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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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zu fressen, dann ... he, was machst du da?« Zoran hatte eine schmale Metallklammer
an seiner Flanke befestigt und kramte in einem Kasten mit bedrohlich
aussehenden Instrumenten herum.
    »Keine
Sorge«, flüsterte mir Mrs P ins Ohr. »Er ist Doktor.«
    Das war
mir neu, hatte ich Zoran doch nie etwas anderes tun sehen als Bier trinken und
schlecht Trompete spielen. Und An Evening of Long Goodbyes schien auch nicht
sonderlich scharf auf die Nadeln zu sein, die da aus dem Kasten auftauchten.
Zoran schien allerdings zu wissen, was er tat. Und wenn ich es recht bedachte,
war es wahrscheinlich besser, man flickte ihn noch etwas zusammen, bevor wir Bel
mit ihm überraschten.
    »Charlie
...« Eine lahme Hand krallte sich in meinen Ärmel.
    »Um
Himmels willen, sei nicht so melodramatisch. Mrs P, vom Abendessen ist nicht
zufällig noch was übrig? Ich glaube, Frank fühlt sich ein bisschen...«
    Mrs P war
sich nicht sicher, sagte aber, sie wolle versuchen, noch etwas aufzutreiben. In
der Zwischenzeit sollten wir uns säubern und dann zu den anderen gesellen.
    »Warum ist
eigentlich Mrs P nicht zu der Party eingeladen, Charlie?«, fragte Frank, als
wir durch die Halle gingen.
    »Weil sie
die ... nun ja, es ist nicht so, dass sie nicht eingeladen ist, eigentlich. Sie
bleibt eben lieber im Hintergrund bei solchen Anlässen. Sie mag das halt nicht,
dieses Pompöse.«
    »Ah so.
Hab mich bloß gefragt, warum sie vorhin so geweint hat.«
    »Sie hat
geweint?«
    »Ja, als
wir reingekommen sind.«
    »Hat
wahrscheinlich gerade Zwiebeln geschnitten oder so. Vielleicht ist es auch
wegen Bel. Sie ist ein ziemlich mütterlicher Typ; alle Köchinnen sind so.«
    Einzelne
Stimmen waren zu hören, als wir Richtung Speisezimmer gingen, alle übertönend
die von Niall O'Boyle: »... diesen neuen Materialmix, den wir einsetzen, wenn
es zum Beispiel in die Kloschüssel fällt, hält es das problemlos aus. Oder wenn
man drauf tritt, los, keine Angst, treten Sie richtig drauf, na sehen Sie? Da,
wo Sie jetzt gerade drauf stehen, das ist die Zukunft der Kommunikationstechnologie.
Oder wenn Sie es, sagen wir, gegen die Wand werfen ...« Ich stieß die Tür auf,
und wir betraten ein in gedämpftes Licht getauchtes Serail, das in den
atemberaubendsten Gold- und Rottönen gehalten war.
    »Großer
Gott!«, sagte ich und umklammerte Franks Arm. »Ist das nicht wunderschön?
Achtung, runter!«
    »Was?«,
sagte Frank, gerade als Niall O'Boyles Handy durch die Luft segelte, Frank voll
an der Schläfe erwischte und er wie ein gefällter Baum auf den Boden krachte.
Zwei Dutzend Augenpaare schauten uns an, und am Kopfende des Tisches standen
peinlich berührt und mit offenem Mund Niall O'Boyle und Harry, der Handywerfer.
Mutter schaute mich rachsüchtig an. Hastig hob ich das Handy auf und hielt das
leuchtende Display hoch. »Funktioniert einwandfrei, Ladys und Gentlemen.« Alle
atmeten erleichtert auf und plapperten weiter.
    »Sollte
nur eine kleine Demonstration sein«, sagte Niall O'Boyle großspurig.
    »Kein
Problem, ist sicher nicht so schlimm«, beruhigte Mutter ihn. »Bel, Darling,
würdest du dich bitte um ein paar Eiswürfel kümmern.«
    Bel, die
am anderen Ende saß, stand widerstrebend auf. Das warm glänzende Licht des
Kandelabers funkelte auf ihrer dünnen goldenen Halskette. Sie war ganz in
Schwarz gekleidet. Sie kam um den Tisch herum und ging neben Frank in die
Hocke, der sich mit geschlossenen Augen auf dem Boden krümmte und wirres Zeug
brabbelte. »Wo wart ihr?«, fragte sie mich. »Was hast du ihm angetan?«
    »Ich hab
ihm gar nichts angetan«, sagte ich. »War ein ziemlich anstrengender Tag, das
ist alles.«
    »Ihr beide
riecht wie eine ganze Schnapsfabrik.«
    »Er
braucht nur was zu essen ... Ist noch was da?«
    »Ich
glaube, es sind noch Trüffeln da«, sagte sie. »Und vielleicht etwas Consomme?«
    »Was ist
Consomme?«, sagte Frank und öffnete die Augen.
    Wir
führten ihn zu einem Stuhl. Bel ging nach draußen und kam mit einem Eisbeutel
und einer Platte mit von Mrs P zusammengekratzten Resten wieder zurück. Das
stimmte Frank versöhnlich. Ich saß ihm gegenüber. Ich fühlte mich selbst ein
bisschen benommen. Seit Frank meinen Crepe in den Abfalleimer geworfen hatte,
hatte ich nichts mehr gegessen, und allmählich wünschte ich, wir hätten, wie er
unterwegs vorgeschlagen hatte, an einem Stand auf ein paar Chicken Balls
angehalten. Aber jetzt war es zu spät, also hielt ich mich an die Flasche
rauchigen Rioja, die herumging, zündete

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