sehnsucht nach ihm. Gemeinsam werden wir es schon schaffen und eine glückliche Familie werden, redete sie sich gut zu, während sie den Schlafsaal verließ. Sie war noch nicht ganz bei der Tür zu Miss Macdonalds Räumen angelangt, als sich ihr schlechtes Gewissen meldete. Sie konnte doch unmöglich zulassen, dass die verzweifelte Isobel sich mutterseelenallein auf dem Schulgelände herumtrieb. Sollte sie nach ihr suchen? Sie seufzte. Nein, so schwer ihr die Einsicht auch fiel, aber sie war im Augenblick wirklich die Letzte, die dem Mädchen Trost spenden konnte. Entschlossen kehrte Lili um und klopfte bei Mademoiselle Larange.
»Schon ier? Dann komm isch gleisch zu unsere Miss Macdonald. Isch muss mir nur noch umzieen. Oh, was aben Sie für einen Ut unter dem Arm? Der ist ja großartisch.«
Lili blieb an der Tür stehen und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Der ist für Sie. Er gehörte meiner Mutter, und ich könnte mir vorstellen, dass er Sie hervorragend kleidet.« Lili reichte Mademoiselle Larange die originelle Kreation, die diese strahlend entgegennahm und gleich aufsetzte. Sie stellte sich vor den Garderobenspiegel und betrachtete sich. Der Hut stand ihr ausgezeichnet.
»Ich wusste doch, dass er wie für Sie gemacht ist.«
»Isch kann jeden Ut aufsetzen, sogar eine Kochtopf, aber isch glaube, Sie würde der auch steen.«
Lili machte eine abwehrende Handbewegung. »Nein, nein, für mich ist so etwas nichts!«
»Ach, Sie sind manschmal viel zu bescheiden und artisch. Sie können viel mehr aus Ihnen machen. Jetzt, wo Sie werden eine Lady Munroy. Isch abe mir schlau gemacht. Die Frau eines Baronet ist ein Lady. Und als feine Dame, da können Sie sisch leisten ein Extravaganz und nischt so brav wie ein Lehrerin.«
Lilis Blick verfinsterte sich. Einen Augenblick lang hatte sie ihr eigentliches Anliegen vergessen. Doch plötzlich stand ihr die ganze verfahrene Situation wieder lebhaft vor Augen.
»Pardon, isch wollte Ihnen nischt zu nahe treten. Es war eine Kompliment …«
»Keine Sorge, Sie haben mich in keiner Weise gekränkt. Mir bereitet etwas ganz anderes Kummer. Ich wollte Sie eigentlich bitten …« Lili stockte und holte noch einmal tief Luft, bevor sie fortfuhr. »Es geht um Isobel. Sie ist nicht mit ihrem Vater ins Hotel gezogen, sondern übernachtet heute ganz allein im Schlafsaal.«
»Kein Problem, Sie müssen nischt ier in mein Wohnung übernachten. Sie wollen sischer bei Ihr zukünftige Stieftochter sein.«
Lili blickte der Französin fest in die Augen. »Das wollte ich Sie nicht fragen. Ich wollte Sie eher bitten, ob Sie wohl nach ihr suchen könnten. Sie versteckt sich irgendwo auf dem Schulgelände, nachdem sie mir deutlich gemacht hat, dass ich nicht mehr ihre Freundin bin.«
Kaum hatte Lili den Satz zu Ende gesprochen, als ihr die Tränen kamen. Sie konnte nichts dagegen tun.
»Um Immels willen, ma petite, nein, nisch weinen! Das geht vorüber. Das ist nur Eifersucht. Sie liebt Ihnen doch. Setzen Sie sisch auf mein Chaiselong und warten Sie auf misch. Ich suche Isobel, bringe sie in ihre Bett und rede mit sie. Isch bin doch immer auch ein Freundin von die Kleine gewesen.«
Mademoiselle Larange schob Lili energisch vom Flur in den Salon.
»Ruhen Sie sisch aus. Es war viel su viel für Ihnen. Wenn isch zurück bin, dann gehen wir gemeinsam zu Mademoiselle Macdonald und feiern.«
Und schon war die Tanzlehrerin aus der Tür und ließ Lili allein in der Wohnung zurück. Allerdings war nicht daran zu denken, dass sie sich still hinsetzte. Sie vibrierte vor innerer Unruhe und durchquerte mehrere Male den apart eingerichteten Salon der Moiselle, bis sie vor einer Wand mit Fotografien stehen blieb. Sie zeigten die großen Erfolge der einstigen Primaballerina, doch auch hier hielt es Lili nicht lange. Ruhelos schritt sie auf und ab, während es in ihrem Kopf
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